Israel lässt inzwischen mehr als 200 Hilfs-Lkw in den Gazastreifen. Doch das reicht der deutschen Regierung noch nicht. Tel Aviv müsse mehr leisten, sagt der Regierungssprecher nach der Sitzung des Sicherheitskabinetts. Währenddessen finden weitere Airdrops statt.

Die Bundesregierung hat Israel aufgefordert, die umfassende Versorgung der Bevölkerung im Gazastreifen sicherzustellen. Es gebe zwar "erste, leichte Fortschritte bei der humanitären Hilfe", teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius nach Beratungen des Sicherheitskabinetts mit. Diese würden "allerdings bei weitem nicht ausreichen, um die Notlage zu lindern". Auch aus der CDU von Kanzler Friedrich Merz kommen inzwischen Forderungen nach Sanktionen gegen Israel.

Israel stehe "weiter in der Pflicht, eine umfassende Versorgung auch mit Unterstützung der Vereinten Nationen und anderer humanitärer Organisationen sicherzustellen", erklärte Kornelius. Gleichzeitig zeigt sich die Bundesregierung demnach "besorgt über Informationen, wonach große Mengen an Hilfsgütern von der Hamas und kriminellen Organisationen zurückgehalten werden".

Aus deutschen Sicherheitskreisen hieß es, derzeit kämen über den Landweg pro Tag wieder 220 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen. Zwischen 50 und 100 Prozent der Lieferungen erreichen demnach aber nicht die Bevölkerung, weil sie von der radikalislamischen Hamas oder kriminellen Organisationen abgefangen werden. Videos im Netz zeigen, wie die Banden die Hilfen auf LKW rücksichtslos abtransportieren.

Kornelius zufolge informierte Bundesaußenminister Johann Wadephul von der CDU das Sicherheitskabinett telefonisch über die Ergebnisse seiner gerade beendete Reise nach Israel und in das Westjordanland. Nach Angaben aus Regierungskreisen wurden dabei auch mögliche Mittel diskutiert, den Druck auf Israel zu erhöhen, um mehr Hilfe zu ermöglichen. Beschlüsse wurden aber nicht gefasst.

Bundeswehr setzt Airdrops fort

Merz hatte am Freitagabend der Bundeswehr gedankt, die am selben Tag im Verbund mit Jordanien und weiteren Staaten mit dem Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft über dem Gazastreifen begonnen hatte. Die sogenannten Airdrops seien aber "nur ein kleiner Beitrag, um das Leid der Menschen in Gaza zu lindern", schrieb Merz bei X. "Deshalb arbeiten wir weiter intensiv daran, Hilfe über den Landweg zu ermöglichen."

Heute warf die Bundeswehr erneut Hilfsgüter ab. Eine Transportmaschine habe 22 Paletten mit Nahrungsmitteln und medizinischen Gütern mit einem Gesamtgewicht von 9,6 Tonnen abgesetzt, sagte ein Sprecher der Luftwaffe. Die Maschine des Typs A400M war in Jordanien gestartet. Falls möglich, sollen die Hilfsflüge am morgigen Sonntag fortgesetzt werden.

Das Sicherheitskabinett hatte bereits am Montag zur Lage in Nahost getagt. Ihm gehören neben Bundeskanzler Merz, Vizekanzler Lars Klingbeil von der SPD sowie Wadephul auch Innenminister Alexander Dobrindt von der CSU, Verteidigungsminister Boris Pistorius von der SPD und Kanzleramtschef Thorsten Frei von der CDU an. Merz hatte nach dem Treffen gesagt, die Bundesregierung behalte sich wegen der humanitären Lage im Gazastreifen Schritte vor, um den Druck auf Israel zu erhöhen. Forderungen hierzu reichen von einem Stopp von Waffenlieferungen über Sanktionen gegen einzelne israelische Minister bis zur Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel.

Röttgen fordert EU-Sanktionen

Die Ko-Fraktionschefin der Grünen, Katharina Dröge, forderte "einen Stopp von Waffenexporten nach Israel, die in Gaza eingesetzt werden können". Zudem seien Sanktionen gegen die rechtsextremen israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben Gvir notwendig, sagte Dröge der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Beide Minister haben offen zu Gewalt gegen die palästinensische Zivilbevölkerung aufgerufen.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sprach sich angesichts der Lage im Gazastreifen für EU-Sanktionen aus, "wenn sich Israels Politik nicht sehr schnell ändern sollte". Dann wäre "auch Deutschland gezwungen, zusammen mit unseren Partnern konkrete Maßnahmen zu ergreifen", sagte er der "Zeit". "Das bedeutet auch, Projekte und Vereinbarungen auszusetzen, die ausdrücklich das Bekenntnis zu humanitären und völkerrechtlichen Verpflichtungen beinhalten."

Die EU-Kommission hatte Anfang der Woche vorgeschlagen, die Teilnahme Israels am Forschungsförderungsprogramm Horizon Europe teilweise auszusetzen, das solche Bezüge enthält. Konkret geht es um die Förderung von Startups, die in rüstungs- und sicherheitsrelevanten Bereichen tätig sind. Deutschland hat dem bislang nicht zugestimmt.

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