Als Boris Jelzin während seiner Neujahresansprache an Silvester 1999 seinen Rücktritt erklärt, kommt das für den Westen damals überraschend. Was folgt, sind die noch andauernden Jahrzehnte unter Wladimir Putin. Der will sich noch wenige Monate zuvor, wie er nun sagt, aber gar nicht bereit gefühlt haben.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat in einem Interview behauptet, Zweifel an seiner eigenen Eignung als Präsident gehabt zu haben, bevor er die Amtsgeschäfte von seinem am 31. Dezember 1999 zurückgetretenen Vorgänger Boris Jelzin übernahm. Und diesem seine Zweifel auch mitgeteilt zu haben.

"Für mich kam es erstens unerwartet", gibt sich Putin gegenüber dem Interviewer bescheiden, "und zweitens, nun ja, ich glaube, ja, ich wollte nicht, weil ich mich nicht bereit fühlte." Es habe viele dringende Angelegenheiten für das Land gegeben. Er habe darüber nachgedacht, wie Probleme gelöst werden können. "Und ich habe darüber nachgedacht, ob es möglich sein würde es zu tun, ob ich damit fertig werden könnte", so Putin laut Zitation der Agentur Tass.

Nur Legendenbildung?

Seine Zweifel soll Putin Jelzin mitgeteilt haben, kurz bevor dieser ihn im August 1999 zum Ministerpräsidenten ernannte - laut Tass schon mit dem Plan, einen Nachfolger als Präsidenten zu finden. Wenige Monate später war es dann - trotz Putins angeblicher Selbstzweifel - so weit. Am Vormittag des 31. Dezember erklärte Jelzin in Moskau für den Westen damals völlig überraschend seinen Rücktritt. Sein Ministerpäsident Putin übernahm die Amtsgeschäfte und setzte sich auch bei der Präsidentenwahl im März 2000 durch.

Ob Putins im Interview zur Schau gestellte Bescheidenheit lediglich zur biographischen Legendenbildung gehört, ist unklar. Männer, die Jahrzehnte in Machtsesseln sitzen, werden in der Regel nicht mit Selbstzweifeln an ihren eigenen Fähigkeiten, eine Rolle auszufüllen, in Verbindung gebracht, also quasi einem leichten "Imposter"-Syndrom. Und Putin war ja bereits in Machtpositionen gewesen, unter anderem als Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB.

Auch in seiner kurzen Zeit als Ministerpräsident ab August 1999 präsentierte sich Putin direkt als Mann der Tat. Nach einer Bombenexplosion in einem Einkaufszentrum in der Moskauer Innenstadt und einer Serie von nie aufgeklärten Anschlägen auf Wohnhäuser in der russischen Hauptstadt lastete er dies tschetschenischen Terroristen an. Putin entsendete im Oktober 1999 Truppen in die Kaukasusrepublik, die ihm zufolge Terroristen bekämpfen sollen. Der zweite Tschetschenienkrieg war bereits die erste Maßnahme Putins vor der Übernahme des Präsidentenamtes. Nicht Jelzin, sondern Putin war es, der die Militäraktion in Tschetschenien leitete und dafür bei den Russen an Ansehen gewann.

Es gebe einen starken Mann, mit denen alle Russen Hoffnungen verbinden würden, den er nicht behindern dürfe, sagte Jelzin wenige Wochen später bei seiner Neujahrsansprache, die zur Rücktrittsüberraschung wird. Gemeint war Putin, der so den Gipfel der Macht erklomm.

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