Die Zuversicht steigt - doch in der deutschen Wirtschaft herrscht längst keine Euphorie. Der Aufstieg aus dem Tal habe erst begonnen und verlaufe langsam, heißt es vom Ifo-Institut. Etwas trüber ist eine Erhebung bei Einkaufsmanagern. Vor allem bei den Dienstleistern droht ein Abschwungmodus.

Aus der deutschen Wirtschaft kommen im Mai uneinheitliche Signale: So hat sich in den deutschen Chefetagen die Stimmung leicht verbessert. "Die zuletzt stark gestiegene Unsicherheit unter den Unternehmen hat etwas abgenommen", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. "Die deutsche Wirtschaft fasst langsam wieder Tritt." Zugleich allerdings ist die Wirtschaft einer anderen Umfrage zufolge überraschend geschrumpft: Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Privatwirtschaft mit Industrie und Dienstleistern fiel wieder unter die Wachstumsschwelle.

Der Index sank auf Monatssicht von 50,1 auf nun 48,6 Punkte, wie der Finanzdienstleister S&P Global zu seiner monatlichen Befragung von Einkaufsmanagern mitteilte. Dies ist ein Fünfmonatstief. Das an den Finanzmärkten stark beachtete Stimmungsbarometer fiel damit im Mai unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Ökonomen hatten einen Anstieg auf 50,4 Zähler auf dem Zettel. Ausschlaggebend für das Absacken war, dass die Geschäftstätigkeit im Servicesektor wegen der anhaltenden Nachfrageschwäche zum zweiten Mal hintereinander und so stark zurückging wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. Der entsprechende Indexwert fiel auf 47,2 Punkte.

Die Industrie bremste ihre Talfahrt unterdessen: Ihr Barometer stieg leicht auf 48,8 Punkte. "Der PMI im Verarbeitenden Gewerbe befindet sich zwar weiterhin im roten Bereich, steigt aber seit fünf Monaten sukzessive an", erklärte Chefökonom Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank (HCOB), der Sponsorin der Umfrage. Dieser Aufwärtstrend dürfte auf eine Mischung aus kurzfristigen Impulsen - wie Unternehmen, die vor dem Inkrafttreten von Zöllen ihre Bestellungen vorziehen - und einer breiteren zyklischen Verbesserung aufgrund der EZB-Zinssenkungen zurückzuführen sein.

Die Dienstleister könnten hingegen in einen Abschwungmodus geraten: "Die Aktivität geht seit zwei Monaten zurück, beim Neugeschäft hat sich der Rückgang beschleunigt und an der Preisfront kann man nicht mehr allzu große Erhöhungen durchsetzen", erklärte der Experte.

Derweil ist der Ifo-Geschäftsklimaindex von 86,9 auf 87,5 Punkte im April gestiegen und damit das fünfte Mal in Folge. Für das Barometer hat das Ifo-Institut wie gewohnt rund 9000 Führungskräften befragt. Ökonomen hatten mit einem Anstieg auf 87,4 Punkten gerechnet. Die Unternehmen zeigten sich zwar etwas skeptischer bei der aktuellen Lage, blickten aber etwas weniger pessimistisch auf ihr künftiges Geschäft.

"Die Firmen korrigierten insbesondere die Erwartungen merklich nach oben", erklärte Ifo-Chef Fuest. Bei den Dienstleistern setzte sich die positive Entwicklung des Geschäftsklimas fort. "Der Bereich Transport und Logistik erholte sich von dem Stimmungseinbruch, den die Zollankündigungen verursacht hatten." Auch beim Handel ging es nach oben und beim Bau verbesserte sich das Geschäftsklima zum vierten Mal in Folge.

"Die Konjunktur zeigt erste Anzeichen einer Erholung", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. "Wir haben erst begonnen, uns aus dem Tal nach oben zu arbeiten und wir kommen nur langsam aus dem Tal heraus." Ein "schneller Konjunkturanstieg" sei aber nicht zu erwarten. "Das Prinzip Hoffnung ist wieder da, man ist aber immer noch vorsichtig." Ähnlich äußerte sich Jens-Oliver Niklasch von der LBBW: "Bei aller angebrachten Konjunkturskepsis - es mehren sich die Hoffnungszeichen."

Die deutschen Wirtschaftsweisen rechnen dieses Jahr mit einer Stagnation beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) und sehen die Konjunktur "weiter in einer ausgeprägten Schwächephase". Einen Effekt hat dabei inzwischen auch der fehlende Bundeshaushalt infolge der vorgezogenen Neuwahl. So hatte der Bau-Branchenverband HDB jüngst in seiner Konjunkturprognose mitgeteilt, dass durch die vorläufige Haushaltsführung des Bundes "gerade im Bundesfernstraßenbereich seit neun Monaten keine neuen Projekte an den Markt kommen".

Erst nächstes Jahr erwarten die Wirtschaftsweisen Besserung: Für 2026 rechnen sie mit einem BIP-Zuwachs von 1,0 Prozent - auch dank der Wachstumseffekte durch das Finanzpaket.

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