Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will die Unterschiede zwischen Union und AfD „noch viel deutlicher herausstellen“. Dies sagte Merz im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) angesichts der bevorstehenden Beratungen im Parteipräsidium zum Umgang mit der AfD.
In der öffentlichen Wahrnehmung habe sich eine „falsche Erzählung“ festgesetzt, kritisierte Merz: „Die könnten doch mit der AfD alles durchsetzen, wenn sie nur diese Brandmauer einreißen würden. Diese Erzählung ist falsch.“ Die AfD stelle nicht nur die Politik von Angela Merkel, sondern die Bundesrepublik Deutschland infrage, „wie sie seit Adenauer geprägt worden ist und wie sie die CDU mitgeprägt hat“, kritisierte Merz: „Die immer wieder von der AfD bemühte ausgestreckte Hand will uns in Wahrheit vernichten, so sagt sie es ja selbst.“
Die AfD sei darum der „Hauptgegner“ der CDU: „Wir unterscheiden uns in allen wesentlichen politischen Grundüberzeugungen von der AfD.“ Der Meinungskampf mit der AfD und die zukünftigen Wahlkämpfe in Deutschland würden vermutlich allein um die Frage gehen: „die oder wir“, ergänzte der Bundeskanzler.
Auf die Frage, wie Merz auf den Januar zurückblicke, als die Union erstmals mit den Stimmen der AfD einen Antrag durchgebracht haben, sagte er, diese Frage stelle sich heute nicht mehr, weil wir die CDU „in Regierungsverantwortung“ sei und „stabile Mehrheiten mit der SPD im Bundestag“ habe: „Wenn wir etwas für richtig halten, dürfen wir uns nicht von der AfD abhängig machen“, sagte er.
Ostdeutsche Politiker für neuen Umgang mit der AfD
Derweil sprachen sich mehrere ostdeutsche CDU-Politiker dafür aus, den Umgang mit der AfD zu überdenken. Der Fraktionschef im Thüringer Landtag, Andreas Bühl, sagte der „Bild“-Zeitung: „Wenn ein Gesetz, das aus sachlichen Erwägungen und nach demokratischer Deliberation für richtig befunden wurde, auch Zustimmung von den politischen Rändern findet, ist das kein Grund zur Revision.“ Wer seine Politik allein daran ausrichte, von wem sie Zustimmung erfahre, verwechsele Moral mit Politik.
Der Fraktionsvorsitzende im benachbarten Sachsen, Christian Hartmann, sagte der Zeitung, die CDU müsse „jenseits von allen Brandmauerdebatten ihre eigene Position finden und dann auch konsequent umsetzen“. Der sächsische CDU-Generalsekretär Tom Unger kritisierte, die Art und Weise, wie alle anderen Parteien in den vergangenen Jahren mit der AfD umgegangen seien, habe nicht dazu geführt, dass sie schwächer geworden sei.
Kretschmer hält Verstecken hinter Brandmauern für falsch
Auch der sächsische CDU-Chef und Ministerpräsident Michael Kretschmer regte in dieser Woche in der ARD-Sendung „Maischberger“ ein Umdenken in puncto AfD an. „Das wirklich Zentrale ist, dass wir über die Ursachen sprechen, warum Menschen diese Partei wählen. Wie die Frage, warum sie an der Demokratie zweifeln“, sagte er. Das „Verstecken hinter einer Brandmauer“ bringe Deutschland nicht weiter. „Wir müssen jetzt über die Probleme dieses Landes reden, die ganz konkret vor der Tür liegen.“
Auch die Brandenburger CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig forderte einen anderen Umgang mit der AfD. „Das heißt: Ihr erst einmal demokratische Rechte zuzugestehen wie Ausschussvorsitze und Vizepräsidenten. Das gibt es schon in den Ländern.“ Es gehe nicht um eine Koalition, „aber Mehrheiten für gute Anträge zuzulassen“.
In der Union war Anfang der Woche erneut eine Debatte über den Umgang und die Zusammenarbeit mit der AfD entbrannt. Ehemals einflussreiche Unionspolitiker, darunter der frühere CDU-Generalsekretär Peter Tauber und Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), sprachen sich für eine Lockerung der Brandmauer zur AfD aus. Die Parteiführungen von CDU und CSU lehnen solche Überlegungen kategorisch ab.
Brandmauer ist „Verhöhnung des Wählerwillens“
Die AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag bezeichnete die Brandmauer als „Verhöhnung des Wählerwillens“. „Zwei Drittel der Sachsen wollen eine bürgerlich-konservative Politikwende. Solange die CDU jedoch an ihrem Koalitionsvertrag mit der SPD festhält, der eine Suche nach parlamentarischen Mehrheiten mit der AfD ausschließt, macht sie sich abhängig vom Linksblock“, erklärte Partei- und Fraktionschef Jörg Urban.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende Andreas Jung erteilte derweil der Erwartung eine Absage, dass bei dem Treffen ein lockererer Umgang mit der AfD vorbereitet werden könnte. „Es wird keinen Kurswechsel zu einer Öffnung gegenüber der AfD geben, sondern eine Strategiedebatte, wie wir sie wirksamer bekämpfen“, sagte Jung dem Berliner „Tagesspiegel“. „Unser Gesellschaftsbild und Politikansatz als Volkspartei der Mitte ist mit den extremistischen Tendenzen der AfD völlig unvereinbar“.
Am Sonntag und Montag wird sich die CDU-Führung auf einer Klausurtagung in Berlin mit dem Thema befassen – vor allem mit Blick auf die fünf Landtagswahlen im kommenden Jahr. Darunter sind zwei in ostdeutschen Flächenländern – Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern –, in denen die AfD in Umfragen mit Werten von rund 40 Prozent inzwischen mit klarem Abstand stärkste Partei ist.
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