Seit Jahren droht US-Präsident Donald Trump damit, Bundesbehörden im Inland zu mobilisieren. Wegen der Migrationsproteste sendet er nun Tausende Soldaten nach Los Angeles - gegen den Willen des Gouverneurs. Zur Begründung beruft sich Trump auf eine umstrittene Bestimmung des Bundesgesetzes.

Als im Sommer 2020 in den USA Proteste gegen den Polizeimord an George Floyd toben, tobt auch Donald Trump. "Verlierer" nennt er seine juristischen und militärischen Berater, die ihm davon abrieten, die Aufstände mithilfe von Bundestruppen niederzuschlagen.

Fünf Jahre später ist Trump zurück - und mit ihm der Traum von einem Militär, das auch im Inland für Recht und Ordnung sorgt. Am vergangenen Samstagabend schickte der Präsident 2000 Nationalgardisten nach Los Angeles, um die Proteste gegen Razzien der Einwanderungsbehörde ICE zu beenden. Am Dienstag sandte er weitere 2000 hinterher, gefolgt von 700 Marinesoldaten, die in der Stadt Stellung beziehen und der "Gesetzlosigkeit" ein Ende bereiten sollen. Die Protestierenden, so Trump, würden sich unrechtmäßig in die Strafverfolgung einmischen.

Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom hingegen hält das Verhalten des Präsidenten für unrechtmäßig. Am Montag reichte sein Bundesstaat Klage gegen Trump und den Verteidigungsminister Pete Hegseth ein. Die Begründung: Ihr Vorgehen verstoße gegen Bundesrecht und die Souveränität des Staates.

"Insurrection Act" als Rechtsgrundlage?

Abwegig ist Newsoms Vorwurf nicht. Denn grundsätzlich ist der Einsatz von Bundestruppen zu polizeilichen Zwecken auf US-Boden unzulässig. Es gibt jedoch Ausnahmen. Ein Schlupfloch bietet der sogenannte "Insurrection Act". Dieser erlaubt dem Präsidenten, das Militär innerhalb der USA einzusetzen, um Unruhen, Rebellion oder Aufstände zu unterdrücken. Zur Anwendung kam das Gesetz zuletzt 1992. Damals hatte sich Präsident George W. Bush auf die Regelung berufen, um Unruhen in Los Angeles zu unterdrücken - allerdings auf Bitten des damaligen Gouverneurs Pete Wilson.

In seiner Anordnung vom Wochenende beschrieb Trump die Proteste in Los Angeles als "Rebellion gegen die US-Regierung". Konkret in Anspruch genommen hat er den "Insurrection Act" bislang jedoch nicht. Stattdessen berief er sich auf § 12406 Titel 10 des Bundesgesetzes, welches es dem Präsidenten erlaubt, die Nationalgarde für bestimmte Zwecke zu mobilisieren - etwa im Falle einer Invasion oder wenn die zivilen Behörden nicht mehr in der Lage sind, für Ordnung zu sorgen.

Was darf die Nationalgarde?

Anders als der "Insurrection Act" gestattet Titel 10 den Gardisten keine direkte Beteiligung an der zivilen Strafverfolgung. Die Truppen dürfen selbst keine Razzien oder Festnahmen durchführen, sondern lediglich andere Einsatzkräfte - in diesem Fall die Grenzschutzbehörde ICE - bei deren Festnahmehandlungen schützen. Einen künftigen Rückgriff auf den "Insurrection Act" schloss Trump jedoch nicht aus. "Wenn es einen Aufstand gibt, würde ich mich auf jeden Fall darauf berufen. Wir werden sehen", sagte er am Dienstag im Weißen Haus.

Muss der Gouverneur zustimmen?

Trumps Behauptung, die örtlichen Einsatzkräfte in Los Angeles seien überfordert, hatte Gouverneur Newsom bereits kurz nach Entsendung der ersten 2000 Gardisten vehement widersprochen. Es gebe "keinen Bedarf" an zusätzlicher Unterstützung, sagte der Demokrat, der als möglicher Präsidentschaftskandidat für 2028 gehandelt wird. Zwar obliegt die Kontrolle der Nationalgarde für gewöhnlich dem Gouverneur des jeweiligen Bundesstaates. In bestimmten Notfällen, wie Krieg oder nationalen Katastrophen, kann der Präsident den Einsatz aber auch ohne die Zustimmung des Gouverneurs anordnen. Das ist jedoch ein äußerst ungewöhnlicher Fall. Das letzte Mal, dass die Nationalgarde ohne das Einverständnis eines Gouverneurs eingesetzt wurde, war 1965. Damals entsandte Präsident Lyndon B. Johnson die Truppen zum Schutz eines Bürgerrechtsmarsches in Alabama.

Truppeneinsatz auch in anderen Städten denkbar

Auf seinem Netzwerk Truth Social rechtfertigte Trump sein Vorgehen als "hervorragende Entscheidung", ohne die Los Angeles "vollständig zerstört" worden wäre. Ob "Rebellion" und die "Bedrohung der Strafverfolgungsbehörden" den Einsatz von Truppen der Nationalgarde tatsächlich rechtfertigen, werden die Gerichte entscheiden müssen. Ein Eilantrag Newsoms vom Dienstag, das Vorgehen umgehend zu stoppen, blieb vorerst erfolglos. Weitere Klagen könnten vonseiten der Demonstranten folgen, die sich auf individuelle Rechte wie den Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit berufen.

Auch in anderen Städten wie New York, Seattle und Washington D.C. fanden bereits Proteste gegen Trumps Migrationspolitik statt. Das könnte die Regierung veranlassen, die Nationalgarde auch in weiteren Teilen des Landes zu mobilisieren. Denn Trumps Anordnung beschränkt sich nicht auf Los Angeles, sondern ermächtigt Truppen, ICE an allen Orten zu schützen, "an denen Proteste gegen diese Maßnahmen stattfinden oder wahrscheinlich sind".

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