Die Unzufriedenheit in Japan wächst. Ministerpräsident Ishiba verliert bereits im Oktober 2024 die Mehrheit im wichtigeren Unterhaus. Jetzt bröckelt auch im Oberhaus die Macht. Es kriselt politisch. Dabei steht das Land vor großen Herausforderungen - eine rechte Partei weiß die für sich zu nutzen.
In Japan hat die Regierungskoalition von Ministerpräsident Shigeru Ishiba bei der Oberhauswahl einen folgenschweren Rückschlag erlitten. Wie japanische Medien auf Basis von Wählerbefragungen nach Schließung der Wahllokale berichteten, verloren Ishibas Liberaldemokratische Partei (LDP), die Japan seit 1955 fast ununterbrochen regiert, und ihr Juniorpartner Komeito deutlich an Sitzen. Die Koalitionsparteien gewannen nur rund 41 von 125 bei der Wahl zu besetzenden Sitzen.
Der 68-jährige, frühere Verteidigungsminister Ishiba war erst im vergangenen Oktober, nach mehreren Anläufen, an die Spitze der Regierung gekommen. Er rief danach sofort Neuwahlen aus, um sich Rückhalt für seinen Reformkurs zu sichern. Doch bei der Wahl zum Unterhaus kurz danach verlor seine Koalition die Mehrheit, sodass er seither auf kleinere Koalitionspartner angewiesen ist und seine Agenda dadurch eingeschränkt wird.
Der mit Deutschland zur G7-Gruppe gehörenden Wirtschaftsnation droht politische Instabilität. Hintergrund der Wahlniederlage für die Koalition ist laut Umfragen die Unzufriedenheit im Wahlvolk über die steigenden Preise und die Einwanderungspolitik. Davon profitieren rechtspopulistische Kleinparteien wie die offen ausländerfeindliche Partei Sanseito. Zuletzt musste sie sich gegen den Vorwurf der Verbindungen zu Moskau verteidigen, dennoch konnte sie den Berichten zufolge bei der Oberhauswahl deutlich zulegen. Die größte Oppositionspartei, die Konstitutionelle Demokratische Partei Japans des früheren Ministerpräsidenten Yoshihiko Noda, konnte demnach ebenfalls Mandate hinzugewinnen.
Experte hält Regierungswechsel für wahrscheinlich
Ishiba deutete in der Wahlnacht an, dass er im Amt bleiben will, auch wenn wichtige Oppositionskräfte die Möglichkeit einer Koalition mit dem Regierungslager ausschlossen. "Ich möchte mir meiner eigenen Verantwortung bewusst sein, die Probleme richtig anzugehen". LDP-Generalsekretär Hiroshi Moriyama sagte laut Medien, ein politisches Vakuum müsse vermieden werden.
"Auch wenn sich die Regierungskoalition jetzt noch an die Macht klammern kann, deutet viel darauf hin, dass sie bei der nächsten Unterhauswahl abgelöst werden wird", erklärte Axel Klein, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen, in Tokio. "Die Wählerschaft glaubt jetzt daran, dass die Opposition realistische Chancen auf eine Regierungsübernahme hat, und wird deshalb sehr viel eher bereit sein, bei der nächsten Wahl für eine der Oppositionsparteien zu stimmen", sagte Klein.
Ausländer erstmals Wahlkampfthema
Die Rechtsaußen-Partei Sanseito ist die erste Partei in Japan, die erfolgreich das Thema Ausländer in politische Währung ummünzte. "Wie in anderen Demokratien auch gibt sich die xenophobe Partei nationalistisch, revisionistisch und populistisch und verspricht eine Rückkehr zur guten alten Zeit", erläutert Experte Klein.
In Japan, das stolz auf seine homogene Gesellschaft ist, sind lediglich drei Prozent der 124 Millionen Einwohner Ausländer. Angesichts des Arbeitskräftemangels infolge der Überalterung der Gesellschaft nimmt ihre Zahl jedoch stark zu. Im vergangenen Jahr stieg sie um 10,5 Prozent auf den Rekord von rund 3,8 Millionen. Die japanische Gesellschaft ist jedoch viel weniger auf den Zuzug vorbereitet als europäische Gesellschaften.
Japans Medien berichten vermehrt über negative Seiten der Zuwanderung wie Missbrauch der nationalen Krankenversicherung und mehr Verkehrsunfälle. Hinzu kommt der Boom an ausländischen Touristen. In Medien ist oft von rüpelhaftem Verhalten die Rede. Immer mehr Japaner fühlen sich unwohl.
Aber auch der Unmut in der Bevölkerung angesichts der gestiegenen Lebenshaltungskosten ist groß. Er mache sich vor allem Sorgen darüber, dass die Gehälter nicht ansteigen, sagte der 54-jährige Wähler Atsushi Matsuura, der in Tokio seine Stimme abgab. Die 65-jährige Wählerin Hisayo Kojima kritisierte, ihre Rente werde "schmaler und schmaler". Auch der Handelsstreit mit den USA ist nicht gelöst - ab 1. August drohen Japan Strafzölle von 25 Prozent.
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