Die USA verlieren Vertrauen am Finanzmarkt. Die Ratingagentur Moody's gibt den USA nicht mehr die Höchstnote für die Kreditwürdigkeit. Kurzfristig halten sich die Auswirkungen in Grenzen, sagt Anlagestrategin Vera Fehling. Langfristig sei vor allem die hohe Staatsverschuldung der USA ein großes Problem.

ntv: Welche Folgen hat diese Rating Herabstufung der USA durch Moody's?

Vera Fehling: Glücklicherweise sind die Auswirkungen auf die Finanzmärkte zum jetzigen Zeitpunkt nicht allzu groß. Moody's ist die dritte der drei großen Ratingagenturen, die diese Herabstufung jetzt vorgenommen hat. Und Standard & Poor's hat 2011 bereits diesen Schritt gemacht. Da Moody's auch den Ausblick bei "stabil" belassen hat, sind die Auswirkungen auf die Finanzmärkte, insbesondere auf die Staatsanleihen, eher überschaubar.

Aber die Renditen für langlaufende amerikanische Staatsanleihen sind leicht gestiegen. Wird das Thema Staatsschulden in den USA ein immer größeres Problem?

Das ist ein strukturelles Thema, das immer wieder nach oben gespült wird, bis es wieder von anderen Nachrichten überlagert wird. Bei dem aktuellen Ausblick für das Haushaltsdefizit der USA von fast sieben Prozent und angesichts der hohen Verschuldung, die in den nächsten Jahren refinanziert werden muss, wird uns dieses Thema auf jeden Fall in den nächsten Jahre noch sehr intensiv begleiten.

Viele Investoren suchen sich derzeit andere Investitionsziele. "Sell America", heißt es. "Verkaufe Amerika" und kaufe möglicherweise Europa. Ist das eine Anlagestrategie, die Sie in der Praxis sehen?

Das sehen wir ganz klar als Anlagestrategie, sowohl beim Kundeninteresse als auch bei tatsächlichen Umschichtungen. Die Performance dieses Jahr - eine unterdurchschnittliche Entwicklung an den Aktienmärkten in den USA und eine überdurchschnittliche Entwicklung an den europäischen Aktienmärkten - ist ein Symptom davon. Und wir gehen davon aus, dass das auch noch nicht morgen zu Ende sein wird.

Der Dollar hat sich auch schwächer entwickelt gegenüber dem US-Dollar. Ein Trend, der Ihrer Meinung nach anhalten wird?

Das ist die große Frage! Unter anderem wird das von den Aktionen der Zentralbanken abhängen. Die Zinsdifferenz ist immer ein wichtiger Indikator für die Währungsentwicklung. Aktuell hat außerdem der Trend zum Verkauf von amerikanischen Vermögenswerten mit zur Schwächung des Dollar geführt. Ob dieser Vertrauensverlust in die USA, den wir gerade sehen, so anhält, hängt ganz stark davon ab, wie der Rest der derzeitigen 90-tägigen Zollpause zwischen den USA und China genutzt werden wird.

Man sieht, dass die europäischen Aktienmärkte profitieren aktuell. Welche langfristigen Auswirkungen auf Europa und Deutschland erwarten Sie?

Das ist jetzt nicht zu erkennen. Die USA sind immer noch der wichtigste, liquideste und am meisten genutzte Staatsanleihenmarkt der Welt. Aktuell ist auch wirklich keine strukturelle Alternative zu dem Dollar als Reservewährung in Sicht. Da qualifizieren sich weder Bitcoin noch Gold, noch der japanische Yen, noch der chinesische Renminbi. Vom Euro wollen wir da gar nicht reden. Das ist das eher ein langfristiges Thema, was sicherlich in den nächsten Jahren immer wieder hochkommen wird, nicht in den nächsten zwei Monaten.

Womit rechnen Sie in den nächsten Monaten?

Wir rechnen mit einer Fortsetzung der Entwicklung, die wir in den letzten anderthalb Wochen gesehen haben. Trump hat einen Deal mit Großbritannien ausgehandelt, dann einen mit China. Die sind noch nicht bis ins letzte Detail verhandelt. Aber die Richtung stimmt uns auf jeden Fall positiv. Auch der Ton der verhandelnden Parteien einander gegenüber ist viel konzilianter geworden, als er das noch vor ein paar Wochen war. Deshalb rechnen wir erst einmal mit einer Fortsetzung dieser positiven Entwicklung.

Mit Vera Fehling sprach Sabrina Marggraf. Das Gespräch wurde zur besseren Verständlichkeit leicht gekürzt und geglättet

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