Die Bundeswehr braucht mehr Soldaten - deshalb drückt die Bundesregierung aufs Tempo: Im Verteidigungsministerium beschließt sie einen neuen freiwilligen Wehrdienst. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber voraussichtlich nicht der letzte.

Es wirkt wie ein Schritt in die Vergangenheit: Die Regierung will wieder einen Wehrdienst einführen. Weitgehend freiwillig soll er sein, vorerst zumindest. Erstmal geht es nur um ein paar Tausend junge Männer pro Jahr, die tatsächlich in einer Kaserne landen werden. Zugleich sollen aber alle Männer eines Jahrgangs, etwa 300.000, erfasst und zu ihrer Dienstbereitschaft befragt werden. Außerdem soll die Regierung die alte Wehrpflicht wieder einsetzen dürfen - auch wenn kein Spannungs- oder Verteidigungsfall vorliegt. Genau das war bislang die Voraussetzung. All das wird das Leben der jüngeren Generationen verändern. Die neue Wehrpflicht ist aber kein Schritt zurück, sondern einer in die richtige Richtung.

Nicht nur der Begriff Wehrdienst klingt irgendwie nach 80er Jahren - vieles von dem, was international passiert, erinnert an den Kalten Krieg. Besonders die Rolle Russlands. Wieder kommt die Bedrohung von dort, so wie damals als es noch das Kernland der Sowjetunion war. Seit Beginn des Überfalls auf die Ukrainestehen sich Russland und der freie Westen, mittlerweile um einige Länder im östlichen Mitteleuropa angewachsen, wieder als Gegner gegenüber.

Seit dem russischen Angriff ist das Vertrauen gegenüber Russland weg. Zwar wiegeln immer noch einige ab und sagen: Russland wird uns doch nicht ernsthaft einen Nato-Staat in Europa angreifen. Aber das hat etwas von Augen zukneifen, Hände auf die Ohren drücken und laut "Lalalala" rufen. Wer Augen und Ohren hat, sieht es doch seit dreieinhalb Jahren: Russlands Präsident Wladimir Putin ist zu allem bereit, seine Rüstungsmaschinerie läuft auf Hochtouren und er hat sein Wort wieder und wieder gebrochen. Er ist ein ruchloser Kriegsverbrecher, der sich möglichst viele Gebiete der Sowjetzeit zurückholen will. Wenn er Erfolg in der Ukraine hat, wird er weitermachen. Nur Stärke wird ihn beeindrucken. Daher hat Bundeskanzler Friedrich Merz recht, wenn er sagt: "Wir müssen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen."

Keine Auslandseinsätze für Wehrdienstleistende

Wer nicht in Regierungsverantwortung ist, wie AfD und Linke, kann sich seine eigene Welt zusammenfantasieren und behaupten, das sei alles nicht notwendig. Aber diesen Luxus haben Union und SPD nicht. Sie müssen die Welt sehen, wie sie ist und nicht so, wie sie sie gerne hätten. Wundern müsste man sich, wenn nichts in Sachen Personalaufwuchs der Bundeswehr passieren würde. Der neue Wehrdienst ist auch eine Folge der Aufrüstung Deutschlands. Denn irgendjemand muss all die neuen Fahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe auch steuern. Wobei das nicht die freiwillig Wehrdienstleistenden sein werden. Sie sollen während ihrer Grundausbildung zunächst nur die kämpfende Truppe entlasten. Sie sollen auch nicht in Auslandseinsätze geschickt werden. Sie sollen die Reserve für einen Verteidigungsfall stärken, der hoffentlich nie eintritt.

Richtig ist es, zunächst auf Freiwilligkeit zu setzen. Die Bundeswehr braucht Zeit, sich auf die Wehrdienstleistenden einzustellen. Seit die Wehrpflicht 2008 ausgesetzt wurde, sind viele Jahre vergangen. Kreiswehrersatzämter gibt es nicht mehr, etliche Kasernen wurden geschlossen. Richtig ist die Freiwilligkeit aber auch, weil sie die Bundeswehr unter Zugzwang setzt. Sie muss weiter alles zu tun, um attraktiver zu werden. Rein finanziell wird sie das für junge Männer künftig sein. 2300 Euro Nettoverdienst verspricht Verteidigungsminister Boris Pistorius. Hinzu kommen kostenlose Unterkunft, kostenlose Bahnfahrten und einiges mehr - ein gutes Gesamtpaket.

Aber Geld ist nicht alles. Der Dienst selbst muss auch so sein, dass die Rekruten nicht schreiend weglaufen wollen. Da ist noch Luft nach oben. Derzeit brechen mehr als 5000 der etwa 19.000 Menschen, die bereits jetzt freiwillig Wehrdienst leisten, diesen nach der sechsmonatigen Probezeit wieder ab. Das ist mehr als ein Viertel. Der hohe Sold muss mehr als Schmerzensgeld sein.

Reicht die Freiwilligkeit?

Die Zahl der Reservisten der Bundeswehr soll bis zum Ende des Jahrzehnts von 100.000 auf 200.000 anwachsen. Ob die Freiwilligkeit dafür ausreicht, ist umstritten bis unwahrscheinlich. Verteidigungsminister Boris Pistorius und Merz zeigten sich auf einer gemeinsamen Pressekonferenz optimistisch - aber das könnte ein klassischer Fall sein von: Was sollen sie auch anderes sagen? Viele Experten erwarten, dass dieser freiwillige Dienst nur die Vorstufe zum Revival der Wehrpflicht sein wird. Die gesetzliche Möglichkeit dazu will sich die Regierung ja auch gleich mitgegeben.

Gestritten haben Union und SPD noch darüber, ob man gleich Zahlen mit ins Gesetz schreibt, nach dem Motto: Wenn bis dann und dann nicht soundsoviele Männer freiwillig Wehrdienst leisten, kommt die Pflicht. Die Union wollte das, die SPD war dagegen. Ohne konkrete Zahlen bleibt der Interpretationsspielraum größer, ob denn nun die Ziele ohne eine Verpflichtung erreichbar sind. Das dürfte in Zukunft nochmal zu Debatten über genau diese Frage führen. Aber offenbar ist das wichtig für die Zustimmung der SPD. Sie bekennt sich dazu, die Wehrpflicht bei Bedarf wieder einzuführen. Und das ist der Knackpunkt.

Natürlich ist es etwas seltsam, im Jahr 2025 einen Wehrdienst einzuführen, der sich nur an junge Männer richtet. Doch mehr erlaubt das Grundgesetz derzeit nicht. In Artikel 12a steht, Männer können zum Dienst in den Streitkräften verpflichtet werden. Von Frauen ist dort keine Rede. Das Grundgesetz müsste also geändert werden - dafür hat die schwarz-rote-Koalition aber nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Die zu organisieren, könnte länger dauern. Daher wird die Regierung voraussichtlich die altbekannte Wehrpflicht wieder einsetzen. Die sich, zugegebenermaßen, wirklich ein bisschen nach 80er Jahren anfühlt.

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