- Trotz Software-Updates stoßen Millionen Dieselautos in Deutschland weiterhin zu viele Schadstoffe aus, – etwa, weil die Abgasreinigung bei bestimmten Temperaturen abgeschaltet wird.
- VW rechtfertigt dieses sogenannte Thermofenster mit Sicherheit und Gutachten des Kraftfahrtbundesamtes.
- Ein Gericht erklärt das VW-Thermofenster für illegal. Das könnte weitreichende Folgen auch für andere Hersteller haben.
Millionen Autos auf Deutschlands Straßen produzieren mehr Schadstoffe als die Hersteller behaupten – auch zehn Jahre nach dem Abgasskandal. Wir erinnern uns: VW-Autos hatten eine Software verbaut, die erkannte, wenn Abgase gemessen wurden. Den Motor schaltete dann in einen sparsamen Modus und reduzierte die Abgase drastisch. Im Labor erfüllten die Autos so strenge EU-Abgasnormen – zurück auf den Straßen bliesen sie teils das zigfache der Grenzwerte in die Luft.
Zwar besserte VW nach dem Skandal die Software nach. Doch das Problem ist längst nicht behoben, sagt die Deutsche Umwelthilfe. Sie klagte gegen ein so genanntes Thermofenster – einen Temperaturbereich, in dem die Abgasreinigung der Motoren trotz Update ausgeschaltet bleibt, erklärt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
"Volkswagen schalte bei Euro-5-Dieselmotoren ab etwa 10 Grad die Abgasreinigung ab", erklärt Resch: "Das bedeutet: Die Stickoxid-Emissionen schnellen in Höhe und das betrifft knapp die Hälfte der Zeit des Jahres, insbesondere die Wintermonate".
VW verteidigt Thermofenster
Grundsätzlich sind Abschaltvorrichtungen im Motor nach EU-Recht nur in Notfällen und zur Sicherheit erlaubt. Auf solche Sicherheitsaspekte berief sich VW in dem Gerichtsverfahren. Ein Sprecher des Konzerns schreibt auf Anfrage von MDR AKTUELL: "Das vom Kraftfahrtbundesamt geprüfte und bestätigte Thermofenster schützt vor unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigungen oder Unfall. Die Risiken wiegen so schwer, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des Fahrzeugs darstellen können".
VW stützt sich dabei auf Fachgutachten zweier Professoren. Und: auf das Kraftfahrtbundesamt, das die Abschaltvorrichtung erlaubt hatte.
Gericht: Thermofenster ist illegal
Damit könnte es nun vorbei sein, denn die Richter vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht gaben dem Umweltverband recht und stuften die Temperaturschaltung in einem VW Golf Motor als illegale Abschaltvorrichtung ein.
Eine Revision ließ das Gericht nicht zu, VW versucht allerdings noch, sie vor dem Bundesverwaltungsgericht zu erzwingen. Mit einer sogenannten Nicht-Zulassungsbeschwerde. Solange die nicht bearbeitet ist, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
Droht die Stilllegung von Millionen Dieselfahrzeugen?
Sollte es Bestand haben, so prophezeit Jürgen Resch von der Umwelthilfe, wird das Urteil erhebliche Signalwirkung haben: "Es kommen noch einige Verfahren über Dieselfahrzeuge hinzu: von Mercedes, von BMW, auch von ausländischen Herstellern. Insgesamt mehr als 110 Verfahren ruhen beim Verwaltungsgericht, die nach der Entscheidung dieses Musterverfahrens wahrscheinlich relativ zügig durchentschieden werden".
Sollte sich diese Voraussage erfüllen, ist das Kraftfahrtbundesamt in der Pflicht. Es wird sich dann die Frage stellen müssen: Verpflichtet es die Hersteller zum Nachrüsten? Oder legt es Millionen Dieselfahrzeuge still?
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