Jian G. soll für China spioniert haben - auch aus dem Brüsseler Büro seines damaligen Arbeitgebers, des AfD-Abgeordneten Krah. Seit mehr als einem Jahr sitzt G. deshalb in Untersuchungshaft. Jetzt startet in Dresden ein Prozess gegen ihn, der für die AfD äußerst heikel werden kann.
Der dezente Auftritt voller Demut war nie sein Ding. Einige Tage vor dem Prozess gegen seinen ehemaligen Mitarbeiter macht Maximilian Krah Urlaub in der Slowakei. Sein Shirt der Wahl trägt die Aufschrift: "Krah - Make Europe Great Again". Über Instagram lässt der AfD-Politiker seine Fans daran teilhaben, wie er selbst gebrannten Schnaps trinkt oder über die Vorzüge vom Verzehr von Rohmilch berichtet. Das mache männlich und ermögliche viele Kinder.
Hunderte Kilometer entfernt sitzt sein ehemaliger Büromitarbeiter Jian G. weiterhin in Untersuchungshaft. An diesem Dienstag beginnt gegen ihn der Prozess am Oberlandesgericht Dresden. Jian G. soll für China spioniert haben, auch aus dem Brüsseler Büro von Krah. Nun muss sich der Deutsche mit chinesischen Wurzeln wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in einem besonders schweren Fall vor Gericht verantworten.
Der Anklage des Generalbundesanwalts zufolge soll G. seit 2002 für einen chinesischen Geheimdienst gearbeitet haben. Als Mitarbeiter von Krah habe er in Brüssel unter anderem Informationen über Beratungen und Entscheidungen des Europaparlaments gesammelt und hierzu mehr als 500 Dokumente zusammengetragen.
Jian G. soll intime Details über Weidel verraten haben
Für die AfD besonders brisant: G. soll auch die Parteispitze ausspioniert haben und Dossiers über die Vorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel erstellt haben. Die in chinesischer Sprache verfassten Dokumente - eines trägt den poetischen Titel "Tee am Vormittag" - liegen dem "Spiegel" vor. G. soll Details aus vertraulichen Gesprächen mit Krah an den chinesischen Geheimdienst weitergegeben haben, schreibt das Magazin, darunter auch Details aus dem Privatleben der Parteivorsitzenden Weidel.
Krah soll seinem Assistenten berichtet haben, von wem angeblich der Samen stammte, mit dem eines der Kinder der AfD-Chefin und ihrer Partnerin gezeugt wurde. Auch von einem Putschplan Chrupallas gegen Konkurrentin Weidel habe er seinem Mitarbeiter berichtet. Alles notierte Jian G. in seinen Dossiers, die Ermittler offenbar bei ihm gefunden haben.
Die Enthüllungen kratzen am Bild der eingeschworenen und harmonisch zusammenarbeitenden Parteiführung, das Weidel und Chrupalla gerne nach außen tragen. Hinzu kommt, dass die AfD derzeit versucht, ihre Haltung in der Außen- und Sicherheitspolitik anzupassen. Weniger Russland und China, mehr USA und NATO. Der Prozess hilft nicht gerade beim versuchten Image-Wechsel.
Krah soll Geld aus China angenommen haben
Gegen Krah selbst ermittelt inzwischen die Generalstaatsanwaltschaft Dresden. Der Vorwurf lautet Geldwäsche und Bestechlichkeit als Mandatsträger im Europäischen Parlament. Krah soll Geld aus China angenommen haben. Und auch hier führt die Spur zu seinem ehemaligen Mitarbeiter G. Wie der "Spiegel" berichtet, habe der AfD-Politiker mehr als 50.000 Euro von Firmen aus dem Umfeld des nun angeklagten mutmaßlichen Agenten erhalten. Das gehe aus den Ermittlungsakten hervor, die auch eine Rolle spielen werden beim Prozess, der am Dienstag startet.
Krah weist die Vorwürfe seit Monaten zurück. Als ihn der "Stern" nach der Verhaftung seines Mitarbeiters damit konfrontierte, ob über ihn Geld geflossen sei oder Jian G. versucht habe, ihn als chinesischen Agenten anzuwerben, antwortete Krah: "Selbstverständlich nicht!"
Nach der Darstellung von Krah lernte er seinen einstigen Mitarbeiter 2015 über dessen vorherigen Beruf als Anwalt kennen. Jian G. war demnach sein Mandant. Krah saß von 2019 bis 2025 im Europaparlament und machte G. zu seinem Mitarbeiter, um dessen - so der AfD-Politiker - Fachwissen im Bereich Handel und Logistik zu nutzen. Für den Europawahlkampf 2024 wählte die AfD Krah auf den ersten Listenplatz und machte ihn damit zum Gesicht der Kampagne. Schon damals waren einige Mitglieder der AfD-Fraktion gegen dessen Aufstellung als Spitzenkandidat für die Europawahl.
Krah ist als Zeuge geladen
Krah ergriff im Europaparlament häufig Partei für die Volksrepublik China. Über die Beziehungen seines Mitarbeiters G. wurde schon vor dessen Enttarnung als mutmaßlicher Agent in Partei und EU-Parlament getuschelt. Um den mache man lieber einen Bogen, unkte ein Mitglied der Bundestagsfraktion damals.
Als Jian G. wenige Wochen vor der Europawahl 2024 verhaftet wurde und die Büroräume des Europaabgeordneten durchsucht wurden, behauptete Krah noch, dies würde nichts an seiner Funktion als Spitzenkandidat ändern. Doch nachdem er auch noch SS-verharmlosende Aussagen machte, war der Sachse nicht mehr zu halten. Krah wurde aus der Fraktion im Europaparlament geworfen und verlor seinen Posten als Spitzenkandidat. Für einige in der AfD war das damals auch ein Versagen der Parteispitze, die den Politiker mit dem Hang zu exzentrischen Auftritten trotz aller Bedenken nicht als Nummer Eins im Wahlkampf verhindern wollte.
Bei der Bundestagswahl im Februar 2025 zog Krah allerdings über ein Direktmandat in Sachsen in den Bundestag ein. Wieder gab es Diskussionen um den Umgang mit seiner Person. Die AfD-Fraktion nahm ihn trotz der Kontroversen auf. Nur wenige Wochen später wurde offiziell Anklage gegen Krahs Mitarbeiter erhoben und kurz danach auch das Verfahren gegen ihn selbst eingeleitet. Die Personalie Krah fiel der AfD auf die Füße - und beschädigt bis heute auch die Spitze um Weidel und Chrupalla, die die Situation nicht in den Griff bekommen.
Kurz nach der offiziellen Anklage gegen G. teilte Krah mit, er habe alle notwendigen Konsequenzen gezogen und werde nun den Prozess mit Interesse verfolgen. Vorerst muss er das aus der Ferne tun. Dann aber wird er am Prozess direkt teilnehmen. Denn Krah ist für den 3. September als Zeuge geladen.
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