Zu Beginn der Sommerpause des Bundestags schreibt Jens Spahn einen Brief an die Fraktion, der er vorsitzt. Darin lobt er zwar die Bilanz der Regierung, zeigt sich aber auch zerknirscht über die gescheiterte Richterwahl am Freitag - und sieht auch sich selbst in der Verantwortung.

Unionsfraktionschef Jens Spahn hat in einem Brief an die Bundestagsfraktion von CDU und CSU eine Mitverantwortung für die missglückte Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht eingeräumt. Die Bilanz der schwarzroten Regierung nach 70 Tagen könne sich sehen lassen, schrieb Spahn. "Dass diese Bilanz nun durch die Ereignisse der letzten Woche im Zusammenhang mit der Richterwahl überschattet wurde, ärgert mich sehr", betonte der CDU-Politiker in dem Schreiben. "Dass ich als Fraktionsvorsitzender daran eine Verantwortung trage, ist mir bewusst." Er werde nun alle Energie darauf verwenden, dass die Unionsfraktion "verlässlicher Stabilitätsanker" der Koalition bleibe.

"Der letzte Freitag war für die Koalition ein schwerer Tag. Da gibt es nichts schönzureden", räumte Spahn zu Beginn des Briefes ein. "Auch wenn eine vertagte Richterwahl sicher keine Staatskrise ist." Man werde im geschäftsführenden Fraktionsvorstand die Lage beraten. Es bestehe keine Dringlichkeit, weil das Verfassungsgericht voll arbeitsfähig sei, betonte Spahn wie zuvor schon Kanzler Friedrich Merz.

"Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam mit der SPD eine Lösung finden werden", fügte Spahn hinzu. Wie diese aussehen könnte, deutete er nicht an. Aus der SPD-Fraktion hieß es, Brosius-Gersdorf wolle nicht auf ihre Kandidatur verzichten. Bereits am Freitag hatte SPD-Fraktionschef Matthias Miersch erklärt, die SPD halte an ihren Kandidatinnen fest.

Spahn verwies zudem auf die Bedeutung der Klausurtagung der geschäftsführenden Vorstände von CDU/CSU und SPD Ende August. Man werde über den Sommer über die Zusammenarbeit in der Fraktion und zwischen den Koalitionsfraktionen beraten. "Die Frage des Gemeinsamen und des Vertrauens ist zentral", so Spahn.

Brosius-Gersdorf will sich selbst äußern

In der Unions-Fraktion hatte es Vorbehalte gegen die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf gegeben. Spahn erklärte, es sei ein Fehler gewesen, dass dabei der Eindruck entstanden sei, ein Plagiatsverdacht sei die zentrale Kritik an der Kandidatin gewesen. Beide Seiten hätten einen Anteil daran, dass man am Freitag keine Lösung mehr habe finden können. Die Koalitionsfraktionen seien "nicht gut gewappnet" gewesen gegen eine von außen kommende Emotionalisierung und Polarisierung. Man dürfe aber auch nicht zulassen, dass der Einsatz von Unionspolitikern für Lebensschutz als "rechts oder gar rechtsextrem diffamiert" werde.

Etliche Unions-Politiker hatten ihren Widerstand gegen Brosius-Gersdorf mit deren liberalen Haltung zum Schwangerschaftsabbruch begründet. Weil keine Zweidrittel-Mehrheit mehr für Brosius-Gersdorf sicher war, waren alle drei Richterwahlen am Freitag abgesagt worden. Danach gab es scharfe Kritik an Spahn, der als Fraktionschef für die Beschaffung von Stimmen und Mehrheiten zuständig ist.

Brosius-Gersdorf selbst will sich einem Medienbericht zufolge am Dienstag öffentlich äußern. Sie wolle ihre Positionen mit einer Stellungnahme erklären, berichtete das Nachrichtenportal Politico. Die Stellungnahme soll demnach schriftlich verbreitet werden. Brosius-Gersdorf will demnach auf Vorwürfe ihrer Kritiker eingehen und Irritationen ausräumen. Die Rechtsprofessorin hält dabei weiter an ihrer Kandidatur fest, wie es weiter heißt.

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