Wasser ist die wichtigste Ressource des Planeten. Die Landwirtschaft braucht es, der Mensch sowieso. Doch im Iran droht es nach Hitzewellen und Dürren auszugehen, in der Hauptstadt Teheran steht die Wasserversorgung kurz vor dem Zusammenbruch.

Waschen, Putzen, Kochen - dafür fehlt vielen Menschen in Irans Hauptstadt Teheran gerade das Wichtigste: Wasser. Noch tröpfelt zumindest sporadisch etwas aus dem Hahn. Schon in wenigen Wochen aber könnte es in der Millionenmetropole gar kein Wasser mehr geben. Nur noch bis Ende September reichen laut den Behörden die Wasservorräte in den Stauseen - sie sind laut der Wasserversorger so leer wie seit einem Jahrhundert nicht mehr. Ab Oktober wären die über 15 Millionen Menschen in Teheran ohne Leitungswasser.

Um das zu verhindern, greift die Regierung zu drastischen Maßnahmen. Sie stellt in der Hauptstadt und in über 50 anderen Städten immer wieder das Wasser stundenlang ab, teils sogar für bis zu zwei Tage. Zusätzlich hat der Versorger den Wasserdruck in den Leitungen gesenkt.

Dazu kommen Stromausfälle: Zweimal am Tag kappt die Stadtverwaltung für bis zu vier Stunden die Stromversorgung. Der Iran steckt in einer Wasser- und Energiekrise - ihm geht das Gas aus. Viele Fabriken und Betriebe müssen deshalb zeitweise oder ganz schließen.

Wie sehr die Menschen unter den Strom- und Wasserstopps leiden, berichtet ein Teheraner Anfang August im ZDF: "Wir haben so was noch nicht erlebt. Immer dann, wenn wir Wasser und Strom am dringendsten brauchen, wird beides plötzlich abgeschaltet. Viele von uns wissen nicht, was sie noch tun sollen."

Riesiger See fast ausgetrocknet

Wasser im Überfluss? Das war im Iran nie der Fall. Das riesige Land am Persischen Golf ist eines der trockensten Länder der Welt. In über 80 Prozent des Landes herrscht ein Steppen- oder Wüstenklima. Im Sommer sind Temperaturen von teils über 50 Grad keine Seltenheit. Für die Menschen ist Wasser seit mehreren Jahrzehnten ein kostbares, viel zu seltenes Gut.

Doch wie im Rest der Welt wird es auch im Iran immer heißer. Die aktuelle Dürre dauert bereits seit fünf Jahren - solche Klimaextreme werden häufiger; dazu regnet es immer weniger, Seen trocknen aus. Wie der Urmia-See im Nordwesten: Das war früher einmal der größte See im Nahen Osten - heute ist er fast ausgetrocknet, eine riesige Salzwüste.

Um die Wasserkatastrophe zu verhindern, versucht Teheran, Wasser und Strom zu sparen, wo es geht: Die Grünflächen der Millionenstadt werden nicht mehr bewässert; alle etwa 20.000 öffentlichen Toiletten sind geschlossen.

Hauptstadt verlegen? "Würde nichts an Krise ändern"

Das öffentliche Leben wird wie auch in den vergangenen Jahren schon heruntergefahren: Die Menschen in Teheran arbeiten statt fünf nur noch vier Tage und es gibt zusätzliche Feiertage. Behörden - auch im restlichen Land - haben zeitweise geschlossen.

Die Regierung denkt sogar darüber nach, die Stadt für eine Woche komplett zu schließen. Das hieße: Ministerien, Behörden, Schulen und Universitäten bleiben zu.

Die iranische Führung ist anscheinend so verzweifelt, dass Präsident Massud Peseschkian vorgeschlagen hat, die ganze Hauptstadt zu verlegen. Das sei kaum umsetzbar und würde Jahre oder Jahrzehnte dauern, hat der Nahost-Experte Thomas Seibert Ende Juli im Podcast "SRF News Plus" gesagt. "Es würde nichts an der derzeitigen Krise ändern und auch nicht an den Gründen. Das sind Parolen, die von der Regierung ausgegeben werden, um den Leuten zu zeigen, dass sie sich zumindest Gedanken macht."

Staudämme lassen Flüsse austrocknen

Die Situation der iranischen Hauptstadt ist dramatisch: Laut dem Klimaforscher Nasser Karami sind alle Flüsse und Wasserquellen im Umkreis von 100 Kilometern um Teheran erschöpft, hat er der Deutschen Welle gesagt.

Die Ursachen sind vielfältig. Der Iran verfügt nach China und Japan über die drittmeisten Staudämme der Welt; Hunderte wurden seit den 1950er Jahren gebaut. Gedacht waren sie für die Stromproduktion und gegen die Wasserknappheit. Sie haben das Gegenteil bewirkt: Viele Flüsse im Iran und den Nachbarländern sind ausgetrocknet. In den Stauseen verdunstet das Wasser auch besonders intensiv. Die Wasser-Pipelines im Land sind außerdem alt und löchrig.

Inzwischen haben viele Stauseen diesen Namen eigentlich nicht mehr verdient. Die Pegelstände sind niedrig: 80 Prozent der Stauseen sind fast leer. Einer der größten Stauseen war Ende Juli kurz davor, auszutrocknen.

Um an Wasser zu kommen, ergreift die Bevölkerung immer häufiger selbst Initiative und verschlimmert das Problem weiter: Im Land werden viele, teils illegale Brunnen gebohrt; dadurch sinkt das Grundwasser weiter ab.

Dazu kommt: Immer mehr Menschen müssen versorgt werden. Die Bevölkerung des Iran hat sich in den vergangenen knapp 60 Jahren auf 92 Millionen Menschen verdreifacht.

Iran ist großer Wassermelonen-Produzent

Auch in der Landwirtschaft wird zu viel Wasser verbraucht. Beim Anbau von Weizen, Mais und Reis wird laut der United Nations Food and Agriculture Organization (FAO) zwei- bis dreimal so viel Wasser benötigt wie im weltweiten Durchschnitt.

90 Prozent des Süßwassers im Iran würden von der Landwirtschaft genutzt, obwohl diese nur 10 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt des Landes beiträgt, sagt Seibert im SRF. "Dieses Missverhältnis kommt daher, dass der iranische Staat sehr darauf bedacht ist, im landwirtschaftlichen Bereich die Selbstversorgung anzustreben. In ungeeigneten Gebieten wie Wüstengebieten werden landwirtschaftliche Betriebe aufgezogen. Da wird dann sehr, sehr viel Wasser verbraucht."

Im Iran wächst auch Obst und Gemüse, was viel gegossen werden muss: Wassermelonen zum Beispiel. Das Land war lange Zeit einer der größten Wassermelonen-Produzenten weltweit. Zudem sind die Bewässerungssysteme veraltet. 40 Prozent der iranischen Äcker werden bewässert.

Hoffnung auf Regen

Experten machen hauptsächlich die iranische Regierung für die drohende Wasserkatastrophe verantwortlich. Sie sagen, die Führung in Teheran habe zu lange nichts unternommen - obwohl sie wusste, dass das Grundwasser übernutzt ist und Gewässer austrocknen. "Es war klar, dass die unkontrollierte Entwicklung großer städtischer Metropolen zu genau diesem Punkt führen würde", sagt Klimaforscher Karami der Deutschen Welle.

Die Iranerinnen und Iraner versuchen bei Temperaturen zwischen 40 und 50 Grad Wasser zu bunkern, wo es geht. Sie lassen Badewannen und Kanister volllaufen. Doch Wasserspeicher und Systeme, die den Wasserdruck erhöhen, seien absurd teuer geworden, sagt der iranische Wüstenforscher Mohammad Darvish im Spiegel.

Die, die es sich leisten können, flüchten deshalb aus der Hauptstadt. Am Kaspischen Meer und in den nördlichen Provinzen Mazandaran und Gilan ist es kühler und es kommt mehr Wasser aus dem Hahn.

Doch das ist für viele Menschen keine Option. Ihnen bleibt nur, zu warten. Auf den Herbst meint Seibert. "Hoffnung ruht auf Regen, aber das müsste schon ziemlich viel Regen sein. Und darauf, dass der Sommer vielleicht früher zu Ende geht als normalerweise; dass die Temperaturen schneller fallen als normalerweise und sich möglicherweise dann die Lage etwas entspannt."

"Beruhigungstaktik für die Bevölkerung"

Die Regierung scheint keine nachhaltigen Lösungen zu haben. Das Energieministerium plant laut Seibert, Wasser aus Nachbarländern wie Afghanistan und zentralasiatischen Ländern zu importieren. "Das würde Jahre bis zur Umsetzung dauern. Außerdem haben diese Länder auch nicht unbedingt viel Wasser, das sie abgeben wollen. Das Ganze ist also eine Beruhigungstaktik für die Bevölkerung."

Ein Großprojekt der Führung in Teheran ist die Umleitung von entsalztem Meerwasser aus dem Arabischen Meer im Süden in zentrale Provinzen wie Isfahan. Ökonomen und Umweltschützer kritisieren, dass das Wasser dort nur der Industrie nützt.

Langfristig könnte eine bessere Wasserspeicherung helfen. Wüstenforscher Darvish hat in der ARD vorgeschlagen, Oberflächenwasser in unterirdische Schichten zu leiten - so kann es nicht verdunsten. Das wäre zwar ein langfristiges Reservoir für die nächsten Jahre, sei kurzfristig aber kaum umsetzbar. So bleibt die Furcht vor der Wasserkatastrophe - wenn nicht in diesem, dann im nächsten Jahr.

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