Mit ihrem Sanktionspaket will die EU die Schlinge um Moskaus Wirtschaft enger ziehen. Für wirksame Druckmittel ist sie aber auf den guten Willen des US-Präsidenten angewiesen. Trump könnte am Ende das ganze Paket platzen lassen - mithilfe eines Verbündeten im Rat in Brüssel.

Was nützt ein Ölpreisdeckel, wenn Russland sein Rohöl zwischenzeitlich schon billiger verkauft hat? Diese Frage stellte sich offensichtlich auch die Europäische Kommission. Als Antwort darauf präsentiert sie einen Vorstoß, wonach die Preisobergrenze für russisches Öl von 60 Dollar auf 45 Dollar pro Fass sinken soll. Der Vorschlag ist Teil des nunmehr 18. Sanktionspakets der Europäischen Union gegen Moskau. Um einen neuen Deckel durchzusetzen, muss die EU sich jedoch am kommenden Sonntag mit den G7-Staaten abstimmen - also auch mit Donald Trump.

Es besteht Grund zur Hoffnung, dass der US-Präsident überzeugt werden kann. Trump glaubt, niedrige Ölpreise könnten dazu beitragen, Russlands Krieg gegen die Ukraine rascher zu beenden. Aufgrund seiner Zollpolitik hat er selbst dazu beigetragen, die Weltkonjunktur zu schwächen und damit die Ölpreise zu drücken. Allerdings stellt sich die Frage, ob der erratische US-Präsident bereit ist, Russlands Präsidenten Wladimir Putin unter Druck zu setzen.

Mit Blick auf die gesamte Durchschlagskraft des westlichen Sanktionsregimes sitzt Trump am längeren Hebel. Denn die USA können Sekundärsanktionen gegen Unternehmen verhängen, die mit Russland Geschäfte machen. Ein besonders effektives Druckmittel, das Russland weltweit das Geschäft erschweren würde. Die EU ist aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage, solche Maßnahmen zu verhängen - dagegen sprechen aus ihrer Sicht etwa Verletzungen des Völkerrechts und der Souveränität anderer Staaten.

US-Wirtschaft könnte sich durch Sanktionen isolieren

In den USA wird nun lebhaft über die Sekundärsanktionen debattiert. Einen entsprechenden Gesetzentwurf des republikanischen Senators Lindsey Graham unterzeichneten bereits mehr als 80 der insgesamt 100 Mitglieder des US-Senats. Trump scheint laut US-Medienberichten nicht völlig abgeneigt, soll allerdings intern darauf drängen, das Gesetz abzuschwächen. Denn die USA könnten sich selbst das Geschäft vermiesen, falls die Novelle in Kraft tritt. Bislang sieht der Entwurf vor, jedem Land, das russische Energie kauft, Zölle in Höhe von 500 Prozent aufzuerlegen. Diese Zölle könnten auch europäischen Ländern blühen, da einige von ihnen noch immer russisches Gas kaufen. Graham selbst sah offenbar das Problem, da er eine Ausnahmeregelung für Länder vorschlug, die der Ukraine Hilfe leisten.

Dennoch könnte Grahams Sanktionspaket die USA faktisch von zwei anderen großen Volkswirtschaften abschneiden: Indien und China, die größten Abnehmer russischen Öls. Zölle von 500 Prozent würde den US-Handel mit diesen Ländern zum Erliegen bringen. Der Zeitpunkt wäre besonders ungünstig. China und die USA kommen sich gerade im Handelsstreit näher. Unterhändler beider Länder einigten sich auf ein Rahmenabkommen für gegenseitige Exportbeschränkungen, das nun Trump und seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping vorliegt.

"Ich bezweifle, dass besonders harte Sekundärsanktionen gegen Abnehmer russischen Rohöls zum jetzigen Zeitpunkt möglich sind, wenn die USA mit China und Indien über neue Handelsabkommen sprechen", sagt Alexandra Prokopenko, Expertin für russische Wirtschaftspolitik bei der Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace. Bereits die ernsthafte Androhung von Sekundärsanktionen gegen indische oder chinesische Unternehmen könnte all die vielversprechenden Ergebnisse auf bilateraler Ebene zunichtemachen, so Prokopenko zu ntv.de.

Orban droht mit Blockade des Sanktionspakets

So bleibt die EU zunächst einmal auf ihre Primärsanktionen zurückgeworfen. Zum geplanten 18. Paket gehören neben dem abgesenkten Ölpreisdeckel auch Sanktionen gegen weitere 77 Schiffe der Schattenflotte sowie 22 weitere russische Banken. Auf der Liste steht auch ein Verbot der Nord-Stream-Gaspipelines, die Russland und Deutschland unter Wasser verbinden. Zwar hat die Bundesregierung eine Wiederaufnahme des Gastransits nach Beendigung des Krieges ausgeschlossen. Doch es halten sich Gerüchte, wonach erneute Gaslieferungen durch die Pipelines Teil einer amerikanisch-russischen Vereinbarung zur Beendigung der Invasion sein könnten. Angefeuert wurden die Spekulationen von Russlands Außenminister Sergej Lawrow, der sagte, eine "normale Energieversorgung Europas" liege nicht nur im Interesse Russlands und der USA.

Stimmen die Gerüchte, wird Trump also auch hier ein Wörtchen mitreden wollen. Die Beschlüsse in Brüssel werden zwar ohne ihn verabschiedet. Doch er könnte einen Joker ziehen: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban unterhält gute Verbindungen zu Trump. Die beiden spielten bereits gemeinsam Golf in Mar-a-Lago. Im Januar drohte Orban mit einem Veto gegen die Verlängerung der bestehenden EU-Sanktionen - und verwies dabei auf die Rückkehr Trumps ins Weiße Haus.

Auch mit Putin versteht Orban sich prächtig, er schüttelte dem russischen Präsidenten vor Kameras schon demonstrativ freudestrahlend die Hand. Immer wieder droht Orban - gemeinsam mit dem beinahe ebenso russlandfreundlichen slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico -, auch die Beschlüsse zu neuen Sanktionspaketen zu blockieren. Laut Medienberichten soll Orban diesbezüglich auch auf Weisungen von Trump hören. Möglich also, dass das gesamte Sanktionspaket am Ende scheitert, weil Trump den Daumen senkt.

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