Drückt US-Präsident Trump seine widersprüchlichen Versprechen durch? Der Kongress soll so schnell wie möglich das höchst umstrittene Gesetzes- und Haushaltspaket verabschieden. Die Republikaner zweifeln, so viel ist klar. Doch nun kommt schlechtes Wetter hinzu.

In amerikanischen Träumen fahren Autos, mit denen man die weite Wildnis der Vereinigten Staaten überwinden kann, etwas erreichen, schaffen. Das gilt auch bei Kongressmitgliedern, die sich wegen US-Präsident Donald Trump in den Wagen setzen mussten, um rechtzeitig für ihre Abstimmung nach Washington zu kommen. Schließlich hatte er sich in den Kopf gesetzt, sein gigantisches Gesetz- und Haushaltspaket am Unabhängigkeitstag des 4. Juli unterschreiben zu wollen. Doch dann annullierten Fluggesellschaften mehr als 200 Flüge nach und aus Washington und machten dadurch die Reisepläne von Abgeordneten zunichte.

Die Bedeutung des Pakets für Trump und die anderen Politiker in Washington ist riesig. Darin ist fast alles gebündelt, was Trump im Wahlkampf versprochen hatte. Scheitert es, könnte er auch parteiintern infrage gestellt werden. Das Gesetzespaket soll die USA zudem vor der Staatspleite bewahren. Doch die Mehrheitsverhältnisse im Kongress sind äußerst knapp. Falls die Demokraten im Repräsentantenhaus geschlossen gegen das Projekt stimmen, können sich die Republikaner nur drei Abtrünnige leisten. Das Unwetter und die annullierten Flüge könnten den Plan mit dem "großen, schönen Gesetzesentwurf" (big, beautiful bill) gefährden.

Mindestens drei Abgeordnete hatten sich am Dienstagabend ins Auto gesetzt und fuhren aus ihren fernen Wahlkreisen in Richtung Washington, D.C., um bei der Abstimmung dabei zu sein. Darunter auch ein voraussichtlicher Gegner: Raja Krishnamoorthi hatte eine 16-Stunden-Fahrt vor sich. "Wir haben etwas Benzingeld, wir haben ein paar Snacks, wir fahren los", wird der Oppositionielle von "Politico" zitiert. Er und alle anderen Demokraten werden "auf keinen Fall" (hell no) für das "große hässliche Gesetz" stimmen, wie es Minderheitsführer Hakeem Jeffries ausdrückte.

Langer Weg

Das Projekt grob zusammengefasst: Der Kongress soll höhere Ausgaben für zusätzliche Abschiebungen und Grenzsicherung sowie mehr Steuersenkungen absegnen, die insbesondere Besserverdienern zugutekommen, und einen Teil davon mit weniger Aufwendungen für die staatliche Krankenversicherung einsparen. Sie versorgt hauptsächlich untere Einkommensschichten. Trotz aller öffentlichen Beteuerungen der Republikaner und Trumps, das so wichtige Medicaid nicht anzufassen - tun sie ebendies. Dadurch verlören innerhalb der kommenden zehn Jahre etwa 12 Millionen von 70 Millionen so abgesicherten US-Amerikanern ihre Krankenversicherung.

Das Paket hat bereits einen langen Weg hinter sich. Es wurde zunächst im Repräsentantenhaus geschnürt und beschlossen, dann vom Senat deutlich verändert und muss deshalb nun erneut von der anderen Kongresskammer verabschiedet werden. Erst dann wird es dem Präsidenten zur Unterschrift vorgelegt. Der Knackpunkt: Es ist durch die Runde wesentlich teurer geworden. Von Anfang an drehte sich ein innerparteilicher Streit um neue Schulden und die Krankenversicherung, die so viele Wähler betrifft.

Die Aufgabe aus dem Weißen Haus war: So wenige neue Schulden wie möglich machen, aber so viele Versprechen Trumps wie möglich umsetzen, um nicht den Zorn des Präsidenten auf sich zu ziehen. Ein Dilemma. Das Paket wird in der Version des Senats mindestens 3,3 Billionen neue Schulden in den kommenden zehn Jahren hinzufügen - eine Billion mehr als die ursprünglich vom Repräsentantenhaus verabschiedeten Vorhaben. Dafür wollen die Republikaner auch die Schuldengrenze um 5 Billionen erhöhen. Andernfalls liefen die USA in diesem Sommer in den Bankrott, sie haben bereits 36,2 Billionen Dollar Schulden.

Zweifler in der eigenen Partei

Im Verlauf des Tages hat Trump mehrere Treffen mit zweifelnden Abgeordneten, berichtet "Politico". Eines ist mit moderaten Republikanern angesetzt, die sich gegen die Kürzungen bei Medicaid stemmen. Zu einem späteren Zeitpunkt setzt sich der Präsident mit denen auseinander, denen jegliche neuen Schulden ein Dorn im Auge sind. Trump muss sie alle überzeugen, trotz ihrer Bedenken für das Paket des Senats zu stimmen. Jede erneute Änderung würde eine Vorlage auf Trumps Schreibtisch am angepeilten 4. Juli sehr unwahrscheinlich machen. Das Paket müsste eine weitere Runde durch den Senat drehen.

Geht alles nach Plan, wird das Repräsentantenhaus am heutigen Mittwoch oder spätestens am Donnerstag entscheiden. So oder so würde Trump sich dafür feiern können, seine widersprüchlichen Forderungen auch im Kongress durchgesetzt zu haben. Nahezu niemand in den US-Medien geht davon aus, dass der "big, beautiful bill" komplett scheitern könnte.

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