Nach der Festnahme von drei mutmaßlichen Hamas-Mitgliedern in Berlin sind alle Beschuldigten in Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof erließ jeweils Haftbefehl und setzte diese in Vollzug, wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft mitteilte.

Bei den Festgenommenen handelt es sich den Angaben zufolge um einen 36-jährigen deutschen Staatsangehörigen, der im Libanon geboren wurde, sowie um einen im Libanon geborenen 43-Jährigen, dessen Staatsangehörigkeit zunächst unklar war. Außerdem ist ein 44-jähriger Deutscher, der aus Syrien stammt, betroffen.

Mittlerweile wird der Ruf laut, Doppelstaatlern leichter den deutschen Pass zu entziehen. Dafür spricht sich der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm aus. Es gebe heute schon die Regelung, dass einem Doppelstaatler die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden kann, wenn er an Terrorhandlungen im Ausland beteiligt ist. „Wir stellen fest, dass derartige Terrorhandlungen auch in Deutschland geplant und gegebenenfalls auch ausgeführt werden. Und deswegen sehe ich keinen Grund, warum für Terrorhandlungen ausländischer Terrororganisationen bei uns im Inland nicht dieselbe Konsequenz gezogen werden soll“, sagte Throm WELT TV.

Das findet auch der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Volker Beck. Er „Ich will solche Terroristen nicht in unserem Land auf freiem Fuß haben“, sagte Beck am Donnerstag bei RTL/ntv. Vor allem Doppelstaatlern, die sich Terrorgruppen wie der Hamas anschließen, solle künftig die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden können.

„Wer sich einer terroristischen Vereinigung anschließt, sollte so behandelt werden wie jemand, der sich einer fremden Armee anschließt“, so Beck. „Wenn er zwei Pässe hat, dann wird ihm der deutsche entzogen - und dann können wir diese Leute auch loswerden.“

Die drei mutmaßlichen Hamas-Terroristen waren am Mittwoch in Berlin festgenommen worden. Als sogenannte Auslandsoperateure der islamistischen Terrororganisation sollen sie von Deutschland aus ein Sturmgewehr Kalaschnikow, Pistolen und Munition für Anschläge beschafft haben, wie die Bundesanwaltschaft mitgeteilt hatte. „Die Waffen sollten der Hamas für Mordanschläge auf israelische oder jüdische Einrichtungen in Deutschland dienen.“

Durchsuchungen gab es auch in Leipzig

Nach Informationen von WELT fanden die Einsätze in Moabit (Turmstraße), Westend, Tiergarten und Mitte statt. Durchsuchungen gab es nach Angaben einer Sprecherin der Bundesanwaltschaft auch in Leipzig, wo einer der Beschuldigten wohnte, sowie bei einem vierten, nicht festgenommenen Beschuldigten in Oberhausen in Nordrhein-Westfalen.

Bei der Festnahme seien diverse Waffen, darunter ein Sturmgewehr AK 47 sowie mehrere Pistolen, und Munition in erheblichem Umfang aufgefunden worden, teilten die Behörden mit. Nach Informationen von WELT wollte der 44-Jährige aus Leipzig Waffen in Berlin empfangen. In Leipzig wurde dessen Wohnanschrift sowie eine Firmenanschrift durchsucht.

Die Hamas bestritt jegliche Verbindung. „Die Behauptung, dass die Festgenommenen Verbindungen zur Hamas haben, entbehrt jeder Grundlage und zielt darauf ab, den Ruf der Bewegung zu beschmutzen und die Sympathie des deutschen Volkes für unser palästinensisches Volk zu untergraben“, hieß es in einer Mitteilung der Terrorgruppe.

Justizministerin Hubig: „Sehr ernster Vorgang“

Nach den Worten von Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) wurde eine terroristische Bedrohungslage abgewendet. Dobrindt erklärte, die Festgenommenen seien schon längere Zeit beobachtet worden. „Vor einigen Monaten ist ein uns bekannter Terrorverdächtiger mit Hamas-Kontakten nach Deutschland eingereist. Seitdem ist diese Person unter Beobachtung und hat in dieser Zeit mit Kontaktaufnahmen versucht, entsprechende Waffen und Munition zu beschaffen, um einen Anschlag durchzuführen“, sagte der Minister in einer Stellungnahme. Der Verfassungsschutz sei in die Beobachtung involviert gewesen. Dobrindt bestätigte zudem, dass Waffen und Munition beschlagnahmt worden seien.

In den vergangenen Monaten sei nicht eindeutig klar gewesen, gegen welche Personen, Veranstaltung oder Einrichtung sich die Anschlagspläne richteten. Aber es sei gut möglich, dass sich das jetzt im Laufe der Ermittlungen ändere.

„Wir gehen davon aus, dass diese Bedrohungslage konkret war“, sagte Dobrindt weiter. Es sei aber gelungen, die Verdächtigen „rechtzeitig“ zu fassen. Der Einsatz widerlege daher die manchmal verbreitete Theorie, dass Deutschland „ein Rückzugsraum für Terror“ sei, sagte Dobrindt. Zugleich sei Deutschland eindeutig „Aktionsraum“ für Terroristen. „Deswegen müssen wir uns dagegen auch immer stark wappnen.“

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sprach in einer ersten Reaktion von einem „sehr ernsten Vorgang“. Jüdisches Leben in Deutschland sei bedroht, erklärte die Ministerin am Abend. „Terroristen und radikale Antisemiten trachten Jüdinnen und Juden nach dem Leben – auch hierzulande.“ Der deutsche Staat sei in der Verantwortung, gegen diese Bedrohungen vorzugehen. „Wir alle haben die Pflicht, jüdisches Leben zu schützen“, betonte die SPD-Politikerin.

Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei sagte WELT: „Berlin steht im Fokus des internationalen Terrorismus und irgendwann muss man sich schon mal die Frage stellen, warum derartige Ermittlungen oft in die deutsche Hauptstadt führen und eben nicht nach Antwerpen oder Kopenhagen. Es wäre blauäugig zu denken, dass sich die Hamas in Deutschland nur auf Propaganda konzentriert.“ Die heutigen Festnahmen und gefundenen Waffen zeigten eine Dimension, die der Gewerkschaft der Polizei Sorge bereite, führte Jendro aus. Umso wichtiger sei es, Sicherheitsbehörden innovative Technik bereitzustellen und einen Rechtsrahmen zu schaffen, um den Bedrohungsszenarien entgegentreten zu können.

Prozess gegen Hamas-Terroristen in Berlin läuft noch

Erklärtes Ziel der Hamas ist die Vernichtung des Staates Israel und die Errichtung eines islamischen Gottesstaates im Nahen Osten. Die Terroristen sind verantwortlich für den Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem 1200 Menschen getötet und mehr als 250 Menschen als Geiseln genommen wurden. Die beispiellose Attacke löste den Gaza-Krieg aus.

Es ist nicht die erste Festnahme von mutmaßlichen Hamas-Mitgliedern durch die Bundesanwaltschaft. Im Dezember 2023 hatte sie beispielsweise drei Männer in Berlin und einen im niederländischen Rotterdam festnehmen lassen. Sie waren nach früheren Angaben seit Jahren als Auslandsoperateure der Terrororganisation tätig und „nahmen innerhalb der Vereinigung wichtige Positionen mit unmittelbarer Anbindung an Führungskräfte des militärischen Flügels ein“. Sie sollen unter anderem nach Waffendepots der Vereinigung gesucht haben. Der Prozess am Kammergericht Berlin läuft noch.

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