Beschimpfungen, Unterstellungen, Fälschungen: Jerome Powell steht im Kreuzfeuer von Donald Trump und dessen Anhängern. Der US-Präsident will den Zentralbankchef unbedingt loswerden. Doch der bleibt standhaft - und ist damit einer der letzten seiner Art in Washington.
"You are fired" - "Sie sind gefeuert": Diesen drei Worten verdankt Donald Trump seine Bekanntheit. Allzu gerne würde Trump den Spruch aus seiner früheren Fernsehshow "The Apprentice" dem Zentralbankchef Jerome Powell entgegenschleudern, der sich seinem Druck zur Senkung des Leitzinses einfach nicht beugen will. Nun hat Trump versucht, Powell vor laufenden Kameras bloßzustellen - doch dieser behielt einen kühlen Kopf.
Es war eine Szene, die US-Medien an die Büroserie "The Office" erinnerte, deutsche Beobachter mögen an die hiesige Adaption namens "Stromberg" gedacht haben: Trump - blauer Anzug, rosa Krawatte und weißer Schutzhelm - nahm am Donnerstag zusammen mit Powell die Renovierungsarbeiten bei der Zentralbank Fed in Washington in Augenschein. Dabei kritisierte er, der Fed-Chef habe die Kosten völlig aus dem Ruder laufen lassen. Diese lägen jetzt bei 3,1 Milliarden Dollar (2,6 Milliarden Euro). Die Fed selbst beziffert den Preis für die Asbestsanierung und weitere Umbauten auf 2,5 Milliarden Dollar.
Als Powell den Kopf schüttelte, zückte Trump ein Papier, um seinen Vorwurf zu erhärten. Powell setzte seine Lesebrille auf und stellte nach einem kurzen Faktencheck fest, der Präsident habe ein drittes Gebäude hinzugefügt, das bereits seit fünf Jahren fertig sei.
Kaum jemand gibt noch Contra
Damit gehört der 72-jährige Powell zu einer aussterbenden Art in Washington. Er ist ein hochrangiger Funktionsträger, der dem Präsidenten offen widerspricht. Der "Stromberg"-Vergleich hinkt allerdings, denn Trump ist nicht der "Boss" des Fed-Chefs und kann ihn auch nicht ohne weiteres feuern.
Dies könnte der Präsident nur bei einem schwerwiegenden Fehlverhalten, wie in den Fed-Statuten von 1913 festgelegt ist. Trump selbst hatte einen Rauswurf Powells Mitte Juli "höchst unwahrscheinlich" genannt, aber hinzugefügt: "außer er muss wegen Betrugs gehen". Damit spielte Trump auf die Renovierungskosten bei der Fed an. Belege für ein Fehlverhalten Powells lieferte der Präsident allerdings auch bei seinem Baustellenbesuch nicht.
Trump hatte den Republikaner Powell zu Beginn seiner ersten Amtszeit 2017 selbst ernannt. Seit seinem erneuten Amtsantritt im Januar überhäuft er ihn allerdings mit Schmähungen. Er nannte Powell einen "Trottel", "Schwachkopf" und "Loser". Anhänger des Präsidenten verbreiten auf Onlineplattformen derweil gefälschte Rücktrittsschreiben oder -videos des Fed-Chefs. Brian Gardner vom Finanzdienstleister Stifel hält all das für "Theater". Trump versuche, mit den Angriffen auf Powell von einem möglichen wirtschaftlichen Abschwung abzulenken, meint Gardner.
Fed warnt vor Trumps Plänen
Ökonomische Risiken sind auch der Hauptgrund für die Zurückhaltung der Fed. Die Zentralbank warnt seit Monaten vor einer angeheizten Inflation und steigenden Arbeitslosenzahlen durch Trumps Zollpolitik. Kommende Woche, am Dienstag und Mittwoch, berät der sogenannte Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed erneut über einen Zinsschnitt. Experten erwarten, dass das zwölfköpfige Gremium den Leitzins wie bisher in der Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent belässt.
Trump fordert dagegen eine Senkung um ganze drei Prozentpunkte. Vom billigen Geld könnten potenzielle Hauskäufer und andere Kreditnehmer profitieren, argumentiert der Präsident. Das Tilgen der Staatsschulden würde ebenfalls günstiger. Diese dürften wegen Trumps kürzlich gebilligtem Steuersenkungs-Gesetz auf neue Rekordhöhen steigen.
Powell will den Posten an der Fed-Spitze bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit am 15. Mai 2026 ausfüllen. Längst kursieren in US-Medien Namen möglicher Nachfolger. Finanzminister Scott Bessent ist ebenso im Gespräch wie das frühere Mitglied im Fed-Vorstand, Kevin Warsh. Der 55-jährige Republikaner Warsh forderte kürzlich einen "Regimewechsel" bei der Fed im Sinne Trumps.
Warsh sei nicht mehr als ein "Schoßhund" des Präsidenten, kritisiert der US-Ökonom Paul Krugman, Träger des sogenannten Wirtschaftsnobelpreises. Im Prinzip sei es aber egal, wer das Rennen um die Powell-Nachfolge mache. "Der nächste Vorsitzende der Fed wird ein gehorsamer Parteigänger sein", prophezeit Krugman. Für die jahrzehntelang gepriesene Unabhängigkeit der Fed von der Politik wäre das wohl der Todesstoß.
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