Die Angst der Polen vor Moskau sitzt tief und wird durch den russischen Krieg gegen die Ukraine einmal mehr befeuert. Nun unterziehen sich Tausende junge Polen im Sommer einem intensiven Militärtraining. Dieses hat es in sich.
Bootcamps in den Sommerferien sind beliebt bei Menschen, die fit bleiben oder werden wollen. In Polen haben Bootcamps eine ganz andere Bedeutung: Angesichts der russischen Bedrohung machen in diesem Jahr fast 10.000 junge Polinnen und Polen "Sommerferien bei der Armee". Wer die freiwillige militärische Grundausbildung einen Monat lang durchhält, wird mit 1400 Euro entlohnt.
"Das sind wirklich keine Ferien, das ist intensives militärisches Training", sagt Michal Piekut, ein 29 Jahre alter Student, der mit Tarnfarbe im Gesicht und in Uniform gerade eine schwere Munitionskiste über das sandige Übungsgelände gezogen hat. "Ich dachte schon, ich schaffe das nicht", räumt er schwitzend ein.
Er hat sich zu dem militärischen Sommerlager entschieden, weil er Reservesoldat werden möchte. "Und wenn nötig, meinem Vaterland dienen", fügt er hinzu. Auf dem Übungsplatz in der Nähe von Warschau trainieren junge Menschen das Werfen von Granaten und die Evakuierung von Verletzten.
Polen stockt Armee auf
Kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 hatte Polen ein neues Sicherheitsgesetz verabschiedet, um die Zahl seiner Soldaten aufzustocken. Das EU- und Nato-Mitglied, das an Belarus, Russland und die Ukraine grenzt, hat Sorge, es könne das nächste Ziel der russischen Expansionsgelüste werden.
"Das Training umfasst Schieß- und Taktikunterricht, Feldstudien und Luftverteidigung", erklärt Patrycja Adamska, Sprecherin einer der Einheiten, die an dem vom Verteidigungsministerium lancierten Programm teilnimmt. "Die Rekruten können so die Disziplin des Soldatenlebens erleben", fügt sie hinzu.
Die Teilnehmer, die überwiegend zwischen 18 und 20 Jahre alt sind, verbringen 27 Tage in einer Einheit und erhalten anschließend einen militärischen Rang. Danach können sie sich für eine weitere Militärlaufbahn entscheiden oder werden Reservisten.
Das Programm sei eine "tolle Alternative zu Sommerjobs", meint Leutnant Michal Gelej von der Armeerekrutierungsstelle. Er verweist darauf, dass die Teilnehmer 1400 Euro verdienen können. Das Verteidigungsministerium hatte in einer groß angelegten Kampagne in Onlinediensten für die "Sommerferien bei der Armee" geworben.
Die Aussicht darauf war eines der Argumente für den 19 Jahre alten Studenten Goran Meredith, sich für das Bootcamp zu entscheiden. Aber auch der anhaltende Ukraine-Krieg habe ihn dazu bewogen, erklärt er.
Viele geben auf
Für viele junge Erwachsene sei das Programm allerdings zu anstrengend, gibt er zu bedenken. "Wir sind erst in der ersten Woche, und es haben schon zehn Leute aufgegeben", sagt Meredith.
"Das ukrainische Beispiel zeigt, dass eine Berufsarmee in etwa einem Jahr aufgebraucht ist, wenn sie nicht auf angemessene Reserven zurückgreifen kann", erklärt Bartosz Marczuk vom Politikinstitut Sobieski. Er ist Ko-Autor eines Berichts zu einer möglichen Einführung von verpflichtendem Militärtraining in Polen. "Wir sind das größte Land an der Ostflanke der Nato", betont er.
Falls Polen die 2009 abgeschaffte Wehrpflicht wieder einführen wolle, müsse dies durch freiwillige Programme vorbereitet werden. "Deshalb müssen alle Initiativen dieser Art unterstützt werden", sagt er.
Im März kündigte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk an, dass Polen sein freiwilliges Militärtraining für 18- bis 60-Jährige bis 2027 auf 100.000 Rekruten pro Jahr erweitern wolle, um eine "Armee von Reservisten" zu schaffen. Derzeit lassen sich jährlich etwa 35.000 Menschen in Polen militärisch ausbilden.
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