Der frühere SPD-Vorsitzende Walter-Borjans kritisiert die deutsche Außenpolitik in Bezug auf Israel scharf. Niemand wage es, Farbe zu bekennen. Genau wie Juso-Chef Philipp Türmer findet er: Deutschland muss Druck aufbauen, indem es Waffenlieferungen aussetzt.
Innerhalb der SPD wird der Ruf nach einem Kurswechsel im Umgang mit Israel lauter. "Das Aussetzen von Waffenlieferungen ist ein wichtiger Hebel der Bundesrepublik, um Druck auszuüben, und ein Baustein zum Lösen der andauernden humanitären Katastrophe in Gaza", sagte der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer dem "Tagesspiegel": "Das Leiden in Gaza muss ein Ende finden."
Um den Weg für Frieden in der Region zu ebnen, müsse die internationale Staatengemeinschaft Einfluss auf Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und seine Regierung ausüben. "Es darf keinen weiteren Bruch des Völkerrechts geben", sagte Türmer.
Die deutsche Staatsraison für Israel erfordere es, "Israel von seinem Irrweg abzubringen", sagte der frühere SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans dem "Tagesspiegel": "Die Einstellung von Waffenlieferungen für völkerrechtswidrige Zwecke gehört zwingend dazu."
"Die deutsche Öffentlichkeit ist zu 80 Prozent der Ansicht, dass das Vorgehen Israels im Gazastreifen unangemessen ist", sagte Walter-Borjans: "Derweil wagt kaum ein Vertreter der offiziellen deutschen Politik, Farbe zu bekennen und der direkten materiellen Unterstützung des israelischen Völkerrechtsbruchs einen Riegel vorzuschieben."
"Deutsche Außenpolitik druckst unerträglich herum"
Während Staaten wie Frankreich, Großbritannien und Kanada, aber auch große Teile der israelischen Bevölkerung "die Schande beim Namen nennen, druckst die deutsche Außenpolitik in unerträglicher Weise herum", sagte der ehemalige SPD-Chef: "Das hat mit der aus seiner historischen Verantwortung Deutschlands resultierenden Staatsräson, das Existenzrecht Israels zu garantieren, nichts mehr zu tun."
Israel setze "in bisher nie gekannter Weise Waffen mit extremer Sprengkraft in Gaza" ein, sagte Walter-Borjans: "Die rechtsextreme Regierung nimmt dabei das Leiden und Sterben Zehntausender Zivilisten in Kauf, mehr noch, einige ihrer Vertreter erklären es zum Ziel ihres Handelns. Angesichts der unverhohlenen Strategie der Regierung Netanjahu, die Bevölkerung auszuhungern und systematisch zu vertreiben, ist es mehr als zynisch, die eklatante Verletzung des Völkerrechts unter Selbstverteidigung zu verbuchen."
Bereits am Vortag hatten sich mehrere SPD-Politiker, darunter der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Adis Ahmetovic, für einen Exportstopp deutscher Waffen an Israel ausgesprochen. "Deutsche Waffen dürfen nicht zur Verbreitung humanitärer Katastrophen und zum Bruch des Völkerrechts genutzt werden", sagte er dem "Stern". SPD-Chef Klingbeil kündigte an, die Regierung werde den Druck auf Israel erhöhen, äußerte sich jedoch nicht zu den Waffenstopp-Forderungen aus seiner Partei.
Janis Ehling, Bundesgeschäftsführerin der Linken, begrüßte den Kurswechsel in der SPD. "Das zeigt auch, dass die Debatte in der deutschen Gesellschaft, zumindest was den Krieg in Gaza angeht, dass die kippt." Die Bundesregierung sollte nun mit anderen Ländern Druck auf Israel hin zu einem Stopp dieses Kriegseinsatzes machen. "Es braucht unseres Erachtens unbedingt einen Stopp der Waffenlieferungen an Israel in dieser konkreten Situation."
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