- Die Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt, Michael Kretschmer und Reiner Haseloff, wollen den Zeitplan bis 2045 aufweichen.
- Den Zeitplan zur Klimaneutralität infrage zu stellen, ist laut Jens Schneider, Professor für Vernetzte Energiesysteme, keine Lösung,
- Trotz sinkender Marktpreise bleiben Energiekosten für Verbraucher wegen Steuern und anderer Abgaben, etwa für den Netzausbau, weiter auf einem hohen Niveau.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmar war noch nie ein Freund der grünen Energiewende. Im Wahlkampf polterte er, sie sei gescheitert – und er steht zu diesen Worten.
Kretschmer und Haseloff stellen Zeitplan für Klimaneutralität infrage
Mehr noch: Kretschmer will eine Debatte, ob Deutschland wirklich bis 2045 zu 100 Prozent klimaneutral sein muss. "Ich denke, dass wir darüber noch einmal maßvoll nachdenken sollten, weil damit enorme Kostenersparnisse verbunden wären, wenn man nicht 100 Prozent bis 2045 erreichen würde, sondern vielleicht 90 oder 80 Prozent. Oder wenn man dieses Ziel auch maßvoll noch nach hinten schieben könnte."
Unterstützung bekommt Kretschmer von Reiner Haseloff, Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt. In einem Interview mit dem TV-Sender "Welt" warnte er, ganze Industriezweige könnten wegen des starren Klimaziels wegbrechen. Auch Haseloff plädiert für eine "Modifikation des Fahrplans".
Wissenschaftler warnen vor Aufweichen des Zeitplans
Bei Grünen und Klimaschützern sorgt das für Entsetzen. Erst diese Woche warnte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: Sieben von neun Belastungsgrenzen des Planeten sind überschritten.
Auch Jens Schneider, Professor für Vernetzte Energiesysteme an der HTWK Leipzig, hält nichts davon, jetzt bei der Energiewende zu bremsen. "Das Tempo zu verlangsamen oder das Hinterfragen ist überhaupt keine Lösung. Wir müssen das als Chance begreifen, die Chance für unser ganzes Land und für die einzelnen Regionen sehen. Und das ist der richtige Weg. Wir müssen nach vorne gucken, wir müssen neue Antworten suchen und nicht in alte Ressentiments verfallen. Das macht keinen Sinn aus meiner Sicht."
Preise für Strom und Gas werden weiter sinken
Nun argumentieren Kritiker: Die Energiewende sei zu teuer. Doch ist sie das wirklich? Peter Reitz, Chef von Europas größter Energiebörse EEX mit Sitz in Leipzig, legte auf dem Ostdeutschen Energieforum diese Woche Preise vor. Demnach kostet Strom an der Börse inflationsbereinigt inzwischen weniger als vor der Energiekrise – auch dank des Ausbaus der Erneuerbaren. "Und die zweite Botschaft: Dass der Energiemarkt erwartet, dass die Preise für Gas und Strom mittelfristig weiter sinken werden. Und das sind nicht irgendwelche Vorhersagen, das sind gehandelte Preise. Sie können sich heute schon Strom für in drei Jahren zu einem gesicherten Preis sichern." Der liege deutlich unter den heutigen Preisen für Strom oder Gas.
Trotzdem kommt den meisten Deutschen ihre Stromrechnung üppig vor. Doch das liegt nicht am Strompreis selbst, sondern an den Steuern und Abgaben, die der Staat noch obendrauf schlägt. Zum Beispiel für den Ausbau der Stromnetze, den es für Windräder und Solaranlagen braucht.
Kretschmer warnt vor Deindustrialisierung wegen hoher Energiekosten
Unterm Strich, so sieht es Michael Kretschmer, sei die Energiewende deswegen doch teuer. "Und wenn die Energiekosten so hoch sind, dass sie zur Deindustrialisierung führen, dass die Grundstoffindustrie unser Land verlässt, dann ist das kein Erfolg. Das würde ich so sehen. Und vor allen Dingen gehen diese Industrien ja in Länder, in denen nicht mit gleichen Umweltschutzmaßnahmen gearbeitet wird wie in der Bundesrepublik Deutschland. Es ist also auch für das Thema Klimaschutz kein Erfolg." So beklagt Kretschmer das Aus für Anlagen des Chemieunternehmens Dow in Schkopau und Böhlen.
Für den sächsischen Ministerpräsidenten folgt daraus: Die Energiekosten müssen runter. Und das gelinge leichter, wenn man die Klimaziele lockert. Ganz aufgeben will er die Klimaneutralität nicht, das sei noch einmal erwähnt. Aber er wünscht sich dafür mehr Zeit.
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