Im internationalen Vergleich ist die Schweiz unter den Besten, wenn es um die Wahrnehmung von Korruption von Verwaltung und öffentlichem Sektor geht. Doch Laurent Crémieux von der Eidgenössischen Finanzkontrolle sagt kurz und knapp: «Die guten Noten im Ländervergleich bedeuten noch nicht, dass die Schweiz korruptionsfrei ist.»

Die verschiedenen mit der Korruptionsbekämpfung betrauten Gremien müssten besser koordiniert werden.
Autor: Laurent Crémieux Eidgenössische Finanzkontrolle

Unter internationalem Druck hat sich die Schweiz erst vor fünf Jahren eine Anti-Korruptionsstrategie gegeben. Crémieux und sein Team haben die Strategie und die Verwaltung im Auftrag des Bundes analysiert. Sie kommen zu einem harten Urteil: Die Strategie sei ohne Ambition, unverbindlich – nicht einmal Ziel und Zweck seien klar. Auch organisatorisch sei die Schweiz nicht optimal aufgestellt.

Legende: Die Schweiz steht im internationalen Korruptionsindex gut da, wenn es um die Wahrnehmung von Korruption von Verwaltung und öffentlichem Sektor geht. Keystone / Gaetan Bally

«Die verschiedenen Stellen der Korruptionsbekämpfung müssen besser koordiniert werden», fordert Crémieux und warnt vor einem Silodenken. Die EFK vermisst den ganzheitlichen Blick, um Korruption zu bekämpfen und dafür zu sensibilisieren. Hierbei gehe es auch um Interessenbindungen, Geschenke, Gefälligkeiten, Aufträge oder Nebenbeschäftigungen.

In der Bundesverwaltung gibt es eine interdepartementale Arbeitsgruppe zur Korruptionsbekämpfung mit neun beteiligten Bundesämtern. Dazu eine Koordinationsgruppe für Geldwäscherei und Terrorismus-Finanzierung. Weitere Gremien kümmern sich um widerrechtlich erworbene Vermögen (Potentatengelder) oder um Rohstoffe.

Die Schweiz ist im internationalen Vergleich nicht so sehr von Korruption betroffen. Deshalb finde ich die Strategie des Bundesrats korrekt.
Autor: Barbara Steinemann Vizepräsidentin Rechtskommission, Nationalrätin SVP

An den kritischen Worten der EFK stört sich SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann, Vizepräsidentin der Rechtskommission. Korruption müsse bekämpft werden und auch in der Schweiz gebe es sie. Doch die Schweiz sei im internationalen Vergleich nicht so sehr von Korruption betroffen: «Deshalb finde ich die Strategie des Bundesrats korrekt, dass man anderen Problemfeldern mehr Gewicht beimisst.»

Ist das Schweizer Selbstbild zu optimistisch?

Transparency International Schweiz dagegen teilt die Analyse der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Dass die Strategie nicht griffiger ist, erklärt sich Geschäftsführer Urs Thalmann auch mit dem Schweizer Selbstbild zur Korruption: «Wir haben diese Heile-Welt-Selbstvorstellung, dass alles in Ordnung ist. Doch das stimmt nicht ganz.»

Genaue Zahlen hat allerdings auch Transparency nicht. Thalmann erinnert daran, dass seine Organisation die Dunkelziffer von einigen Jahren auf 90 Prozent geschätzt hat: «So genau kann das natürlich niemand sagen.» Korruption untergrabe die Chancengleichheit und betreffe alle. Das Bewusstsein müsse sich zuerst ändern, ist er überzeugt.

Bundesrat lässt an Organisation nicht rütteln

Die Finanzkontrolle macht neben ihrer Kritik auch Empfehlungen und schlägt eine Analyse der Korruptionsrisiken vor. Erst daraus liessen sich messbare Prioritäten ableiten. Nötig sei auch eine verstärkte Sensibilisierung. Die EFK hat erreicht, dass der Bund nun eine Mehrheit der Empfehlungen in die Nachfolgestrategie für die nächsten Jahre einfliessen lässt.

Nichts ändern hingegen will der Bundesrat an der Organisation. Er schreibt: «Der Bundesrat hält am bestehenden Anti-Korruptionsdispositiv fest (...). Aus seiner Sicht hat sich der pragmatische dezentrale Ansatz der fachlichen Aufteilung der Korruptionsprävention bewährt.»

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