Als Chefin der größten Oppositionspartei ist es der Job von AfD-Chefin Weidel, die Regierung hart zu kritisieren. Doch im Bundestag überzieht sie maßlos. Ihre Rede ist rassistisch und mit Lügen garniert.

Die Generaldebatte zum Haushalt ist ein Popcorn-Moment für Politik-Nerds - da geht's im Bundestag zur Sache, da wird leidenschaftlich gestritten und ja, auch überspitzt, übertrieben und überdreht. Aber jeder gute Kampf braucht Regeln. Auch im Bundestag. Ganz oben auf der Liste sollte stehen: Bei den Fakten bleiben. Bei ihrer Rede pfiff AfD-Chefin Alice Weidel aber darauf und andere Regeln. Insbesondere ihre rassistischen Kommentare gegenüber Syrern, Irakern und Afghanen waren mehr Hetze als Debattenbeitrag.

Eine Oppositionspartei darf und soll harte Kritik an der Regierung üben. Wenn die AfD weniger Zuwanderung, ein Ende des Asylrechts oder in letzter Konsequenz einen Austritt aus der EU will, soll sie das fordern. Eine andere Frage ist, ob das auch klug wäre. Darüber müssen die Menschen bei der Wahl entscheiden. Es geht um Meinungsfreiheit, auch wenn die weh tut. Nur: Rassismus ist keine Meinung.

So wie sich Weidel aber über Syrer, Iraker und Afghanen äußerte, kann man das nur als rassistisch bezeichnen. Man muss das hier nicht alles noch einmal aufschreiben und damit reproduzieren. Nur so viel: Syrer und Afghanen seien überproportional für "Sexualdelikte, Vergewaltigungsorgien und Gruppenvergewaltigungen" sowie Messerangriffe verantwortlich. Junge Mädchen würden von in Freibädern belästigt und missbraucht, die Islamisierung schreite voran. Muslimische Schüler terrorisierten ihre Mitschüler und Lehrer.

Migration bedeutet nicht nur Ärger

Ja, das alles gibt es. Ja, das darf man ansprechen. Man kann auch kritisieren, dass diese Probleme zu lange verharmlost und zu lange weggesehen wurde. Aber Probleme anzusprechen ist etwas anderes als ganze Gruppen, ja ganze Völker, als kriminell, gefährlich und bedrohlich abzustempeln. Ausdrücklich sprach Weidel von "inkompatiblen Kulturen". Inkompatibel, das Wort kennt man aus der Computersprache. Ist etwas inkompatibel, dann funktioniert es nicht, dann kann man auch nichts machen, dann hilft nur etwas anderes. Aber so ist es nicht. Menschen können sich ändern. Mal ganz davon abgesehen, dass Migration mehr als Ärger bedeutet.

Ja, Zuwanderung erzeugt nicht pure Harmonie, sondern auch Konflikte. Aber Erklärungen wie die, dass Straftaten von Geflüchteten oft in Sammelunterkünften stattfinden, spielten keine Rolle. Oder, dass auch die Opfer häufig Ausländer sind. Oder, dass Menschen mit geringerem Einkommen häufiger straffällig werden. Junge Männer eher zur Gewalt neigen. Es Normalisierungseffekte nach der Corona-Pandemie gab und gibt. Übrigens zeigt die polizeiliche Kriminalstatistik: Syrer und Afghanen sind nicht überdurchschnittlich kriminell. Und Deutschland ist heute sicherer als in den 90er und 2000er Jahren.

Trotzdem, man darf sich weniger Zuwanderung, auch mehr Abschiebungen wünschen, aus welchen Gründen auch immer. Das ist nicht rassistisch. Rassistisch ist es, zu sagen: Die sind alle kriminell, das ist ihre Natur. Aber auch dabei jonglierte Weidel mit irreführenden Zahlen. Das tun - zugegeben - viele Politiker. Aber das macht es nicht besser. So sagte sie, im vergangenen Jahr seien 120.000 Menschen über den Familiennachzug nach Deutschland gekommen. Davon waren aber nur 28.300 Angehörige von angenommenen Asylbewerbern aus den vier wichtigsten Ländern. Es waren auch ganz andere darunter, zum Beispiel ausländische Ehepartner von Deutschen. Oder Familien von Fachkräften. Da geht es mitnichten immer um Sozialhilfeempfänger. Sondern auch um Steuerzahler. Subsidiär Schutzberechtigte, die den Großteil der Geflüchteten ausmachen, dürfen ohnehin nicht mehr ihre Familie nachholen.

Alle Syrer, Afghanen und Iraker zu diffamieren und ihnen zu unterstellen, sie machten Deutschland zur "Hochrisikozone" ist völlig überzogen. Aus Weidels Rede vermittelt sich deshalb insbesondere eine Botschaft: Es gibt diese Probleme, weil die Syrer, Afghanen und Iraker nun einmal so sind. Sie sind eben Kriminelle und Vergewaltiger. Weidel sagt es nicht so plump, aber folgt man ihrer Argumentation, gibt es nur eine Konsequenz: Ausländer raus. Das ist aber keine Politik. Das ist Hass.

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