Bei massiven russischen Luftangriffen auf die Ukraine sind nach Behördenangaben mindestens ein Dutzend Menschen getötet und viele weitere verletzt worden. In der Region Schytomyr westlich der Hauptstadt Kiew starben zwei Kinder im Alter von acht und zwölf Jahren sowie ein Jugendlicher im Alter 17 Jahren, wie der Zivilschutz mitteilte. Allein dort seien auch mindestens zwölf Menschen verletzt worden.
Insgesamt meldete der Zivilschutz nach Luftalarm im ganzen Land wegen russischer Angriffe mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern mehr als zehn Tote und Dutzende Verletzte.
Die Ukraine sprach von einem Angriff mit 298 Drohnen und 69 Raketen. Wie die Luftwaffe weiter mitteilt, konnten 266 Drohnen und 45 Raketen abgeschossen werden. Es war die zweite Nacht in Folge, in der Russland einen Großangriff auf die Ukraine gestartet hat.
Im Gebiet Kiew starben bei den russischen Luftschlägen laut Behörden mindestens 4 Menschen, 16 weitere wurden demnach verletzt. Auf Bildern und Videos, die der Zivilschutz verbreitete, waren schwere Verwüstungen in Ortschaften zu sehen, zerstörte und brennende Häuser.
Vier Tote und fünf Verletzte meldeten die Behörden in der Region Chmelnyzkyj im Westen des Landes nach einem russischen Raketenangriff, auch dort gebe es schwere Schäden an der Wohnbebauung und sozialen Infrastruktur, hieß es. Sechs Wohnhäuser seien völlig zerstört, mehr als 20 weitere beschädigt worden.
In der Stadt Mykolajiw im Süden des Landes habe eine Drohne ein fünfgeschossiges Haus getroffen. Ein Mensch sei dabei getötet worden. Fünf Bewohner seien verletzt worden, darunter ein Jugendlicher, teilte die Stadt mit. Zwei Frauen seien aus den Trümmern gezogen worden.
Der Bürgermeister von Moskau, Sergej Sobjanin, erklärte indes, dass zwölf Drohnen, die in Richtung der russischen Hauptstadt unterwegs waren, abgefangen werden konnten. Nach Angaben der russischen Zivilluftfahrtbehörde wurde der Flugverkehr an mindestens vier Flughäfen eingeschränkt, darunter der größte Moskauer Flughafen Scheremetjewo.
Bereits in der vergangenen Nacht hatte es einen „kombinierten“ Angriff aus Drohnen und Rakete auf Kiew gegeben. Ukrainischen Angaben zufolge griff Russland mit 250 Drohnen 14 ballistischen Raketen an. Die ukrainische Luftwaffe erklärte, 245 Drohnen und sechs Raketen abgefangen zu haben. Allein in Kiew wurden mindestens 15 Menschen verletzt.
Dritte Phase des Gefangenenaustauschs soll stattfinden
Die neuen Angriffe ereigneten sich vor dem Hintergrund des größten Gefangenenaustausches zwischen Russland und der Ukraine seit dem Beginn des Kriegs vor gut drei Jahren. In der dritten und letzten Phase des bisher beispiellosen Gefangenenaustauschs sollen noch einmal mehr als 300 Menschen freikommen. Vereinbart worden war am 16. Mai bei den ersten direkten Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew seit 2022 in Istanbul der Austausch von insgesamt 1000 russischen Gefangenen gegen dieselbe Zahl von ukrainischen Gefangenen. Am Freitag waren in einem ersten Schritt 390 Gefangene frei gekommen, am Samstag dann in der zweiten Etappe 307.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner in Kiew verbreiteten abendlichen Videoansprache, in der dritten Phase sollten die letzten der 1000 Gefangenen nach Hause zurückkehren. „Aber die Aufgabe besteht darin, absolut jeden, der derzeit in Russland festgehalten wird, nach Hause zu bringen. Und das ist eine gemeinsame Aufgabe für unsere Geheimdienste, für unsere Diplomaten, für unseren ganzen Staat. Natürlich ist das keine einfache Aufgabe, aber sie muss erfüllt werden“, sagte er.
Von den Heimkehrern am Samstag seien 273 im Gebiet Donezk in russische Gefangenschaft geraten, ein großer Teil schon 2022, sagte Selenskyj. Andere seien in den Gebieten Cherson, Saporischschja, Charkiw und Luhansk gefasst worden von den Russen. Insgesamt seien an den ersten beiden Tagen 697 Ukrainer in Freiheit gekommen, sagte Selenskyj.
Russland erhielt nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau dieselbe Zahl an Gefangenen zurück, darunter neben Soldaten auch Zivilisten. Sie waren zunächst in Belarus und sollten von dort aus nach Russland zurückkehren, um medizinisch versorgt zu werden, wie das Ministerium weiter mitteilte.
Selenskyj erklärt Bereitschaft für diplomatische Lösung
Selenskyj verurteilte in seiner Videobotschaft erneut die jüngsten russischen Luftangriffe gegen die Ukraine. „Die Ukraine ist bereit zu jeder Form von Diplomatie, die ein Ergebnis bringt“, sagte Selenskyj. „Wir sind bereit zu allen Schritten, die eine echte Sicherheit garantieren können. Allerdings ist Russland dazu nicht bereit.“
In der kommenden Woche solle mehr Druck auf das Land ausgeübt werden, um es zu einem Frieden zu zwingen. Nötig seien starke Antworten der USA, von Europa und allen anderen, die diesen Krieg beenden wollten. Selenskyj hatte immer wieder noch schärfere Sanktionen gegen Russland gefordert.
Russland kündigte indes an, nach dem Abschluss des Gefangenenaustauschs in den nächsten Tagen der Ukraine die angekündigte Absichtserklärung für die Lösung des Konflikts zu überreichen. Die Arbeit an dem Memorandum sei in der Schlussphase, sagte der Vizechef des russischen Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, dem Militär-TV-Sender „Swesda“. Allerdings werde das Dokument nicht öffentlich präsentiert, sondern eine Grundlage sein für den sehr schwierigen Verhandlungsprozess.
Kremlchef Wladimir Putin hatte das Memorandum für einen möglichen künftigen Friedensvertrag nach seinem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump am Montag angekündigt. Nach russischen Angaben soll es neben den Grundursachen des Konflikts zwischen Moskau und Kiew auch die Aussicht auf eine mögliche Waffenruhe enthalten.
In Kiew hatte Präsident Selenskyj gesagt, er warte auf die russische Erklärung. Zugleich lehnte er einen von Moskau geforderten Rückzug der ukrainischen Truppen aus den nur noch zum Teil von Kiew kontrollierten Gebieten Saporischschja, Cherson, Luhansk und Donezk ab. Russland hatte die Regionen annektiert und zu seinem Staatsgebiet erklärt.
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