"Taktische Pausen" kündigt Israel im Krieg im Gazastreifen an. Erste Hilfstransporte für die Bevölkerung sind unterwegs. In einem Telefonat fordert Kanzler Merz von Ministerpräsident Netanjahu nun weitere Schritte - und auch einen Waffenstillstand.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat in einem Telefonat mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu "seine große Sorge zur katastrophalen humanitären Lage in Gaza zum Ausdruck" gebracht. Den von der israelischen Regierung angekündigten Maßnahmen müssten nun "rasch substanzielle weitere Schritte folgen", die "dringend notwendige humanitäre Hilfe" müsse "die Zivilbevölkerung schnell, sicher und im gebotenen Umfang erreichen", erklärte Regierungssprecher Stefan Kornelius.

Weiter habe Merz gesagt, dass die Bundesregierung die Entwicklung "eng verfolgen" werde. In Absprache mit den anderen E3-Staaten Frankreich und Großbritannien und weiteren europäischen Partnern sowie mit den USA und den arabischen Staaten werde sie "in den nächsten Tagen entscheiden, wie sie zu einer Verbesserung der Lage beitragen könne".

Merz habe Netanjahu zudem aufgefordert, "alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um umgehend einen Waffenstillstand zu erreichen". Zugleich habe er unterstrichen, dass es für die Bundesregierung "außer Zweifel" stehe, "dass der grausame und unmenschliche Terror der Hamas am 7. Oktober 2023 die Kämpfe in Gaza ausgelöst hat".

Anerkennung als Staat "nicht auf der Tagesordnung"

Hinsichtlich einer Anerkennung palästinensischer Staatlichkeit habe Merz unterstrichen, dass diese "in Berlin jetzt nicht auf der Tagesordnung" stehe. Die Bundesregierung betrachte dieses Thema weiter "als einen der abschließenden Schritte auf dem Weg hin zur Verwirklichung einer Zweistaatenlösung".

Die Zweistaatenlösung sieht die Gründung eines neben Israel existierenden Palästinenserstaats innerhalb sicherer, anerkannter Grenzen vor. Israels Ministerpräsident Netanjahu lehnt einen eigenständigen palästinensischen Staat ab. Auf palästinensischer Seite gibt es dazu unterschiedliche Haltungen: Während die Palästinensische Autonomiebehörde unter Mahmud Abbas eine Zweistaatenlösung befürwortet, lehnt die islamistische Hamas dieses Modell ab. Ihr erklärtes Ziel ist es, Israel zu vernichten.

Die Grünen fordern derweil von Merz eine europäische Initiative für einen politischen Prozess hin zu einer Friedenslösung. "Angesichts der dramatischen und nicht hinnehmbaren humanitären Lage in Gaza muss die deutsche Bundesregierung endlich von der kommentierenden Seitenlinie ins Handeln kommen", sagte Parteichefin Franziska Brantner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Eine sofortige Waffenruhe, die Lieferung humanitärer Hilfe, die Freilassung aller Geiseln können dabei nur der erste Schritt sein."

Grüne fordern mehr Druck auf Israel

Ein politischer Prozess muss nach ihren Worten das Existenzrecht Israels ebenso sichern wie das Überleben in Würde und Selbstbestimmung der Palästinenser mit einem eigenen Staat. Dieser Prozess gehe realistischerweise nur mit der Palästinensischen Autonomiebehörde mit Sitz im Westjordanland. "Die nötige Kapitulation der Hamas würde die Anerkennung Palästinas dabei massiv beschleunigen", sagte sie. Zudem forderte die Grünen-Chefin - um den Druck auf Israel zu erhöhen - einen Waffenexportstopp für den Einsatz in Gaza, die Aussetzung von Handelserleichterungen und Sanktionen gegen die israelischen Minister (Bezalel) Smotrich und (Itamar) Ben-Gvir. Die beiden ultrarechten Politiker unterstützen unter anderem die Annexion des besetzten Westjordanlands.

Nach den Worten von Außenminister Johann Wadephul sind die von Israel ausgerufenen humanitären Pausen "Schritte in die richtige Richtung". Zugleich bekräftigte der Minister bei X seine Forderungen nach einer Waffenruhe und der Geisel-Freilassung. "Hilfe muss jetzt sicher, vollständig und verlässlich ankommen und Hamas muss endlich die Geiseln freilassen. Ein umfassender Waffenstillstand ist dringend nötig."

Die israelische Armee hatte zuvor angekündigt, aus humanitären Gründen ab sofort täglich eine achtstündige "taktische Pause" in Teilen des Gazastreifens einzuhalten. Im gesamten Gazastreifen wurden demnach Korridore eingerichtet, um UN-Konvois und Hilfsorganisationen eine sichere Durchfahrt zu ermöglichen. Schon kurz nach der Verkündung starteten erste Hilfstransporte in Ägypten. Wegen der verheerenden Lage im Gazastreifen war Israel in den vergangenen Tagen unter zunehmenden Druck geraten. Mehr als hundert Hilfsorganisationen hatten zuletzt vor einem "massenhaften Verhungern" in dem Palästinensergebiet gewarnt.

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