Die Situation im Gazastreifen ruft nun auch CDU-Politiker auf den Plan. Außenpolitiker Röttgen fordert Israel zu einem Kurswechsel auf, ansonsten müsse Deutschland handeln. Außenminister Wadephul klingt enttäuscht. Der israelische Schriftsteller Grossman kritisiert sein Land noch schärfer.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat sich angesichts der Lage im Gazastreifen für EU-Sanktionen gegen Israel ausgesprochen. "Wenn sich Israels Politik nicht sehr schnell ändern sollte, wäre auch Deutschland gezwungen, zusammen mit unseren Partnern konkrete Maßnahmen zu ergreifen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion der "Zeit". "Das bedeutet auch, Projekte und Vereinbarungen auszusetzen, die ausdrücklich das Bekenntnis zu humanitären und völkerrechtlichen Verpflichtungen beinhalten."

Die EU-Kommission hatte Anfang der Woche vorgeschlagen, die Teilnahme Israels am Forschungsförderungsprogramm Horizon Europe teilweise auszusetzen, das solche Bezüge enthält. Konkret geht es um die Förderung von Start-ups, die in rüstungs- und sicherheitsrelevanten Bereichen tätig sind. Deutschland hat dem bislang nicht zugestimmt.

"Die wichtigsten europäischen Akteure müssen schnellstens ihr dramatisches Auseinanderfallen in ihrer Nahostpolitik beenden", forderte Röttgen. "Auch Deutschland muss hier seinen Beitrag leisten und kompromissbereit sein." Europa würde "sonst dauerhaft irrelevant im Nahen Osten, was wichtigen Interessen von uns entgegenliefe".

Die Anerkennung eines Palästinenserstaats lehnte Röttgen aber ab: "Solche Forderungen drücken nicht nur Hilflosigkeit aus, sie wären sogar kontraproduktiv: Der ausbleibende Waffenstillstand würde für die Hamas den unerwarteten politischen Gewinn einbringen, die Anerkennung Palästinas als Staat sogar durch Deutschland erreicht zu haben." Ein Waffenstillstand würde damit unwahrscheinlicher, warnte der CDU-Politiker. In Israel würde die Anerkennung eines Palästinenserstaats wiederum voraussichtlich zu einer Verhärtung der Position und einer weiteren Schwächung des deutschen Einflusses auf die Regierung führen.

Wadephul: Müssen was im Gazastreifen erreichen

Zuvor hatte bereits Außenminister Johann Wadephul mit Blick auf den Krieg im Gazastreifen vor einer zunehmenden Isolierung Israels gewarnt. "Wir haben ein ständiges Sterben und Leiden von Menschen da. Das muss Israel sehen. Meine Sorge ist, dass Israel immer mehr international in eine isolierte Situation kommt", sagte er bei ntv.

Zugleich führte er aus: "Wir bleiben Freunde. Die USA stehen eng an der Seite Israels, aber viele andere Länder wenden sich ab. Und das ist ein schlechter Weg für Israel." Seine Reise wertete der Minister als Erfolg. "Ich denke, dass ich für Nachdenklichkeit sorgen konnte. Und ich denke, dass das gehört wurde. Dass Israel jetzt auch für den Gazastreifen wieder mehr humanitäre Hilfe zulässt, wird auch wieder für mehr Akzeptanz sorgen."

Wadephul informiert Kanzler Friedrich Merz an diesem Samstag über die Ergebnisse seiner zweitägigen Reise nach Israel und ins Westjordanland. Nach Angaben von Merz will die Bundesregierung auf dieser Grundlage entscheiden, ob sie Schritte gegen Israel wegen der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen unterstützt. Dies soll mit europäischen Partnern abgestimmt werden.

Grossman mit "gebrochenem Herzen"

Auch in Israel wächst die Kritik an der Kriegsführung im Gazastreifen. Der preisgekrönte israelische Schriftsteller David Grossman sprach von einem "Genozid". Viele Jahre lang habe er es vermieden, den Terminus zu verwenden, sagte der Autor und Friedensaktivist der italienischen Zeitung "La Repubblica" in einem am Freitag veröffentlichten Interview. Aber nun gebrauche er dieses Wort "mit unermesslichem Schmerz und einem gebrochenen Herzen".

Der Autor von Romanen und Essays sagte über die Lage im Gazastreifen: "(...) nach den Bildern, die ich gesehen habe, und nachdem ich mit Menschen gesprochen habe, die dort waren, kann ich nicht anders, als es (das Wort 'Genozid') zu gebrauchen". Grossman nannte es auch "niederschmetternd", die Wörter "Israel" und "Hungersnot" zu verknüpfen, wegen der aufgrund des Holocaust "angeblichen (israelischen) Sensibilität für das Leiden der Menschheit". Der 71-Jährige bezog sich damit auf die im Gazastreifen herrschende Hungersnot aufgrund unzureichender Hilfslieferungen.

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