Pavel Talankin ist Lehrer in einer russischen Kleinstadt, als er ein Angebot erhält: Für einen westlichen Filmemacher soll er heimlich den Alltag in der Schule aufnehmen. Das Material wird später zu einem Dokumentarfilm verarbeitet. Dieser gewährt erschreckende Einblicke.

Beinahe hätte der russische Lehrer Pavel Talankin seinen Job aufgegeben, weil er es nicht mehr aushielt, den Kindern seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs Regierungspropaganda eintrichtern zu müssen. Doch dann kontaktierte ihn ein westlicher Filmemacher und schlug ihm vor, seine Beobachtungen zu dokumentieren. Und so filmte Pavel Talankin zwei Jahre lang immer wieder, wie in der russischen Kleinstadt Karabach im Ural der Staat seine Schulkinder auf den Krieg einschwört und sie manipuliert.

Dabei kam es Talankin zugute, dass er der Videobeauftragte in seiner Schule war. Er filmte, wie die Kinder lernten, im Gleichschritt zu marschieren. Er filmte einen Wettbewerb im Granatenwerfen und Unterrichtsstunden, in denen die Ukrainer als Neonazis bezeichnet wurden. Bei einem Schulbesuch von Wagner-Söldnern bekamen die Kinder verschiedene Waffentypen erklärt und wurden mit militärischen Überlebenstipps bedacht. "Macht den Helm nicht unterm Kinn zu. Wenn ihr einen Kopfschuss bekommt, bricht es euch das Genick", erklärte da ein Uniformierter vor einer Klasse mit betreten schauenden Jugendlichen. Irgendwann wurde Talankin klar, dass er nicht mehr bleiben konnte.

Im vergangenen Sommer verließ er seine Heimat, seine Mutter und Geschwister und schaffte es bis nach Prag. Im Gepäck hatte er sieben Festplatten mit stundenlangen Aufnahmen, die auf erschreckende Weise deutlich machen, wie sehr die nächste Generation in Russland bereits manipuliert wird. Der US-dänische Filmemacher David Borenstein, der Talankin kontaktiert hatte, verarbeitete dieses Material zu einem Dokumentarfilm mit dem Titel "Mr. Nobody against Putin". Dieser hatte im Januar auf dem Sundance Festival in den USA Premiere. Talankin weiß, dass er nun nicht mehr so leicht nach Russland zurückgehen kann. "Ich bin dort zur unerwünschten Person erklärt worden", sagt der 34-Jährige im Gespräch von Prag aus, wo er derzeit lebt.

Auch Putin kommt in Dokumentarfilm vor

Dennoch bereut er seine Aktion nicht. "Ich würde es wieder machen", erklärt er. "Es war ein riesiges Opfer für ihn", sagt auch Regisseur Borenstein. Er war erleichtert, dass die Premiere des Films von der Kritik gut aufgenommen wurde. Talankin hatte wegen bürokratischer Probleme nicht zum Sundance Festival reisen können. Er bekam aber auch positive Reaktionen von Zuschauern. Ein Tscheche habe ihm gesagt, dass er einen Hass auf Russen empfinde. Aber als er den Film gesehen habe, habe er gedacht: "Wir hatten keine Ahnung, was sie da mit euch gemacht haben", zitiert Talankin den Mann.

"Der Film zeigt die verdeckte Seite der Propaganda in Russland, wo schon kleine Kinder im Visier sind", sagt Alexandra Fechner, die den Dokumentarfilm in Frankreich vertreibt. "Für sie wird die Geschichte umgeschrieben, und man gibt ihnen Waffen in die Hand", fügt sie hinzu. Dabei hat der Film durchaus auch komische Momente.

In einer Szene erklärt ein Geschichtslehrer den Kindern, dass Europäer bald nicht mehr in der Lage sein würden, Gas zu kaufen. "Die Franzosen werden dann auf Pferden reiten müssen, wie die drei Musketiere", erklärt er ihnen. Auch der russische Präsident Wladimir Putin kommt in dem Film zu Wort: "Nicht Befehlshaber gewinnen Kriege, sondern Lehrer", sagt Putin. Deutlicher lässt sich das russische Interesse an der Indoktrination der Schulkinder nicht beschreiben.

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