Die Nato-Staaten wollen die jährlichen Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben. Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung trägt solch einen Schritt mit. Auch weil eine Mehrheit die russische Bedrohung für real hält - und kaum jemand noch den USA vertraut.
Die Nato-Staaten erzielen vor ihrem Gipfeltreffen eine Einigung über die Erhöhung ihrer Verteidigungsausgaben bis zum Jahr 2035. Die Pläne sehen 3,5 Prozent des BIP für reine Verteidigungsausgaben und 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Ausgaben wie Infrastrukturmaßnahmen vor. Zumindest die Bundesregierung hat hierfür momentan einen Rückhalt in der Bevölkerung. 66 Prozent der Befragten gaben im RTL/ntv-Trendbarometer an, sie fänden es richtig, wenn Deutschland seine Verteidigungsausgaben bis zum Jahr 2032 verdoppeln würde. 32 Prozent fänden eine solche Entwicklung nicht richtig.
Im Osten liegt die Zustimmung mit 58 zu 67 Prozent signifikant niedriger als im Westen. Mit Mehrheiten zwischen 72 und 79 Prozent sind vor allem Anhänger von CDU, CSU, SPD und Grünen für eine Verdopplung der Verteidigungsausgaben zu haben. Mit einer knappen Mehrheit von 52 Prozent zeigen sich die Anhänger der AfD eher gespalten über diese Frage. Unter den Linke-Anhängern lehnen 56 Prozent eine Verdopplung der Verteidigungsausgaben ab, aber 40 Prozent sind dafür - für eine nach ihrem Selbstverständnis pazifistische Partei wie die Linke ein immer noch erstaunlich hoher Wert.
Die Bereitschaft zu deutlich erhöhten Verteidigungsausgaben speist sich womöglich aus einem gestiegenen Unsicherheitsgefühl. Dass Russland in den kommenden Jahren ein Nato-Land angreift, halten im neuen Trendbarometer 61 Prozent der Befragten für möglich, im Februar 2024 waren es noch 58 Prozent. Die Bedrohungswahrnehmung unterscheidet sich dabei kaum zwischen Ost und West. Unter den Anhängern aller im Bundestag vertretenen Parteien befürchtet jeweils eine Mehrheit einen solchen Angriff - mit Werten von 64 Prozent unter den Unionsanhängern bis 85 Prozent unter den Grünen-Anhängern. Einzig bei der AfD liegt der Anteil derjenigen, die einen russischen Angriff auf Nato-Gebiet für möglich halten, mit 39 Prozent unter der Gruppe jener, die das nicht erwarten (60 Prozent).
Parallel zum Eindruck der gestiegenen Bedrohung wächst die Wahrnehmung, dass sich Deutschland nicht länger auf den Schutz durch Washington verlassen könne. Nur 18 Prozent der Befragten stufen die USA noch als "verlässlichen Partner" ein. Das sind zwar drei Prozentpunkte mehr als noch im März, aber immer noch deutlich weniger als im Februar. Damals hielten noch 24 Prozent der Befragten die USA für verlässlich.
Ohne die Anhänger der AfD, von denen 33 Prozent die USA als verlässlichen Partner einstuften, wäre der Gesamtwert noch schlechter: 16 Prozent der Unionsanhänger, 12 Prozent der Anhänger von SPD und Linke sowie nur 11 Prozent der Grünen-Anhänger halten die USA für zuverlässig. Und obwohl der Anteil der AfD im Osten deutlich höher ist, ist die USA-Skepsis im Osten größer als im Westen: 9 Prozent der ostdeutschen Befragten und 19 Prozent der westdeutschen Partner halten die USA für zuverlässig.
Ebenfalls auffällig: Kaum einer der Befragten zog sich auf die Antwortmöglichkeit zurück, keine Meinung zu haben. So sagten 88 Prozent der Anhänger von SPD, Grünen und Linken sowie 83 Prozent der Anhänger von CDU und CSU, die USA seien kein verlässlicher Partner für Deutschland. Gerade für die traditionell westorientierte Union ist der Wert erstaunlich. Zwischen Deutschland und den USA ist seit den ersten Jahren unter US-Präsident Donald Trump offensichtlich viel Vertrauen kaputtgegangen.
Die Bereitschaft, mehr Steuerausgaben für die Verteidigung Deutschlands auszugeben, geht nicht mit einem breiten Wunsch nach mehr Unterstützung für die Ukraine einher. Der Aussage "Falls die USA ihre finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine künftig deutlich reduzieren oder sogar einstellen, sollte Deutschland seine finanziellen Hilfen für die Ukraine erhöhen" stimmten 42 Prozent der Befragten zu. 52 Prozent verneinten. Im Osten liegt die Zustimmung bei nur 35 zu 58 Prozent. Allerdings hat die schwarz-rote Koalition im Bund die Mehrheit der eigenen Anhänger hinter sich: 55 Prozent der Unionsanhänger und 60 Prozent der SPD-Anhänger befürworten mehr Geld für die Ukraine, wenn die USA wegbrechen. Bei den Grünen-Anhängern sind es gar 77 Prozent und bei denen der AfD nur 12 Prozent. 83 Prozent der AfD-Anhänger sind dagegen, dass mehr Geld in die Ukraine fließt.
Auch eine Aufnahme in die Nato sieht eine wachsende Zahl an Befragten skeptisch. Der Anteil der Befragten, die eine langfristige Aufnahme befürworten, liegt seit März 2023 stabil bei um die 50 Prozent. Dagegen ist der Anteil derjenigen, die eine möglichst schnelle Aufnahme befürworten, seit Juli 2023 von 20 auf 14 Prozent gefallen. Das Lager derjenigen, die einen Nato-Beitritt der Ukraine gänzlich ablehnen, ist im gleichen Zeitraum von 26 auf 33 Prozent angewachsen.
Die Daten zum RTL/ntv-Trendbarometer wurden vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag von RTL Deutschland zwischen dem 19. und 20. Juni erhoben. Datenbasis: 1004 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: plus/minus 3 Prozentpunkte.
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