Die USA sind nach China der Hauptverursacher der Klimakatastrophe. Seit 2009 reguliert die dortige Umweltbehörde EPA die Luftverschmutzung auf einer grundlegenden Feststellung: Treibhausgase gefährden Menschenleben. Trump plant eine radikale Wende.
Ist es ohnehin zu spät? Die prognostizierten Folgen des globalen politischen Zögerns sind bekannt und haben schon begonnen: steigende Meeresspiegel, Extremwetter und Naturkatastrophen, Hunger und Millionen Menschen auf der Flucht. Es geht, das ist wohlbekannt, um größtmögliche Schadensbegrenzung. Doch nach einem halben Jahr im Amt steht US-Präsident Donald Trump kurz davor, zusätzlich mit maximaler Wucht auf die Klimaschutzbremse zu treten. Womit er eine globale Massenkarambolage verursachen könnte.
Die US-Regierung plant, offiziell die wissenschaftliche Grunderkenntnis des Klimawandels zu ignorieren, schreiben US-Medien: Die US-Umweltbehörde EPA hat dem Weißen Haus demnach ein Dokument vorgelegt, mit der sie die sogenannte Gefährdungsfeststellung ("endangerment finding") widerrufen würde. Die besagt, dass Treibhausgase wie CO2 und Methan das Leben von Menschen gefährden. Auf dieser Basis verhängt Washington über die EPA und den Clean Air Act seit 2009 landesweit Umweltauflagen gegen Autos, Lkw, den Öl- und Gassektor - und setzt sie juristisch durch.
Besteht die Neuregelung - nach voraussichtlichen Klagen - vor Gericht, kann Trump praktisch alle Beschränkungen für Luftverschmutzung mit Treibhausgasen außer Kraft setzen. Es wäre ein Sargnagel für koordinierten Umweltschutz aus Washington - und die radikale Abkehr der Vereinigten Staaten von dem Versuch, die Erderwärmung auf plus 1,5 Grad Celsius oder eine nach oben veränderte Zieltemperatur zu begrenzen. Die USA sind der zweitgrößte Treibhausgas-Luftverschmutzer nach China und haben mit Abstand den höchsten Pro-Kopf-Ausstoß weltweit. Der Transportsektor ist für den größten Anteil verantwortlich.
"EPA versucht, eigene Befugnisse untergraben"
Die Behörden seien nicht verpflichtet, Treibhausgasausstoß zu begrenzen, werde das Argument lauten, berichten US-Medien. "Wir werden kommende Woche einen Vorschlag sehen, der die Gefährdungsfestellung abschaffen soll, und zugleich alle Abgasauflagen für Autos und Lastwagen", sagt Joseph Goffman, Vizechef des EPA-Ressorts für Luft und Strahlung unter Ex-Präsident Joe Biden, im Gespräch mit ntv.de: "Die EPA versucht, ihre eigenen Befugnisse zu untergraben." Dies sei ein weiterer Schritt der Regierung, um unter anderem Investitionen in Erneuerbare Energien zu ersticken.
Die EPA werde argumentieren, dass Klimaauflagen für Autohersteller den wahren Schaden für die menschliche Gesundheit darstellten, da dies zu höheren Preisen und einer geringeren Auswahl für die Verbraucher führen würde, schreibt die "New York Times".
Wollte die Welt die Zielmarke von 1,5 Grad Celsius noch erreichen, müsste sie innerhalb von drei Jahren ohnehin alle klimaschädlichen Emissionen auf null reduzieren - was unter derzeitigen Voraussetzungen praktisch unmöglich erscheint. Danach steigt die Erderwärmung immer weiter.
Trump hatte schon im Wahlkampf gesagt, rücksichtslos auf fossile Energieträger wie Öl und Gas setzen zu wollen. "Bohren, baby, bohren" (drill, baby, drill), kündigte er an. Nach seiner Vereidigung traten die Vereinigten Staaten aus dem Pariser Klimaabkommen aus. Mitte Juli kündigte die EPA an, ihre Forschungsabteilung zu schließen. Unter anderem untersuchte sie die Gefahren von Giftstoffen für Menschen.
Klimapaket rückgängig gemacht
Erst vor drei Jahren hatte der damalige Präsident Joe Biden ein historisches Klimapaket durch den Kongress gebracht, das zahlreiche Anreize für den Umbau zu Erneuerbaren Energien enthielt. Damit hätten die USA ihre Emissionen gegenüber 2006 um rund 40 Prozent bis 2030 verringert, prognostizierten Experten.
Die größten Teile davon hat Trump mit seinem großen Haushalts- und Gesetzespaket, dem sogenannten "big, beautiful bill", wieder eingestampft. Investitionen in Erneuerbare Energie, in Elektroautos und landesweites Ladenetz, Wind- und Solarenergie hat Trumps Regierung so gestoppt. "Wir sehen ein Projekt zur vollständigen Vernichtung der amerikanischen Politik für saubere Energie und Klimaschutz", resümiert Goffman das erste halbe Jahr von Trumps zweiter Amtszeit.
Die Gefährdungsfeststellung hat bislang ermöglicht, der Industrie Auflagen zu machen, damit diese ihren Schadstoffausstoß verringern. Biden hatte so die historisch schärfsten Auflagen für die US-Autoindustrie verhängt, die so innerhalb weniger Jahre zu einem aggressiveren Angebot von Elektrofahrzeugen und weg von Verbrennern gebracht werden sollte.
Großzügige Wahlkampfspenden an Trump
Als Präsidentschaftskandidat hatte Trump rund 100 Millionen Dollar an Wahlkampfhilfen aus dem Öl- und Gassektor erhalten. Insgesamt gab die Industrie mindestens 450 Millionen Dollar aus, um Republikaner zu beeinflussen. Dazu kommen mutmaßlich nicht deklarierte Wahlkampfhilfen, sogenanntes "dunkles Geld".
Setzt sich das Weiße Haus durch und die Umweltbehörde verliert ihre Befugnisse, wäre das ein gigantisches "Fuck you" an den Rest der Welt. Trumps radikales Umsteuern werde aller Voraussicht seine gesamte Präsidentschaft dauern, meint Goffman. Nach der Veröffentlichung dürfen Bürger kommentieren, dann dürfte es Klagen dagegen geben und wahrscheinlich landet die Neuregelung am Ende vor dem Supreme Court. "Es wird womöglich ein Rennen geben zwischen der Wahl einer neuen Regierung der Demokraten und einer abschließenden Entscheidung des Supreme Court", meint Goffman.
Beschneidet der konservativ dominierte Supreme Court die Kompetenzen der EPA, müsste der Kongress neue Gesetze verabschieden, um die Umwelt zu schützen. Auch einzelne Bundesstaaten könnten Umweltschutzgesetze und Abgasauflagen beschließen. Doch Trumps Regierung hat deutlich gemacht, dass sie versuchen würde, die Bundesstaaten daran zu hindern. Auch dieser Konflikt dürfte vor den Gerichten landen.
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