Im August ziehen Paris, Berlin und London die Notbremse und aktivieren beim internationalen Atomabkommen mit dem Iran den Snapback-Mechanismus. Sämtliche Bemühungen, mit dem Regime in Teheran daraufhin eine Verhandlungslösung zu erzielen, scheitern. Jetzt folgt das, was folgen muss.
Knapp zehn Jahre nach dem historischen Atomabkommen mit dem Iran sind die UN-Sanktionen gegen das Land nach gescheiterten Verhandlungen wieder in Kraft getreten. Die Frist für eine Einigung zwischen Teheran und seinen Verhandlungspartnern Deutschland, Großbritannien und Frankreich (E3) lief in der Nacht um 2.01 Uhr mitteleuropäischer Zeit ab.
Die nun wieder geltenden Strafmaßnahmen umfassen unter anderem ein allgemeines Waffenembargo, ein Verbot weiterer Urananreicherungen sowie zahlreiche Sanktionen gegen Einzelpersonen und Organisationen zum Einfrieren von Geldern. Der Iran hatte für den Fall der Wiedereinsetzung der Maßnahmen eine harsche Reaktion angekündigt.
Deutschland, Frankreich und Großbritannien hatten Ende August den sogenannten Snapback-Mechanismus aktiviert. Er diente dazu, den Iran bei Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen im Rahmen des Atomabkommens von 2015 wieder mit vorherigen Sanktionen belegen zu können. Die Europäer sind neben den USA, Russland und China Mitunterzeichner des Deals, der als Meilenstein der Diplomatie gilt.
"Nicht das Ende der Diplomatie"
Nach dem Inkrafttreten der UN-Sanktionen gegen Teheran warnten die E3 den Iran vor einer Eskalation des Atomstreits. "Wir fordern den Iran nachdrücklich auf, von jeglichen eskalierenden Maßnahmen abzusehen und sich wieder an seine rechtlich bindenden Sicherungsmaßnahmen zu halten", teilten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs in der Nacht gemeinsam mit. "Die Wiedereinführung von UN-Sanktionen bedeutet nicht das Ende der Diplomatie."
Die E3 würden weiter mit allen Parteien auf eine neue diplomatische Lösung hinarbeiten, um sicherzustellen, dass der Iran niemals in den Besitz von Atomwaffen gelange, hieß es in der Mitteilung weiter. Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich konzentrierten sich nun auf die rasche Wiedereinführung der erneut verhängten Beschränkungen. "Wir fordern alle UN-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diese Sanktionen umzusetzen."
Der ursprüngliche Atomvertrag sah eine Begrenzung der iranischen Urananreicherung auf maximal 3,67 Prozent sowie eine strenge Überwachung vor, damit Teheran keine Atombombe erlangen konnte. Im Gegenzug sollten Sanktionen aufgehoben werden. US-Präsident Donald Trump war das Abkommen, das unter seinem von ihm verachteten Vorgänger Barack Obama ausgehandelt worden war, seit jeher ein Dorn im Auge. 2018 kündigte Trump die Vereinbarung einseitig auf. Zugleich ließ er neue und härtere Sanktionen gegen den Iran verhängen.
Erhoffte Lockerungen und ein wirtschaftlicher Aufschwung blieben aus. Seitdem hatte Teheran seine Pflichten gemäß dem Abkommen zusehends missachtet. Seit Jahren bereits wird es faktisch nicht mehr umgesetzt. Teheran hat die Wiedereinführung der Sanktionen daher als illegitim kritisiert. Verhandlungen scheiterten.
Atomprogramm durch israelische und US-Angriffe zurückgeworfen
Bundesaußenminister Johann Wadephul sagte, die Formel der Wiener Atomvereinbarung sei einfach gewesen: Sanktionsaufhebung gegen Beschränkung des Atomprogramms. Der Iran habe über Jahre hinweg seine Verpflichtungen missachtet. "Es gibt keine plausible Begründung, Uran auf 60 Prozent anzureichern. Iran ist der einzige nicht-atomar bewaffnete Staat der Welt, der so hoch angereichertes Uran besitzt."
Laut einem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA verfügte der Iran vor Beginn des israelischen Kriegs gegen das Land im Juni über mehr als 400 Kilogramm Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Für den Bau von Atomwaffen wäre eine weitere Anreicherung auf einen Reinheitsgrad von mehr als 90 Prozent erforderlich. Wie viel von dem Material und den Kapazitäten des Irans nach den schweren Angriffen der USA und Israels im Juni noch übrig ist, bleibt derweil umstritten.
US-Außenminister Marco Rubio sagte zum Inkrafttreten der UN-Sanktionen, Präsident Trump habe deutlich gemacht, dass Diplomatie nach wie vor eine Option sei. "Ein Abkommen bleibt das beste Ergebnis für das iranische Volk und die Welt." Damit dies geschehen könne, müsse der Iran direkte Gespräche akzeptieren, die in gutem Glauben geführt würden, ohne Verzögerungen oder Verschleierungstaktiken.
Ohne ein solches Abkommen sei es Aufgabe der Partner, unverzüglich Sanktionen zu verhängen. Auf diese Weise werde die iranische Führung unter Druck gesetzt, "das zu tun, was für ihr Land richtig und für die Sicherheit der Welt am besten ist". Vor wenigen Tagen hatte Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei möglichen Verhandlungen mit den USA eine klare Absage erteilt und Trump vorgeworfen, keine echten Gespräche führen zu wollen.
Nur begrenzte wirtschaftliche Folgen erwartet
Wie sich die bevorstehende Einsetzung der früheren Sanktionen auswirken wird, ist schwer abzuschätzen. Die Islamische Republik könnte auf Konfrontationskurs gehen und ein Abkommen zur Wiederaufnahme von IAEA-Inspektionen aufkündigen.
Weitere mögliche Eskalationsschritte wären ein Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag oder sogar die Ankündigung, eine Atombombe zu bauen. Israel, die USA und europäische Länder werfen dem Land vor, nach Kernwaffen zu streben. Die iranische Führung weist dies zurück und verweist auch auf ein religiöses Rechtsgutachten von Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei, demzufolge Massenvernichtungswaffen verboten sind.
Die Sanktionen dürften unterdessen für den Iran nach Einschätzung von Experten begrenzte wirtschaftliche Folgen haben. Der Staat mit etwa 90 Millionen Einwohnern ist unter anderem bereits aufgrund von US-Strafmaßnahmen ökonomisch stark angeschlagen. Zudem ist das Vorgehen zwar ein weiteres Signal an Unternehmen weltweit, dass eine Zusammenarbeit mit dem Iran heikel werden kann. Viele internationale Unternehmen meiden den Iran jedoch bereits seit langem aus Sorge vor US-Strafmaßnahmen.
Bis jetzt war der Iran schon mit harten Strafmaßnahmen belegt, die vor allem auf den Energiesektor des öl- und gasreichen Landes zielen. Zudem ist das Land weitgehend vom internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen.
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