Man muss abwarten, ob am Ende ein Frieden in Osteuropa steht und sich der US-Präsident als der große schlaue Dealmaker erweist, für den er sich hält. Bisher spricht rein gar nichts dafür, dass sich eine Lösung abzeichnet, mit der die Ukraine leben und überleben kann.

Wer irgendwelche Hoffnungen hatte, dass das Treffen in Alaska einen Hauch von Chancen für den Frieden in der Welt bringen könnte, musste sie sehr früh begraben. Der russische Außenminister Sergej Lawrow, einer der ruchlosesten Putin-Kumpane und größtmöglicher Befürworter der Restauration der stalinistischen Sowjetunion, gab ein Statement ab, ohne etwas zu sagen. Er erschien in einem T-Shirt mit der Aufschrift "CCCP", auf Deutsch UdSSR. Das Kürzel steht für "Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken", zu der die Ukraine gehörte. Das Land heim ins russische Reich zu holen - exakt darauf zielt Putins Krieg.

Spätestens jetzt hätte den Amerikanern ein Licht aufgehen müssen, dass sie den Russen die Bühne für eine Show bieten. Stattdessen zeigte sich einmal mehr, wie unterlegen die amateurhafte Diplomatie von Präsident Donald Trump und seinen Leuten der gewieften Professionalität des russischen Gegenübers ist. Der US-Präsident lieferte einen weiteren Beleg für seine Begriffsstutzigkeit. Obwohl das bei Kremlchef Wladimir Putin nicht ansatzweise funktioniert, versuchte der Amerikaner, seinen Gast aus Russland erneut mit jenen Mitteln zu bezirzen, auf die er selbst am meisten steht und von anderen erwartet: majestätisches Hofieren und Schmeicheleien.

So rollte Trump dem mit internationalem Haftbefehl gesuchten Kriegsverbrecher, der seit drei Jahren ein souveränes Nachbarland terrorisiert, den roten Teppich aus, beklatschte ihn freundlich lächelnd. Er tätschelte dessen Hand und klopfte ihm kumpelhaft auf den Oberarm, als begrüße er einen allerbesten Freund und keinen Massenmörder. Obendrein durfte Putin in der Staatskarosse des US-Präsidenten mitfahren. Auf Putin, der kalt wie Hundeschnauze ist, entfaltet das allerdings keinerlei Wirkung. Anerkennung von außen bedeutet ihm nichts. Ihn interessieren nur Macht und Einfluss. Selbst Geld betrachtet der Russe - anders als sein amerikanisches Pendant - nur als Mittel zum Zweck.

Wie der russische Despot zu sein, wäre auch was für Trump

Auch wenn man Trumps Verhalten mit sehr viel Wohlwollen als Verhandlungstaktik interpretiert, ist die Symbolik verheerend. Ukrainer müssen vor Wut gekocht oder geheult haben, während Mitarbeiter in Putins Propaganda-Abteilung gejubelt haben dürften: Seht her, wir sind auf der Weltbühne zurück - und Trump liebt unseren Präsidenten. Man wird sehen, ob die Nummer eins im Weißen Haus demnächst Kiews Staatschef Wolodymyr Selenskyj genauso enthusiastisch empfängt. Sehr wahrscheinlich nicht. Denn Trump mag Putin, er bewundert ihn, weil er seine Macht auch mit Gewalt zementiert und sich nimmt, was ihm gefällt. Wie der russische Despot zu sein und sein zu dürfen, das wäre auch was für Trump – und natürlich der Friedensnobelpreis.

Den hätte er definitiv verdient, wenn er es schafft, einen nachhaltigen Frieden in Europa zu installieren. Dass Trump auf das Mittel der Diplomatie setzt und überhaupt Bewegung in die Gespräche mit Russland brachte, was sein feige agierender Vorgänger Joe Biden nicht ansatzweise vermocht hat, muss man ihm hoch anrechnen. Die westliche Staatengemeinschaft kann und muss im Falle eines Erfolgs in Kauf nehmen, dass es Trump nicht um eine bessere Welt geht, sondern vor allem um die Interessen der USA und seinen Wunsch, als der beste Politiker des Universums gefeiert zu werden.

Die alles entscheidende Frage ist ohnehin, ob Putin einem Frieden zustimmt, wenn sein Ziel, die Ukraine auszulöschen, nicht erfüllt ist. Und wenn das nicht passiert: Was macht Trump dann? Dass der US-Präsident sagt, dass Selenskyj einem Abkommen zustimmen müsse, ist - wenn im Grunde auch eine Binse - gut, sollte er damit meinen: Über den Kopf der Ukrainer hinweg kann nichts bestimmt werden. Es ist aber sehr wohl möglich, dass sich Trump nur absichern will für den Fall, dass Selenskyj den russischen Bedingungen nicht zustimmt. Dann wird Trump verkünden: Die USA sind draußen, euer Ding. "Mach einen Deal. Russland ist mächtig", sagte er in Alaska. Das klang nicht gerade wie ein Rat unter Freunden.

Es hätte noch schlimmer kommen können

Mehr als ein Trost ist immerhin, dass Trump die Ukraine bei dem Treffen mit Putin nicht preisgegeben hat - es hätte noch viel schlimmer kommen können. Selbst sieht er sich natürlich nach wie vor als fantastischen Dealmaker, worüber man streiten kann. Und selbstverständlich spricht der US-Präsident von einem "großartigen und sehr erfolgreichen Tag" - wie könnte es auch anders sein. Dabei hat er sich - wieder einmal - von Putin einlullen und foppen lassen, ihm die Bilder geliefert, die der Russe wollte. Erneut hat Trump gezeigt, dass er dem gerissenen Kreml-Chef nicht gewachsen ist.

Nach wie vor spricht nichts dafür, dass Russland den Krieg beenden will. Und ein Diktatfrieden wäre der Beginn des nächsten Krieges gegen die Ukraine. Das muss der Weltöffentlichkeit klar sein. Trumps hat sein selbstgestecktes Ziel eines Waffenstillstands nicht erreicht - und am Tag danach selbst abgeräumt. "Es wurde von allen festgestellt, dass der beste Weg, um den schrecklichen Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu beenden, darin besteht, direkt zu einem Friedensabkommen zu gelangen, das den Krieg beendet, und nicht nur ein Waffenruheabkommen, das oft nicht eingehalten wird", erklärte er.

Ein einziges Gespräch mit Putin reichte aus, um die Forderung einer Waffenruhe zu kippen. Wobei jedem klar sein muss, dass auch die nur eine Schonfrist für die Ukraine wäre, bis Russland erneut angreifen würde. Klare Sicherheitsgarantien müssen her, um die territoriale Integrität und die Souveränität der Ukraine als Staat zu bewahren. Mit "von allen festgestellt" meinte Trump übrigens Putin, Selenskyj und die Staats- und Regierungschefs der wichtigen europäischen Länder. Ob das wirklich "alle" so sehen, wird sich zeigen.

"Ich werde innerhalb der ersten zwei, drei, vier oder fünf Minuten wissen, ob es ein gutes oder ein schlechtes Treffen wird", hatte Trump vor den Gesprächen gesagt. "Wenn es ein schlechtes Treffen ist, wird es sehr schnell zu Ende sein, und wenn es ein gutes Treffen ist, werden wir in naher Zukunft Frieden erreichen." Stand heute muss man das Ergebnis so zusammenfassen: Ein Präsident, der in Allmachtsfantasien schwelgt, traf auf einen Diktator, der seine Allmachtsfantasien seit Jahren mit Waffengewalt und dem Ausschalten jeder Opposition auslebt. Nicht mehr. Und nicht weniger.

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