Die USA legen einen Friedensvorschlag vor, den Russland nicht annehmen will und die Ukraine nicht annehmen kann. Was, wenn Trump jetzt die Geduld verliert und sich die USA zurückziehen? Armin Laschet hat die Hoffnung auf Europa noch nicht aufgegeben.
Am 24. Februar 2022 überfiel die russische Armee auf Befehl von Präsident Putin die Ukraine. Jeder weiß das. Nur US-Präsident Donald Trump sieht das anders. Die Schuld für den Krieg in seinem Land trage allein der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, sagt Trump. Er hat einen Friedensplan vorgelegt, der russischen Forderungen sehr weit entgegenkommt. Die Krim und der Donbass sollen danach Russland zugeschlagen werden. Die Ukraine darf der Nato nicht beitreten. Die russische Seite muss auf fast gar nichts verzichten. Trump nennt seinen Plan einen Deal, doch in Wirklichkeit ist er nichts anderes als ein Friedensdiktat. Kann der Rest der Welt gegen den Diktatfrieden wirklich nichts tun? Das fragt Moderatorin Maybrit Illner am Donnerstagabend im ZDF.
Russlands Präsident Putin hat inzwischen jedoch gezeigt, was er von einem Frieden in der Ukraine hält. Bei einem russischen Angriff auf die ukrainische Hauptstadt Kiew wurden in der Nacht zu Donnerstag mindestens zwölf Menschen getötet und viele verletzt. Trump kritisiert seinen Freund Wladimir Putin scharf. Er sei nicht glücklich über die Anschläge aus der Luft, lässt er wissen. Denn Trump ist ungeduldig geworden. Ihm schwimmen die Felle davon. Das weiß er. Immerhin hatte er einen Frieden in der Ukraine versprochen, nach eintägigen Verhandlungen. Das Versprechen konnte er nicht halten. Deswegen sagt er: "Wladimir, Stopp." Den scheint das nicht zu interessieren. Zu oft ist Trump vor ihm eingeknickt.
Trump merke langsam, dass Putin ihn vorführe, aber er wolle es nicht wahrhaben, sagt ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen bei Illner. Trump, der in den USA innenpolitisch unter Druck stehe, wolle in der Ukraine Frieden schaffen. Putin sei offenbar davon nicht beeindruckt, sagt Armin Körper, Theveßens Kollege in Moskau. Putin wolle Trump in den Verhandlungen halten. Fraglich sei, ob Putin auf Trumps Friedensdeal eingehen werde. Der ukrainische Präsident Selenskyj will das jedenfalls nicht. Er erkennt die russische Besetzung der Krim nicht an. "Das ist unser Heimatterritorium", sagte er.
"Wir sind alle daran interessiert, in Kiew, in Berlin, Paris und London, dass die Vereinigten Staaten als Verbündete agieren und nicht als Vermittler", so der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev. Vermutlich würde er gerne mehr sagen, sich gerne kritisch zu dem Friedensdeal aus den USA äußern. Doch das kann er als Diplomat nicht. Denn, so sagt er: "Die diplomatischen Gespräche laufen noch."
USA "an Bord halten"
Der Außenpolitiker Armin Laschet von der CDU muss sich nicht an diplomatische Gepflogenheiten halten. Laschet, der kurz als Außenminister gehandelt worden war, bleibt aber an diesem Abend sehr bedacht: "Es ist nicht nur die Meinung von Selenskyj, dass die Bedingungen nicht akzeptabel sind, sondern es ist auch die Meinung der Europäer. Und es ist auch die Meinung vieler in den USA." Zumindest werde im Kongress sehr kontrovers über diese Frage diskutiert. "Was beispielsweise nicht geht, ist ein völkerrechtliches Übertragen der Krim ohne Einverständnis der Ukraine, das von außen festgelegt wird." Jetzt müsse alles getan werden, die Amerikaner weiter "an Bord zu halten", gibt Laschet dem ukrainischen Botschafter recht. Das müsse auch das europäische Ziel sein. Denn: "Wenn sie wirklich gehen, dann sind wir draußen. Wer soll denn das alles stemmen, was im Moment bei der Unterstützung der Ukraine erforderlich ist? Sind wir nicht nur eine Koalition der Willigen, sondern auch eine Koalition der Fähigen?
Und da gibt es viele Dinge, die ohne die Unterstützung der Amerikaner so leicht nicht ersetzbar sind. Das fängt bei den Patriot-Raketen zur Abwehr an, es geht um die Geheimdienstzusammenarbeit und vieles mehr." Europa brauche eine stärkere Sicherheits- und Verteidigungspolitik, aber das werde lange dauern und der Ukraine im Moment nicht helfen. Deswegen müssten die diplomatischen Verhandlungen mit mehreren europäischen Ländern und den USA weitergehen. Was Laschet nicht sagt: Wirkliche diplomatische Verhandlungen waren zwar in dieser Woche in London geplant, sind aber von den USA auf die Ebene eines Arbeitstreffens heruntergestuft worden.
Laschets Wünsche scheinen zudem von der Realität überholt worden zu sein. Immerhin haben die USA mit ihrem Rückzug aus den Friedensverhandlungen gedroht, wenn die Ukraine ihren Vorschlag zurückweist. Militärexperte Gustav Gressel warnt deswegen auch: Die Amerikaner seien draußen, wenn die noch von der Biden-Regierung beschlossenen und schon finanzierten Waffenlieferungen an die Ukraine auslaufen. Das sei im Frühsommer der Fall. Putin zögere bewusst das Ende der Friedensverhandlungen hinaus, weil er sehen wolle, ob Europa die Lücke füllen könne. Sollten die Europäer versagen, könnte Putin noch günstigere Ergebnisse für sich aushandeln wollen. "Da ist in Europa schon im letzten Jahr auf Vorbereitung auf einen möglichen US-Präsidenten Trump nichts passiert, und da ist seit dem Wahlsieg Trumps sehr wenig passiert", kritisiert der Experte. Selbst wenn sich die USA noch einmal auf Waffenlieferungen für die Ukraine einlassen sollten, brauche es wegen der dortigen Bürokratie bis zu einem Jahr, bis die ersten Waffen geliefert würden, so Gressel.
Bei den Gesprächen der europäischen Länder könne man eine Art Vermittlungslösung herbeizuführen versuchen, schlägt Friedens- und Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff vor. Diese könne in einem Einfrieren der Front und der Duldung der russischen Besetzung ihrer eroberten Gebiete bestehen. Wenn sich die Lage beruhigt habe, könne dann weiter verhandelt werden. Eine weitere Möglichkeit sei, die von Russland eroberten Gebiete oder zumindest Teile davon unter ein internationales Treuhand-Mandat zu stellen. Später, nach zwanzig Jahren zum Beispiel, könne dann ein Referendum oder eine Schiedskommission über eine endgültige Lösung entscheiden. Deitelhoff fordert quasi einen Sonderstatus für die von Russland besetzten Gebiete. Denn: "Unter den jetzigen Bedingungen ist es sehr unwahrscheinlich, dass diese Gebiete zurück an die Ukraine gehen. Das müssen wir uns klarmachen. Jetzt sind sie noch Verhandlungssache, aber vor allem ihr Status." Das sei auch die aktuelle Position der Ukraine. Russland habe einen solchen Vorschlag jedoch bereits abgelehnt, gibt Deitelhoff zu.
Ukrainekrieg ohne Amerikaner?
Noch wird verhandelt. Doch das Problem ist: Könnte Europa die Ukraine auch ohne die Hilfe der USA so unterstützen, dass sie gegen die russische Übermacht am Ende erfolgreich ist? "Der Wille ist da", sagt Laschet. Fähig dazu sei Europa vermutlich aber nicht, deutet der CDU-Politiker an. Nach der Bildung der neuen Bundesregierung am 6. Mai müsse sich Europa neu ordnen, falls die USA die Ukraine nicht mehr unterstützen sollten. "Das ist ein ambitiöses Ziel. Aber ich glaube, Europa ist immer in Krisen wach geworden. Und die Chance, dass jetzt viele Staaten wach werden, ist größer denn je zuvor." Der wahrscheinlich neue Bundeskanzler Friedrich Merz werde sehr schnell in die Ukraine fahren und klarmachen: "Deutschland steht an der Seite der Ukraine." Deutschland werde Antworten finden, falls sich die USA aus den Verhandlungen zurückziehen sollten. Das Geld dafür habe der alte Bundestag bereits freigegeben.
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