In Tel Aviv demonstrieren erneut Tausende für einen Waffenstillstand und die Freilassung aller Geiseln aus den Händen der Hamas. Es sieht nicht so aus, als würden ihre Forderungen erhört. Die Gespräche über eine Feuerpause stecken fest. Hauptstreitpunkt sind die Landkarten.

Die indirekten Gespräche zwischen Israel und der Hamas über eine 60 Tage lange Waffenruhe im Gaza-Krieg sind informierten Kreisen zufolge ins Stocken geraten. Beide Seiten machen sich demnach gegenseitig für den mangelnden Fortschritt verantwortlich. Ziel der Gespräche in der katarischen Hauptstadt Doha ist außer der Waffenruhe die Freilassung von zehn lebenden Geiseln aus der Gewalt der Hamas sowie die Übergabe von Leichen mehrerer Verschleppter.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu würde durch das Hinzufügen immer neuer Bedingungen den Gesprächen Hindernisse in den Weg legen, sagte ein Vertreter der Hamas in Kairo. Der Hamas-Mann erwähnte insbesondere, dass die israelische Delegation neue Landkarten für den von Israel angestrebten Truppenrückzug aus dem Gazastreifen vorgelegt habe. Israelischen Medienberichten zufolge besteht die israelische Führung darauf, das Militär in einem weitflächigen Areal im Süden des Gazastreifens zu belassen.

Israels Verteidigungsminister Israel Katz hatte zu Wochenbeginn gesagt, dass Israel im südlichen Gazastreifen - auf den Trümmern der Grenzstadt Rafah - eine sogenannte "humanitäre Stadt" für 600.000 durch den Krieg vertriebene Palästinenser errichten wolle. Kritiker sprechen von einem Internierungslager, das langfristig auf eine Zwangsdeportation hinauslaufen könnte. Israel spricht davon, Palästinensern eine "freiwillige Ausreise" zu ermöglichen.

Die in Doha vorgelegten Landkarten berücksichtigen Medienberichten zufolge die Erfordernisse für die Einrichtung eines solchen Lagers. Für die Hamas ist diese Forderung inakzeptabel. Ihrem Standpunkt zufolge sollte sich das israelische Militär auf die Positionen zurückziehen, die es vor dem Zusammenbruch der letzten Waffenruhe im März eingenommen hatte.

Israel: Hamas sabotiert Verhandlungen

Ein israelischer Regierungsvertreter warf der Gegenseite vor, die Verhandlungen mit ihrer Kompromisslosigkeit zu sabotieren. Die Hamas begleite die Gespräche mit einer "Kampagne der psychologischen Kriegsführung", hieß es. "Israel zeigte Bereitschaft zu Flexibilität, während die Hamas (...) in Positionen verharrt, die es den Vermittlern nicht erlauben, zu einem Abkommen zu gelangen", zitiert die israelische Zeitung "Jediot Achronot" einen israelischen Offiziellen. Die Verhandlungen würden aber weitergeführt, fügte er hinzu. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben beider Konfliktparteien ist derzeit nicht möglich.

Bei den indirekten Gesprächen vermitteln Katar, Ägypten und die USA. Im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln und die Übergabe der Leichen von Entführungsopfern entlässt Israel palästinensische Strafgefangene aus seinen Gefängnissen. Die Einzelheiten dieses Teils der Abmachung konnten auch schon bei vergangenen Waffenruhen relativ glatt ausverhandelt werden.

Proteste in Israel

In Israel haben derweil am Abend erneut Tausende Menschen für die Freilassung der Entführten demonstriert, von denen mindestens 20 noch am Leben sein dürften. "Das Zeitfenster, um alle 50 Geiseln, die Lebenden und die Toten, nach Hause zu bringen, ist jetzt offen - aber nicht mehr lange", sagte Eli Scharabi als Redner auf der zentralen Kundgebung in Tel Aviv. Der 53-Jährige war selbst 16 Monate lang Geisel in den Tunneln der Hamas in Gaza, seine Frau und seine beiden Töchter wurden beim Massaker am 7. Oktober ermordet.

Aus Sicht der Demonstrierenden zieht die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Prozess der Geiselfreilassung in die Länge. Laut dem Plan, der jetzt auf dem Tisch liegt, soll über die Freilassung der letzten Geiseln erst im Laufe der angestrebten 60-tägigen Feuerpause verhandelt werden. Eine Aussicht auf Freilassung haben sie nur, wenn es dabei zu einer Einigung über eine dauerhafte Einstellung der Kampfhandlungen kommt. Kritiker werfen Netanjahu vor, durch das Hinauszögern der Schritte zu einem Kriegsende sein eigenes politisches Überleben sichern zu wollen

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