Milliardenlücken bei der Pflegeversicherung sorgen für wachsenden Reformdruck. Überlegungen in der Union, den Pflegegrad 1 zu streichen, stoßen bei der SPD auf Gegenwehr. Woher das fehlende Geld stattdessen kommen soll, bleibt unklar. Das delegieren die Sozialdemokraten an eine Arbeitsgruppe.
Der nordrhein-westfälische CDU-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ist offen für eine Reform der Pflegegrade: "Wir wollen für die Menschen eine verlässliche Pflegeversicherung erhalten und sie zukunftsfest machen. Dazu gehört auch, eine ehrliche Bestandsaufnahme nach acht Jahren seit Einführung der neuen Pflegegrade. Der Pflegegrad 1 als Präventionsgrad hat nicht dazu geführt, dass sich die Pflegebedürftigkeit weniger stark entwickelt. Eher wurde die Erwartung gestärkt, Pflege umfasse auch Leistungen, die nicht zur Kernaufgabe der Pflegeversicherung zählen", sagte Laumann der "Rheinischen Post".
Der CDU-Politiker unterstützt damit Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, die über eine Abschaffung von Pflegegrad 1 nachdenkt. Zugleich sagte Laumann: "Ich habe immer gesagt, dass der anstehende Reformprozess grundlegende Überlegungen und Kritik am bestehenden System zulassen muss. Eine Neuausrichtung des Pflegegrades 1 ist eine Überlegung bei den aktuellen Diskussionen. Grundsätzlich wollen wir eine Stärkung der ambulanten und häuslichen Pflege."
SPD warnt vor ständig neuen Kürzungsdebatten
Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Dagmar Schmidt erteilte den Überlegungen des Koalitionspartners eine deutliche Absage. "Wir wollen die Pflegeversicherung nachhaltig und langfristig auf eine stabile finanzielle Grundlage stellen. Dazu erarbeitet die Bund-Länder-Arbeitsgruppe derzeit Vorschläge, die wir abwarten müssen. Für uns als SPD ist klar: Leistungskürzungen lehnen wir ab", sagte Schmidt der Zeitung.
"Stattdessen setzen wir uns dafür ein, dass sich alle Menschen in Deutschland auf Unterstützung verlassen können, wenn sie diese brauchen - sei es im Fall eigener Pflegebedürftigkeit oder bei einem Pflegefall in der Familie. Ich erwarte, dass wir die Vorschläge der Arbeitsgruppe sorgfältig bewerten und beraten, und warne davor, ständig neue Kürzungsdebatten zu führen", mahnte Schmidt. "Ebenso sollten wir die Einnahmeseite stärken und alle solidarisch miteinbeziehen, damit das System finanziell zukunftsfest bleibt", sagte die SPD-Politikerin.
Das Defizit der Pflegeversicherung lag im vergangenen Jahr bei 1,65 Milliarden Euro. Der Bundesrechnungshof erwartet für das kommende Jahr einen Anstieg auf 3,5 Milliarden Euro und eine weitere Erhöhung in den Folgejahren. Von der Streichung des Pflegegrads 1 betroffen wären laut "Bild am Sonntag" rund 860.000 Menschen. Die Streichung würde den Angaben zufolge pro Jahr etwa 1,8 Milliarden Euro einsparen.
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