US-Präsident Trump nutzt die kalifornischen Proteste gegen seine Migrationspolitik, um einen Machtkampf mit Gouverneur Newsom auszutragen. Der Sinn? Unklar. Newsom könnte davon stärker profitieren als Trump.

Der Vorwurf ist in beide Richtungen fast derselbe: Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom trägt mit seiner liberalen Politik die Verantwortung für die gewalttätigen Proteste in Los Angeles, sagt US-Präsident Donald Trump und nutzt den Westküsten-Bundesstaat einmal mehr als Feindbild. Falsch, entgegnet Newsom. Es sei Trump, der für eine massive Eskalation gesorgt habe, indem er die Nationalgarde losschickte.

"Das war ein Akt der Rücksichtslosigkeit, der das Leben von Menschen riskiert", sagte Newsom. Er nannte Trumps Vorgehen "unamerikanisch" und verklagte die US-Regierung wegen des Einsatzes der Nationalgarde bei einem Bundesgericht in San Francisco.

Trump hatte den Einsatz der Nationalgarde, die eigentlich den jeweiligen Regierungen der Bundesstaaten untersteht, am Sonntagabend angeordnet. Juristisch ist das heikel: Seit 70 Jahren hat kein US-Präsident mehr die Nationalgarde gegen den Willen des betroffenen Bundesstaats eingesetzt. Noch 2020 hatte Trump selbst erklärt, dass er als Präsident die Nationalgarde nicht losschicken könne - ein Zitat, auf das Newsom auch bei seiner Klage gegen Trump verwies.

Sogar einen Schimpfnamen hat Trump für Newsom

Newsom hat sich öffentlich schon in Trumps erster Amtszeit als Antipode des Präsidenten inszeniert. Bei allen Auseinandersetzungen versuchte er zugleich, einen persönlichen Draht zu Trump zu halten. Als Trump etwa im Januar sagte, Kalifornien sei selbst schuld an den Waldbränden, reagierte Newsom zurückhaltend.

Auch den Konflikt um die Proteste in Kalifornien hatte Newsom zunächst deeskalieren wollen. Das hat er inzwischen aufgegeben. Auf X nannte der Gouverneur Trump am Sonntag einen "eiskalten Lügner", der sich "wie ein Diktator" verhalte, "nicht wie ein Präsident". Am Montag, im Interview mit der "Washington Post", nannte er den Präsidenten "hemmungslos" und "gestört". Trump sei ein ganz anderer Präsident als nach seinem ersten Amtsantritt. Man sehe das daran, wie er jede Kontrolle durch den Kongress außer Kraft gesetzt habe und versuche, die Kontrolle der Regierung durch Gerichte zu unterbinden.

Trump hat einiges getan, um den Streit mit Newsom anzufachen. Mittlerweile hat er die Mobilisierung von insgesamt 4000 Nationalgardisten angeordnet und zusätzlich die Entsendung von 700 Marines angekündigt. Sogar einen Schimpfnamen hat er sich für den Gouverneur ausgedacht - er nannte ihn "Gavin Newscum" - "scum" bedeutet so viel wie "Abschaum".

Trump ruft zur Festnahme von Newsom auf

Zudem spielte Trump öffentlich mit dem Gedanken, Newsom verhaften zu lassen: Am Samstag hatte sein Grenzschutzbeauftragter Tom Homan dem Sender NBC News gesagt, er werde jeden festnehmen lassen, der sich den Beamten seiner Behörde in den Weg stelle - auch Newsom. Reporter fragten Trump daraufhin am Montag, ob er denke, dass Newsom festgenommen werden sollte. "Ich würde es tun, wenn ich Tom wäre", entgegnete der Präsident. "Sehen Sie, ich mag Gavin Newsom, er ist ein netter Kerl", so Trump weiter. "Aber er ist total inkompetent."

Den ersten Teil dieser Aussage postete Newsom auf X. "Dies ist ein Tag, von dem ich gehofft hatte, dass ich ihn in Amerika niemals sehen würde", schrieb er dazu. Der Aufruf, einen amtierenden Gouverneur festnehmen zu lassen, sei "ein unverkennbarer Schritt in Richtung Autoritarismus".

"Großartiges Fernsehen"

Was Trump mit dem Machtkampf bezweckt, bleibt unklar - außer natürlich, wie immer für "großartiges Fernsehen" zu sorgen; so hatte er den Eklat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office bezeichnet. Auch der Machtkampf mit Newsom scheint ihm zu gefallen. Trump sagte, er glaube, "auf seine Art freut sich wahrscheinlich auch Gavin, dass ich mich eingemischt habe".

Damit meinte er möglicherweise, dass Newsom durchaus profitieren könnte. Der kalifornische Gouverneur wurde schon häufiger als Präsidentschaftskandidat gehandelt. Sein Vorvorgänger im Amt des kalifornischen Gouverneurs, der Republikaner Arnold Schwarzenegger, sagte vor zwei Jahren, es sei klar, dass Newsom eines Tages als Präsidentschaftskandidat antreten werde.

Der bevölkerungsreichste Bundesstaat ist eine nahezu uneinnehmbare Hochburg der Demokraten. Die letzte Gouverneurswahl von 2022 entschied Newsom mit knapp 60 Prozent für sich. Seit mehr als 30 Jahren hat dort kein Republikaner mehr eine Mehrheit bei Präsidentschaftswahlen bekommen. Trump erhielt in Kalifornien bei der Wahl im vergangenen Jahr nur gut 38 Prozent der Stimmen.

Auch schlechte Werbung ist Werbung

Obwohl er eine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen von 2024 schon frühzeitig ausgeschlossen hatte, wurde Newsom im vergangenen Jahr immer wieder als Ersatzkandidat für den damaligen US-Präsidenten Joe Biden genannt. Eine Umfrage gab ihm allerdings noch schlechtere Chancen als der (später unterlegenen) Vizepräsidentin Kamala Harris: Demnach hätte Newsom gegen Trump nur mit 36 Prozent der Stimmen rechnen können, Trump dagegen mit 46 Prozent.

Eine Organisation zur Unterstützung eines etwaigen Wahlkampfes auf Bundesebene, ein sogenanntes Political Action Committee (PAC), hat Newsom bereits gegründet. Das erklärte Ziel dieses PAC ist es, autoritäre Bestrebungen in den USA zu bekämpfen, sagte Newsom vor zwei Jahren in einem Video, mit dem er die "Campaign for Democracy" vorstellte. Auch Trump tauchte in dem Video damals kurz als einer von mehreren Politikern auf, die Newsom als Gefahr für die Demokratie darstellte.

Newsom hat den Streit mit Trump nicht gesucht, helfen könnte er ihm trotzdem. Denn jede Beschimpfung bringt ihm Schlagzeilen, Bekanntheit, Profil. Aktuell ist er sehr viel stärker in den nationalen US-Medien als normalerweise - und zwar als Teil eines Machtkampfes gegen Trump, weniger als Gouverneur eines Bundesstaats, in dem Demonstrationen aus dem Ruder gelaufen sind.

Auf X achtet Newsom darauf, den Streit in seinem Sinne zu befeuern. Immer wieder legt er nach, immer wieder kommentiert er Äußerungen aus dem Trump-Lager. Auf den Vorwurf des Präsidentenberaters Stephen Miller, in Kalifornien tobe ein "aufständischer Mob", reagierte er mit einem Verweis auf den Sturm aufs Kapitol im Jahr 2021. Die Einzigen, die sich an die Seite von Aufständischen stellten, seien Miller und Trump. "Oder sollen wir so tun, als hättet ihr nicht 1500 von denen begnadigt?"

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