Die Bundesregierung will die Wirtschaft in Schwung bringen und Unternehmen entlasten. Nur fehlt das Geld dann in den Ländern und vor allem den Kommunen. Es geht um 48 Milliarden Euro. Merz geht die Sache kühl an, die auch ein Super-Streit werden könnte.
Die Wirtschaft wieder in Schwung bringen, das ist eines der drei großen Ziele, die sich Bundeskanzler Friedrich Merz vorgenommen hat. Die anderen beiden: die Zuwanderung begrenzen und Hilfe für die Ukraine organisieren. Seine Regierung hat bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Entlastungen für Unternehmen vorsieht. Darin steht auch, was die ganze Sache kosten soll: 48 Milliarden Euro bis 2029. Das ist eine Menge Geld, fast so viel wie Deutschland pro Jahr für seine Verteidigung ausgibt - ohne Sondervermögen.
Auf diese Summe muss der Staat insgesamt verzichten, sie teilt sich aber wie üblich auf Bund, Länder sowie Städte und Gemeinden auf. Der Bund übernimmt 18,3 Milliarden, die Bundesländer 16,6 und die Kommunen 13,5 Milliarden. Was auf den ersten Blick fair erscheinen mag, nach dem Motto: Jeder trägt sein Päckchen, wäre für Länder und Gemeinden in Wahrheit eine tonnenschwere Last. Denn viele Landeshaushalte ächzen ohnehin schon. Nur wenige Städte und Gemeinden verfügen noch über einen ausgeglichenen Haushalt. Selbst im wohlhabenden Baden-Württemberg sind es nur 20 Prozent. Da mal eben so hier und da ein paar Milliarden einsparen, das geht einfach nicht.
Daher hätte man erwarten können, dass die Ministerpräsidenten mit dem Messer im Mund und der Faust in der Tasche nach Berlin zur Ministerpräsidentenkonferenz reisten. Dort trafen sie Merz, der gerade von der Weltbühne heimkehrte. Auf dem G7-Gipfel in Kanada hatte er eben schnell helfen müssen, die Welt zu retten. Doch nun warteten die Kommunalfinanzen, ein mindestens genauso schwieriges Thema. Mehr oder weniger direkt aus dem Flugzeug begab er sich in den Bundesrat, um mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder zu sprechen. Es war seine erste Ministerpräsidentenkonferenz und damit nebenbei auch ein Test zu einer Frage, die viele sich vor seiner Amtszeit stellten: Kann der überhaupt Kanzler?
Streit ums Geld? "Das ist vollkommen normal"
Kurze Antwort: Ja, anscheinend schon. Die Pressekonferenz mit dem neuen niedersächsischen Ministerpräsidenten Olaf Lies als Vertreter der SPD-Länder und Michael Kretschmer aus Sachsen für die Unionsseite war überraschend harmonisch. Zumindest für das, was auf dem Spiel stand. Dass Kretschmer und Merz sich nicht auf offener Bühne streiten würden, war keine Überraschung. Aber auch der Niedersachse Lies äußerte sich sehr freundlich.
Merz bedankte sich bei beiden für das "gute föderale Miteinander" und sagte, man stehe gemeinsam vor großen Aufgaben. "Es gibt Verteilungskonflikte zwischen Bund, Ländern und Gemeinden", räumte er ein. Aber: "Das ist im föderalen Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland völlig normal." Man habe "natürlich" die "besonderen finanziellen Herausforderungen der Länder und der Gemeinden im Blick", sagte Merz. Eine gemeinsame Kraftanstrengung, Dialog und ein Schulterschluss seien notwendig. Merz sagte, es gebe erhebliche Hoffnungen im Land, die nun mit Gesetzen unterlegt werden müssten.
Auch Lies bekannte sich klar zum geplanten Booster für Investitionen. "Dass das nicht einfach ist, wenn man über die Verteilung von Geld spricht, ist uns allen bewusst", sagte er. Aber die Gespräche seien offen, klar und verbindlich gewesen. Der Investitionsbooster solle kommende Woche im Bundestag und am 11. Juli im Bundesrat beschlossen werden. Die Stimmung im Land sei so, dass viele wieder nach vorn blickten und überlegten zu investieren. In dieser Phase müsse man ein Signal setzen. Die Menschen wollten sehen, dass etwas passiert. Bagger müssten rollen; Straßen, Sportplätze und Schwimmbäder saniert werden.
Am 11. Juli soll das Ziel erreicht sein
Entscheidender Grund für die Harmonie war das Zugeständnis von Merz, einen Ausgleich an die Länder und besonders an die Gemeinden zu zahlen. Ein Test für die demonstrative Geschlossenheit von Bund und Ländern wird die Frage sein, wie hoch dieser Ausgleich sein wird. Darüber soll eine Arbeitsgruppe beraten. Kommende Woche soll der Bundestag das Paket dann beschließen, am 11. Juli der Bundesrat. Geht alles glatt, wäre kein Vermittlungsausschuss notwendig.
Das wäre ein großer Erfolg und keineswegs selbstverständlich. Merz hat es offenbar geschafft, Bund und Länder auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören und einen Lösungsweg aufzuzeigen. Natürlich auch dadurch, indem er ihnen weit entgegenkommt. Aber seine Regierung kann dadurch noch vor der Sommerpause ein wichtiges Wahlversprechen einlösen. Das erinnerte an die Führung, von der sein Amtsvorgänger immer nur sprach. Die Worte von Kretschmer und Lies gingen weit über Lippenbekenntnisse hinaus. Das war ein anderer Sound als zu Ampel-Zeiten, als bei solchen Konflikten jede Seite immer nur ihren eigenen Vorteil zu sehen schien. Das Hauen und Stechen um das große Geld scheint jedenfalls auszufallen.
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