Wirtschaftspolitik ist nicht Trumps Stärke. So sehen das immer mehr US-Wähler angesichts von hohen Preisen und fragwürdiger Handelspolitik. Für den Präsidenten war die Einigung mit der EU umso wichtiger.
Donald Trump hatte schlechte Laune. "Wir hatten eine schwierige Zeit, was Handel mit Europa angeht. Eine sehr schwierige Zeit", sagte der US-Präsident vor seinem Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Schottland. Danach, als die beiden Politiker die Einigung über einen Grundzoll von 15 Prozent plus Ausnahmen verkündeten, zeigte er sich begeistert: "Es ist der größte aller Deals."
Die Anfang April angekündigten "90 Handelsdeals in 90 Tagen" sind längst ins Reich der Fantasie entschwunden, die Verhandlungen ziehen sich lange und in vielen Fällen bislang ergebnislos dahin. Der Republikaner hatte seine Zolldrohungen gegen Dutzende Länder bis kommenden Freitag, den 1. August, verlängert. In dieser Woche werden zudem verschiedene Wirtschaftsdaten veröffentlicht. Trump geht also mit einer Erfolgsmeldung in eine äußerst wichtige Woche der Wahrheit.
Mit Großbritannien und mit Japan hatten sich die Vereinigten Staaten bereits geeinigt. Kanada, Mexiko, Brasilien und Indien sind weitere wichtige Handelspartner, mit denen es noch keine öffentlich kommunizierte Übereinkunft gibt. US-Handelsminister Howard Lutnick zeigte sich am Sonntag entschlossen. "Keine Verlängerungen. Keine weiteren Gnadenfristen. Die Zölle für den 1. August sind festgesetzt. Sie werden in Kraft treten", sagte er dem US-Fernsehsender Fox News.
Basis treu, andere Wähler ungeduldig
Die US-Wähler werden laut Umfragen langsam, aber stetig ungeduldiger. Die Zustimmungswerte des Präsidenten sind bei Gallup auf einem Tiefstwert angelangt - nur noch 37 Prozent der US-Amerikaner sind zufrieden mit ihm, der niedrigste Anteil in seiner bisherigen zweiten Amtszeit und 10 Prozentpunkte weniger als im Januar. Bei unabhängigen, also potenziellen Wechselwählern sind es 17 Prozentpunkte weniger. Schlechte Bewertungen für Außenhandel und Wirtschaft ziehen den Schnitt nach unten. Die grundsätzliche Einigung mit der Europäischen Union kommt Trump also wie gerufen.
"Ich bin sehr überrascht, dass die Europäische Union Trumps Forderungen nachgegeben hat", wird Douglas Irwin, Professor für Wirtschaftswissenschaften am Dartmouth College, in der "New York Times" zitiert: "Ich dachte, die EU würde am ehesten zu Vergeltungsmaßnahmen greifen." Brüssel hatte bereits eine entsprechende Liste mit Zöllen verfasst, die am 7. August in Kraft gesetzt worden wäre. Von der Leyen sagte nach der Verkündung, die 15 Prozent Zoll seien "das Beste, was wir bekommen konnten". Trump hatte mit 30 Prozent ab 1. August gedroht.
Bislang hält die republikanische Wählerbasis zu ihrem Präsidenten, und noch sind die Kongresswahlen im kommenden Jahr lange hin. Doch kleinste Verschiebungen könnten den Verlust von Mehrheiten im Repräsentantenhaus bedeuten, das im Herbst 2026 komplett neu gewählt wird. Männliche Wähler, besonders wichtig für Trump, sind zugleich besonders unzufrieden: Rund 60 Prozent von ihnen kritisieren seinen Umgang mit der Inflation, 65 Prozent meinen, er tue nicht genug gegen hohe Lebenshaltungskosten. Die Hälfte ist überzeugt, mit der Wirtschaft gehe es bergab.
Der Deal mit der EU wird kaum dabei helfen, schließlich sind die Einfuhrzölle am Ende wie eine zusätzliche Steuer, die Importeur, Zwischenhändler und Verbraucher in den USA bezahlen. Aus keinem anderen Wirtschaftsraum führen die USA mehr Waren ein als aus den 27 Staaten in Europa. Die Einzelheiten der Vereinbarung müssen beide Seiten noch festzurren. Zugleich versuchen die Unterhändler aus Washington, mit China eine Übereinkunft zu erzielen. Für Donnerstag ist ein Treffen mit Südkorea angesetzt.
Trump präsentiert seine "Deals" so, als seien sie in trockenen Tüchern - doch die Verhandlungen abseits der großen Zahlen dauern meist Monate, wenn nicht sogar Jahre. In der EU müssen zudem die Mitgliedsstaaten zustimmen. Und in den USA sind einige Klagen gegen die Zollpolitik des Weißen Hauses anhängig. Sie sprechen dem Präsidenten ab, ohne Zustimmung des Kongresses überhaupt Zölle erheben zu dürfen. So könnte manches Abkommen wieder in sich zusammenfallen.
Epstein verfolgt Trump
Dazu kommen die hitzigen Diskussionen um den 2019 verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein und mögliche Verwicklungen von Trump und seiner Regierung. Seit Wochen zerfleischt sich Trumps Anhängerschaft über eine mögliche Veröffentlichung aller Epstein-Akten, was inzwischen auch den Kongress in Washington erfasst hat. Die Politiker befassten sich zuletzt tagelang mit nichts anderem.
Sobald sich der Kongress vorerst ergebnislos in die Sommerpause verabschiedet hatte, flog Trump nach Schottland. Dort passte von der Leyen ihn nach dem Golfen ab. Trump wetterte gegen Windräder. "Sie ruinieren die Schönheit unserer Landschaft, unserer Täler … sie werden fast alle in China hergestellt. Wenn sie nach acht Jahren anfangen zu rosten und zu verrotten, kann man sie nicht einfach abschalten. Man kann sie nicht vergraben."
Zum Ärger über Windräder kamen auch unbequeme Fragen, die ihn bis nach Schottland verfolgen. "Hat die Eile, die Deals abzuschließen, etwas mit den Epstein-Akten zu tun?", fragte ein Journalist. Trump stutzte. "Das kann nicht Ihr Ernst sein", reagierte er entgeistert. "Es hatte nichts damit zu tun."
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