Seit Tagen beschießt Israel den Iran - und das Leben in Teheran steht weitgehend still. Viele versuchen noch, die Hauptstadt zu verlassen. Andere machen ihrem Ärger Luft.
Die Atmosphäre in der iranischen Hauptstadt Teheran ist am sechsten Tag des Kriegs mit Israel nach Angaben von Augenzeugen angespannt. Zwar sind Autobahnen und Landstraßen inzwischen wieder etwas leerer - viele Einwohner hatten versucht, die Millionenmetropole zu verlassen - doch es gibt noch immer lange Schlangen an Tankstellen. Menschen übernachten demnach sogar in ihren Autos, um ihren Platz in der Schlange nicht zu verlieren.
Das Leben in Teheran steht unterdessen weitgehend still. Geschäfte bleiben geschlossen. Banken sind zwar geöffnet, können aber kein Bargeld auszahlen. Manche Viertel in Teheran sind inzwischen wie leergefegt. Im Internet kursieren Bilder, welche die massive Zerstörung in der Stadt zeigen sollen: zerbrochene Fenster, eingestürzte Fassaden und Wohnzimmer voller Trümmer. Anwohner ziehen vorübergehend um, um wieder fließendes Wasser zu haben.
Vereinzelt kommt es auch zu Protestaufrufen gegen die Regierung. Die Bewohner größerer Wohnblöcke gehen nach israelischen Bombardements oft auf die Dächer, um zu sehen, wo sich die Einschläge ereignen. Dann erschallen immer wieder Rufe wie "Marg bar Chamenei" - womit sie dem Revolutionsführer Ali Chamenei den Tod wünschen. Beim Eintreffen von Sicherheitskräften ziehen sich die Menschen schnell nach solchen "Dachprotesten" in ihre Wohnungen zurück.
Getötete Kommandeure mit Porträts geehrt
In der Innenstadt von Teheran hängen die Porträts der in diesem Krieg getöteten Militärkommandeure und Atomwissenschaftler. Daneben ein gegen Israel gerichtetes Banner: "Das Regime muss mit harter Bestrafung rechnen." Andere Spruchbänder zitieren das geistliche Oberhaupt Chamenei: "Die mächtige Hand der Streitkräfte der Islamischen Republik wird gegenüber dem zionistischen Regime nicht nachgeben."
Ein Transparent auf dem Wali-Asr-Platz zeigt Sahar Emami. Die Journalistin wird als Heldin des Widerstands verehrt, seit sie am Montag während eines israelischen Angriffs im Studio des staatlichen TV-Senders ausharrte. Mit erhobenem Zeigefinger und starrem Blick in die Kamera setzte Emami die Live-Sendung fort. Ein Vers des persischen Dichters Ferdowsi auf dem Transparent mit der Journalistin lobt den Mut der Frauen "auf dem Schlachtfeld". Doch die Atmosphäre in Teheran ist vor allem von Angst und Hilflosigkeit geprägt sowie der Furcht vor dem, was als Nächstes kommen wird.
Mullah-Regime ruft zu Einigkeit auf
Präsident Masoud Peschkian rief die Menschen unterdessen laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tasnim zur Einigkeit auf. "Solange wir das Volk hinter uns haben, werden wir auch keine Probleme haben", wurde Peschkian zitiert. Daher sei es nun umso wichtiger, die nationale Einheit zu bewahren, dann könne jede Krise überwunden werden.
Spekulationen über einen baldigen Umsturz sind nach Einschätzungen von Beobachtern vor Ort verfrüht. Zwar habe ein Aufruf dazu von dem im Exil lebenden Sohn des letzten Schahs von Persien, Reza Pahlewi, Aufmerksamkeit erregt. Dieser sei wegen seines Vaters aber auch umstritten und Proteste auf den Straßen seien bislang ausgeblieben.
Staatliche Medien versuchen, die Menschen mit überschwänglichen Erfolgsmeldungen der iranischen Raketenangriffe auf Israel zum Durchhalten zu motivieren. Mindestens 224 Menschen, unter ihnen Frauen und Kinder, wurden laut iranischen Angaben seit Kriegsbeginn getötet.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke