Amerikas Verteidigungsministerium heißt jetzt Kriegsministerium. Vor einigen Tagen ließ US-Präsident Donald Trump das Haus von Pete Hegseth umbenennen. „Wir haben den Ersten und den Zweiten Weltkrieg gewonnen, und alles davor und danach“, erklärte der Republikaner. „Dann sind wir woke geworden und haben den Namen Kriegsministerium ersetzt durch Verteidigungsministerium.“ Das hat Trump nun zurückgedreht.
Prompt machte der US-Präsident Gebrauch vom Begriff „Krieg“. Auf seiner Social-Media-Plattform erschien am vergangenen Wochenende ein Meme in Anlehnung an den Kriegsfilm „Apocalypse Now“ mit dem Zitat: „Ich liebe den Geruch von Abschiebungen am Morgen“. Und weiter: „Chicago wird bald herausfinden, warum es jetzt KRIEGSministerium heißt.“
Hinter Trumps martialischer Sprache steckt ein klarer Kurs seiner Regierung. Nach innen harte Kante zu zeigen, vor allem den Bürgermeistern von Amerikas demokratisch regierten Metropolen und Bundesstaaten, die in Trumps Augen Kriminalität und illegale Migration dulden. Dem US-Militär, das aus seiner Sicht unter den „woken“ Demokraten verweichlicht wurde, wieder Kampfgeist („warrior spirit“) einzuflößen. Und die Feinde draußen abzuschrecken mit der Botschaft, dass die Doktrin „Peace through Strength“ (Frieden durch Stärke) ernst gemeint ist.
Während der russische Machthaber Wladimir Putin seinen Angriffskrieg in der Ukraine unbehelligt fortsetzen darf und die Nato provoziert, greift Trump vor seiner Haustür durch. „Kriegsminister“ Pete Hegseth reiste am Montag ohne Vorankündigung nach Puerto Rico. Der Veteran besuchte auf der Insel, die ein selbstverwaltetes US-Territorium ist, einen Stützpunkt der US Marines. „Wir werden das Vergiften des amerikanischen Volkes beenden“, erklärte er.
Hegseths Ankündigung ist im Zusammenhang zu sehen mit dem Krieg gegen die internationalen Drogenkartelle, den Trump nach eigenen Angaben führt. Puerto Rico soll dabei als Drehscheibe für die Zugriffe auf Schmugglerrouten ausgebaut werden. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AP werden F-35-Kampfjets in Puerto Rico stationiert, um die Operationen durchzuführen.
Die ersten militärischen Zugriffe haben bereits begonnen. Am 2. September teilte Trump mit, ein US-Sonderkommando habe in internationalen Gewässern nahe der venezolanischen Küste ein Boot beschossen. Es habe der von den USA als internationale Terrorgruppe deklarierten Mafiaorganisation Tren de Aragua gehört. Elf Menschen starben.
„Wir haben ein Boot mit Drogen abgeschossen, mit sehr vielen Drogen“, so Trump. Es gebe noch viel mehr Drogen in Venezuela, wo das Boot abgelegt habe. „Riesige Mengen, die in unser Land kommen und bei uns Menschen töten.“ Jeder habe deshalb „volles Verständnis“ für das von ihm angeordnete Vorgehen.
Angesichts der Spannungen mit den USA rief der venezolanische Machthaber Nicolás Maduro Reservisten, Milizionäre und junge Venezolaner zu Militärübungen in den Kasernen des Landes auf. Er forderte sie am Freitagabend bei einer Kundgebung in Caracas auf, sich am Samstag dorthin zu begeben, um „auf den Schießständen zu lernen, wie man für die Verteidigung des Vaterlandes schießt“.
Sein Militär „zieht in den Krieg“, betonte Trump, gegen die in Lateinamerika ansässigen Drogenkartelle. Experten kritisieren, dass die exterritorialen Angriffe nicht rechtlich gedeckt seien. Ein ehemaliger hochrangiger Offizier der US Navy schrieb auf der amerikanischen Militär-Website Defense One, üblicherweise werde die Besatzung eines verdächtigen Bootes zum Anhalten aufgefordert, das Boot durchsucht und die Besatzung festgenommen. Das Ziel sei nicht die Hinrichtung der Menschen an Bord.
„Unmittelbare Bedrohung für die USA“
US-Außenminister Marco Rubio hielt derartigen Argumenten während einer Lateinamerika-Reise vergangene Woche entgegen, dass die Kartelle „eine unmittelbare Bedrohung für die USA“ darstellten und der Präsident deshalb das Recht zu solchen Maßnahmen habe.
Als notwendigen Krieg im Inneren sieht Trumps Administration auch den Einsatz der Nationalgarde. Vor dem Sommer orderte der Präsident Truppen nach Los Angeles, weil er den lokalen Behörden und Sicherheitskräften absprach, die Lage nach Protesten gegen Zugriffe der Ausländerpolizei ICE in den Griff zu bekommen. In Washington D.C. sind seit Mitte August mehr als tausend Nationalgardisten auf den Straßen, um die Stadt gegen Kriminelle zu schützen.
Ähnliche Szenen erwarten jederzeit auch die Bürger von Chicago, Baltimore und möglicherweise Boston. Am Montagabend kündigte die US-Regierung einen ICE-Großeinsatz in der Millionenmetropole Chicago an, gegen den entschiedenen Widerstand der Stadtverwaltung und des Gouverneurs von Illinois. Die „Operation Midway Blitz“ soll sich nach Angaben des Heimatschutzministeriums gegen „kriminelle illegale Ausländer“ richten.
Der Ankündigung des Einsatzes war eine Entscheidung des Supreme Court vorausgegangen. Der hatte am Montag erklärt, dass die Behörden verdachtsunabhängige Kontrollen von Migranten im Raum Los Angeles durchführen dürfen. Im Juli hatte ein Gericht Beamten in Los Angeles verboten, wahllos Personen etwa aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Sprache und ohne hinreichenden Verdacht anzuhalten. Eine Begründung des Supreme Courts gab es zunächst nicht.
Einem Medienbericht zufolge erwägt Trumps Regierung den Einsatz von 1000 Nationalgardisten in Großstädten des Bundesstaates Louisiana. Ein entsprechender Plan sei ausgearbeitet worden, berichtete die „Washington Post“ am Samstag unter Berufung auf Dokumente des Pentagon. Demnach könnten die Soldaten die örtliche Polizei in Städten wie New Orleans und Baton Rouge unterstützen.
Trumps Beliebtheitswerte sind im vergangenen Monat wieder gestiegen, was mit seinem Durchgreifen gegen illegale Migranten und Kriminelle korreliert. Allerdings sind diese Themen für den US-Durchschnittsbürger weniger bedeutend als die Wirtschaftslage. Bei Letzterer fällt der Zuspruch der Wähler für Trumps Arbeit deutlich schlechter aus.
Stefanie Bolzen berichtet für WELT seit 2023 als US-Korrespondentin aus Washington, D.C. Zuvor war sie Korrespondentin in London und Brüssel.
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