Armand Zorn, 36, ist seit Mai stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. In dieser Funktion ist er zuständig für die Bereiche Wirtschaft, Energie, Tourismus, Digitales, Staatsmodernisierung und Verkehr. Der Politikwissenschaftler ist seit Oktober 2021 Mitglied des Bundestags. Zorn wurde in Kamerun geboren. Er zog mit seiner Familie nach Halle (Saale), als er zwölf war.

POLITICO: Herr Zorn, warum ist die SPD nicht die Partei der Verbraucher?

Armand Zorn: Die SPD ist seit mehr als 150 Jahren die Partei der Verbraucherinnen und Verbraucher. Und auch mit den letzten Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben, um die Strom- und Energiepreise zu senken, haben wir deutlich gemacht, dass wir Verbraucherinnen und Verbraucher auch unterstützen wollen.

POLITICO: Aber trotzdem: Erst einmal sollten Unternehmen entlastet werden, Verbraucher nicht.

Zorn: Nein, sowohl Unternehmen als auch Verbraucherinnen und Verbraucher – und ich will das noch mal betonen, dass wir ja Unternehmen nicht nur unterstützen, weil wir damit zufrieden sind, wenn Unternehmen gut wirtschaften. Sondern weil es am Ende auch darum geht, dass wir Arbeitsplätze in Deutschland erhalten wollen, dass wir gute Arbeitsplätze in Deutschland schaffen wollen. Davon profitieren auch Verbraucherinnen und Verbraucher. Und Sie haben ja auch bei dem Strompaket, bei dem Energiepaket, das wir auf den Weg gebracht haben, wesentliche Maßnahmen, die Verbraucherinnen und Verbrauchern auch zugutekommen.

POLITICO: Verstehe ich. Aber das ist mittelbar. Und wir sprechen ja von der Steuersenkung. Die kommt eben Unternehmen zugute, aber die Verbraucher sind ausgenommen, weil es zu teuer ist.

Zorn: Na ja, ich würde das nicht so schnell abwischen. Ich würde sagen, mit den Übertragungsnetzentgelten haben wir schon eine Maßnahme, die preissenkend wirkt.

POLITICO: Das verstehe ich, Herr Zorn – aber Sie wollen die Steuern nicht senken für Verbraucher?

Zorn: Nein, das würde ich nicht so sagen. Ich will nur damit noch mal untermauern, dass wir eine gute Grundlage haben, dass das auch Verbraucherinnen und Verbraucher zugutekommt. Und über die Stromsteuer werden wir jetzt im parlamentarischen Verfahren diskutieren. Das ist eine gemeinsame Sache von CDU, CSU und SPD-Fraktion. Und dafür gibt es ja auch die Haushaltsverhandlungen.

POLITICO: Also, da glauben Sie, da bewegt sich noch was?

Zorn: Ja, letztendlich geht es darum, dass wir eine gute Paketlösung erzielen, dass wir sowohl für Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die Wirtschaft die Strompreise senken. Und wie ich gesagt habe: Wir haben den Anfang gemacht, und jetzt wird es darum gehen, die Finanzierung sicherzustellen. Das ist ja auch eine Frage, die wir uns stellen müssen. Da will ich auch noch betonen, dass wir da gemeinsam in der Verantwortung sind: CDU, CSU und SPD. Und genau dafür haben wir jetzt auch die Verhandlungen, die jetzt schon stattfinden.

POLITICO: Es geht um fünf Milliarden Euro ungefähr, und die wollen Sie gegenfinanziert haben?

Zorn: Am Ende ist es ja klar, dass wir einen Ausfall brauchen, der sich finanziert. Das muss gegenfinanziert sein. Das ist klar.

POLITICO: Und wie kann man das gegenfinanzieren aus Ihrer Sicht? Die Union sagt, zum Beispiel durch Bürgergeld oder Wärmepumpe.

Zorn: Wir haben uns darauf verständigt, dass wir verlässlich miteinander diskutieren wollen. Deswegen war ich in den letzten Wochen ein bisschen irritiert über das, was ich auch über die Presse erfahren habe. Wir haben reichlich Zeit, und wir werden auch über die Möglichkeiten diskutieren, auch noch mal im Haushalt dafür zu sorgen, dass es eine Gegenfinanzierung gibt. Da finde ich es nicht hilfreich, jeden Tag neue Vorschläge über die Presse zu machen.

Haben Sie Verständnis dafür, dass ich jetzt nicht dazu beitragen werde, dass wir öffentlich darüber streiten. Dafür haben wir auch die Gremien, unter anderem auch morgen den Koalitionsausschuss, der sich mit dem Thema befassen wird. Und wir als SPD wollen da verlässlich und in Ruhe regieren. Und deswegen machen wir das auch in den entsprechenden Gremien.

POLITICO: Wenn Sie keinen Vorschlag machen, mache ich mal einen – wie wäre es mit der Mütterrente?

Zorn: Sie werden von mir jetzt keinen Vorschlag herauskitzeln können. Da gibt es sicherlich eine Menge von Vorschlägen, worüber wir diskutieren können. Aber haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir das doch hier nicht im Podcast machen können, sondern dass wir dafür auch die entsprechenden Gremien brauchen, um das auch zu entscheiden.

POLITICO: Aber beim Bürgergeld sind Sie nicht dabei.

Zorn: Noch mal, ein netter Versuch. Aber am Ende müssen wir das auch da, wo es angelegt wird, entscheiden.

Gordon Repinski ist Executive Editor POLITICO Deutschland.

Das Interview stammt aus dem „Berlin Playbook“-Podcast. Das „Berlin Playbook“ finden Sie hier.

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