Auf der Liste der weltweit vernachlässigten Vertreibungskrisen steht das ostafrikanische Land Mosambik auf Platz drei, gleich hinter Kamerun und Äthiopien. Dabei investieren europäische Firmen dort Milliarden in eine Flüssiggasanlage. Allerdings geht die Bevölkerung leer aus.

In Reisekatalogen und Tauchmagazinen gilt Mosambik als Geheimtipp: endlos lange, weiße und einsame Sandstrände, schillernd bunte Korallenriffe. Doch in dem ostafrikanischen Land häufen sich die Krisen. Beinahe fünf Millionen Menschen leiden laut UN-Angaben an Hunger. Doch das Geld und die Bereitschaft der Weltgemeinschaft fehlen, um den Menschen zu helfen.

Die Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council (NRC) schlägt nun Alarm. Jan Egeland, NRC-Generalsekretär, warnt anlässlich seines derzeitigen Besuchs in Mosambik in Anbetracht der fehlenden Hilfsgelder: Die Lage sei an einem "kritischen Wendepunkt" angelangt. "Die Bevölkerung steht am Rande eines Abgrunds und sieht unermessliches Leid auf sich zukommen, wenn die Welt ihre Vernachlässigung nicht beendet", so Egeland.

In dem verarmten Land mit rund 33 Millionen Einwohnern kommen mehrere Probleme zusammen. In den vergangenen Monaten haben gleich drei heftige Wirbelstürme die Küstenregion im Norden des Landes verwüstet: Häuser, Straßen, Kliniken und Schulen wurden zerstört. Rund 1,4 Millionen Menschen sind laut Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) davon betroffen. Da ein Großteil des Ackerlandes überschwemmt wurde, verloren die Menschen nicht nur ihre Häuser, sondern auch ihre Ernte. Die Zyklone im Indischen Ozean haben in den vergangenen Jahren an Intensität und Kraft zugenommen. Als Folge des Klimawandels erhöht sich die Wassertemperatur im Indischen Ozean stetig, was zu noch extremeren Wetterphänomenen führt. In der Trockenzeit kommt es regelmäßig zu extremer Dürre, was die Böden austrocknen lässt.

Enthauptungen, Terror und Vertreibung

In der Provinz Cabo Delgado, der ärmsten Region des Landes ganz im Nordosten entlang der Grenze zu Tansania, herrscht seit 2017 ein grausamer Konflikt. Die muslimische Miliz Ansar al-Sunna, die als Mitglied der internationalen Terrororganisation Islamischer Staat gilt, führt dort einen brutalen Guerilla-Krieg. Immer wieder berichtet die Bevölkerung von Hinrichtungen, Verstümmelungen und Folter durch die radikalisierten Kämpfer. Mosambiks marode und unterfinanzierte Armee kommt gegen die Miliz alleine nicht an und hat Unterstützung angefordert. Von 2019 an waren zeitweilig rund 200 russische Söldner der Gruppe Wagner dort stationiert, mussten jedoch enorme Verluste einstecken. Mindestens zehn Wagner-Kämpfer wurden enthauptet. 2023 zog Wagner wieder ab.

Stattdessen wurde eine afrikanische Friedensmission zusammengestellt. Acht Staaten, alle Mitglieder der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft SADC, entsandten insgesamt mehr als 2000 Soldaten, um die Islamisten zu bekämpfen. 2024 zogen die SADC-Truppen wieder ab, als zeitweilig Ruhe eingekehrt war. Die ruandische Armee hingegen ist bis heute dort stationiert. Ruanda hat einen bilateralen Vertrag mit Mosambik ausgehandelt und rund 2000 Soldaten entsandt, sie gelten als die am besten trainierten Truppen Afrikas und sind in zahlreichen UN-Friedensmissionen auf dem Kontinent aktiv.

Europäische Interessen gehen vor

Finanziert wird diese Mission teilweise von der Europäischen Union, mit rund 20 Millionen Euro. Das ist kein Zufall, denn die umkämpfte Provinz ist reich an Erdgas, den drittgrößten Vorkommen Afrikas. Der französische Erdölkonzern Total hat vor, dort 20 Milliarden US-Dollar in eine Flüssiggasanlage zu investieren, doch die Errichtung wird aufgrund der Sicherheitslage immer wieder verschoben, jüngst auf 2029. Zahlreiche ruandische Firmen haben wiederum von Total Verträge zugeschanzt bekommen, um Infrastruktur und Sicherheit bereitzustellen.

Dass die EU dies alles mitfinanziert, ist mehrfach auf Kritik gestoßen. Denn Ruanda hat laut UN-Ermittlungen gleichzeitig heimlich und illegal auch Tausende Soldaten in das Nachbarland Demokratische Republik Kongo entsandt, um dort Rebellen zu unterstützen. Dass Ruandas Armee mit EU-Geldern finanziert wird, hilft der ruandischen Regierung in ihrer Mission in Mosambik Geld zu sparen, was sie dann für die Invasion im Kongo ausgeben kann, so die Argumentation. Dennoch hat die EU die Militärhilfe Ende 2024 erneut bewilligt. Die Europäer sind offenbar dankbar, dass sie selbst keine Truppen entsenden müssen, um die Total-Investitionen zu sichern. Denn um die Energiewende hinzukriegen, sind Flüssiggasanlagen unumgänglich.

Gleichzeitig fehlen Hilfsgelder für die hungernde Bevölkerung. Der von der UN aufgestellte Finanzplan, der Bevölkerung und den über 1,4 Millionen Vertriebenen mit rund 400 Millionen Dollar zu helfen, wurde im Jahr 2024 nur mit rund 40 Prozent finanziert. In diesem Jahr sieht es sogar noch schlechter aus, denn über die Hälfte der Gelder war bislang von der US-Hilfsagentur USAID bereitgestellt worden, die nun unter der Trump-Administration dicht gemacht wurde. Die EU-Hilfsagentur ECHO finanzierte gerade einmal acht Prozent - ein Mini-Bruchteil dessen, was der französische Ölkonzern Total bereit ist, zu investieren. "Ich fordere Regierungen und den privaten Sektor dazu auf, dringend Finanzmittel zu mobilisieren", mahnt NRC-Direktor Egeland und kritisiert: "Während mehrere Regierungen und multinationale Unternehmen die natürlichen Ressourcen Mosambiks ausbeuten, helfen sie der hungernden Bevölkerung nur geringfügig."

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