Bei einer erneuten Suchaktion im Zusammenhang mit dem mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen ist am Abend ein Handy gefunden worden. Ob es sich dabei um das lange verschollene zweite Handy des geständigen Attentäters handelt, werde nun untersucht, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Ermittlerkreisen. Offen ist, ob auf dem verschollenen Gerät eventuell tatrelevante Daten sind.

Die Polizei hatte am frühen Abend eine neue Suchaktion nach dem Mobiltelefon an der Flüchtlingsunterkunft im nordrhein-westfälischen Solingen gestartet, in der der geständige Attentäter Issa al H. gelebt hatte. Zahlreiche Beamte, einige mit Schaufeln ausgerüstet, machten sich auf die Suche, auch ein Hund wurde eingesetzt. Ein dpa-Reporter berichtete, dass etwa zwei Stunden nach Einsatzbeginn Applaus zu hören war. Kurz darauf zogen die Kräfte ab.

Angeklagter gibt am Rande von Prozess Hinweis auf Handy

Die Suche war gestartet worden, nachdem die Verteidiger des Angeklagten im Tagesverlauf im Prozesses erklärt hatten, dass der Syrer einen Bereich auf einer Karte markieren wolle, in dem man das vermisste Handy möglicherweise finden werde. Zuvor hatte es immer wieder umfangreiche Suchmaßnahmen nach diesem Mobiltelefon gegeben.

Bei dem mutmaßlich islamistisch motivierten Terroranschlag in Solingen waren am 23. August 2024 drei Menschen bei einem Stadtfest getötet und acht verletzt worden. Die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) hatte den Anschlag für sich reklamiert. Beim Prozessauftakt hatte Issa al H. die Tat gestanden, zum Tatvorwurf der IS-Mitgliedschaft aber geschwiegen.

Alpträume und Schmerzen

Bei dem Prozess im Oberlandesgericht Düsseldorf berichteten im Tagesverlauf mehrere Überlebende des Anschlags, wie sie noch immer seelisch und körperlich unter den Folgen der Messerattacke leiden. Sie waren als Gäste bei dem Stadtfest in Solingen gewesen, wo sich im vergangenen Sommer der Anschlag ereignet hatte.

Ein 34-jähriger Iraner, der im Schulterbereich verletzt wurde, berichtete unter anderem von psychischen Folgen der Geschehnisse vom 23. August 2024: „Ich habe schlechte Träume“, erklärte er. Noch immer sehe er einen Mann, der damals gestorben ist, fügte er hinzu. Er sei auf dem Weg zum Geldautomaten gewesen, als er an jener Bühne vorbeikam und nur ein kurzes Handyvideo machen wollte. Plötzlich habe jemand versucht, ihn am Hals zu schneiden.

Ein 61-jähriger Lehrer, der ebenfalls schwere Verletzungen im Hals- und Schulterbereich sowie im Gesicht erlitt, berichtete, ihm fehle Kraft im Arm und er habe weiter Einschränkungen in der Beweglichkeit. Ob die Folgen ganz weggingen, sei sehr fraglich. Seine Erinnerung sei schlechter geworden - sowohl an den Tatabend als auch im Allgemeinen. Mit einer reduzierten Stundenzahl befinde er sich in der Wiedereingliederung. Ob er wieder mehr arbeiten könne, werde in den Ferien entschieden.

Nach Angaben eines 61-jährigen Industriekaufmanns rief der Täter vier bis fünf Mal direkt hintereinander „Allahu Akbar“. „Ich habe den Stich nicht gespürt und auch nicht den Schmerz“, sagte er. Ein Messer habe er auch nicht gesehen. Danach habe er dann Blut an sich herunterlaufen sehen. „Ich möchte nach vorne gucken“, betonte er. Er sei auf kleinen Konzerten gewesen und habe gemerkt, er habe dort keine Ängste bekommen. Bei der Enthüllung einer Gedenktafel in Solingen habe er sich aber eine Zeit lang umgeschaut, was da für Personen kamen. Er habe sich selbst ermahnen müssen, sich auf das Gedenken an die drei Toten zu konzentrieren.

Täter ist wie ein Derwisch über den Platz getanzt

Ein 64-jähriger Marketingfachmann bilanzierte: „Das hat mein Leben verändert.“ Der Täter sei wie ein „Derwisch“ über den Platz getanzt. Dass neben seinem verletzten Freund auch er selbst attackiert wurde, habe er erst Wochen später an Schnitten an der Jacke bemerkt. Bei der Tat habe er nur einen Aufprall gespürt. Er sei zwar körperlich unverletzt geblieben, sei aber nicht mehr so belastbar, brauche längere Erholungszeiten und befinde sich in Therapie. Wie er dankten auch andere Zeugen der Polizei, den Rettungskräften und Betreuern.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem angeklagten Syrer Issa al H. (27) dreifachen Mord und zehnfachen versuchten Mord vor. Zudem soll er IS-Terrorist sein und wenige Stunden vor der Tat der Terrororganisation Islamischer Staat in Videos die Treue geschworen haben.

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