Mit der Herabstufung der Bonität Frankreichs hat die Ratingagentur Fitch Schlagzeilen gemacht. Weniger Beachtung fand, dass fast zeitgleich der einstige Krisenstaat Spanien von der Agentur S&P mit der gleichen Note eingestuft wurde. Die Entwicklung der beiden Nachbarländer könnte kaum gegensätzlicher sein.

Es dürfte nur eine Momentaufnahme sein: Nach den jüngsten Entscheidungen der großen Ratingagenturen liegen Spanien und Frankreich gleichauf. Von Fitch bekam Frankreich gerade die Note A+ verliehen, S&P stufte fast zeitgleich Spaniens Bonität neu ein mit dem gleichen Rating. Allerdings bewegen sich die beiden Nachbarländer in entgegengesetzte Richtungen: Spanien, vor gut einem Jahrzehnt in der Eurokrise noch eins der Sorgenkinder Europas, hat seine Staatsfinanzen in den Griff bekommen und baut seine Schulden kontinuierlich ab. Frankreichs Schuldenquote steigt dagegen unaufhaltsam - mit düsteren Aussichten auch für die kommenden Jahre.

2008 platzte in Spanien eine gigantische Immobilienblase. Die Wirtschaft stürzte in eine jahrelange, tiefe Krise. Die Arbeitslosigkeit stieg bis 2012 auf fast 27 Prozent. Der Bankensektor und schließlich der spanische Staat selbst mussten mit einem 100 Milliarden Euro schweren Hilfspaket von der Eurogruppe gerettet werden. Die Schuldenlast des Staates stieg im Zuge der Krise von weniger als 40 Prozent der Wirtschaftsleistung auf mehr als 100 Prozent an. Von den internationalen Ratingagenturen wurde Spanien nur noch eine Stufe über der sogenannten "Junk"-Einstufung bewertet.

Während Spanien und andere Länder an der sogenannten Peripherie kriselten, blieb Frankreich als Teil des Kerns der Eurozone stabil. Die französischen Schulden stiegen in diesen Jahren ebenfalls, wenn auch weniger plötzlich, von über 60 auf knapp unter 100 Prozent. Das beunruhigte allerdings weder den Finanzmarkt noch die Ratingagenturen, die Frankreichs Bonität selbst auf dem Höhepunkt der Eurokrise nicht so schlecht bewerteten wie jetzt.

Zu diesem Zeitpunkt begann sich die Entwicklung der beiden Nachbarländer umzukehren. Ab 2012 begann die spanische Regierung mit tiefgreifenden Reformen, die bis heute nachwirken. Um den Haushalt langfristig zu konsolidieren, wurden Steuern erhöht und Ausgaben mit teils drastischen Maßnahmen gekürzt. Nicht nur Sozialleistungen wurden beschränkt, sondern auch die Gehälter von Staatsbediensteten empfindlich gekürzt. Der Arbeitsmarkt wurde flexibilisiert, das Tarifrecht eingeschränkt.

Der Finanzmarkt geht einen Schritt weiter als die Agenturen

Bis heute sind die Folgen der Krise in Spanien noch nicht vollständig überwunden. Die Arbeitslosigkeit ist zwar stark gesunken, mit mehr als 10 Prozent aber immer noch die höchste in der Eurozone. Doch die Wirtschaft wächst beständig - in diesem Jahr voraussichtlich mit 2,6 Prozent mehr als dreimal so schnell wie die Frankreichs. Die Schuldenquote Spaniens ist mit rund 100 Prozent der Wirtschaftsleistung immer noch hoch. Doch das Haushaltsdefizit liegt deutlich unter dem nominalen Wirtschaftswachstum (das heißt einschließlich der Inflation), so dass die Schuldenquote kontinuierlich und voraussichtlich auch in den kommenden Jahren immer weiter sinkt.

Frankreich dagegen schiebt die dringend notwendige Konsolidierung des Haushalts immer weiter auf. Die Schuldenquote liegt jetzt schon bei 115 Prozent der Wirtschaftsleistung und das Haushaltsdefizit - das höchste der EU - bei 5,8 Prozent. Selbst die von den beiden letzten Regierungen vorgelegten Sparprogramme sahen vor, dass der Anstieg der Schulden in den kommenden Jahren lediglich verlangsamt würde. Da eine Mehrheit der extremen Rechten und linker Parteien das Parlament blockiert, sind aber keine signifikanten Sparmaßnahmen durchsetzbar. Die Schuldenlast dürfte schon in wenigen Jahren auf 130 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen.

Das bedeutet zwar nicht, dass Frankreich unmittelbar vor einer Schuldenkrise steht. Doch die Folgen sind bereits spürbar. Schon im kommenden Jahr dürfte der Schuldendienst zum größten Ausgabenposten der französischen Regierung werden. Denn die Schulden werden nicht nur mehr, sondern auch teurer. Die Ratingagenturen sehen Frankreich und Spanien bei der Bonität noch gleichauf. Die Investoren am Finanzmarkt sind schon einen Schritt weiter: Die Renditen französischer Staatsanleihen sind jüngst über die spanischer Schuldentitel gestiegen. Das heißt, Gläubiger haben inzwischen mehr Vertrauen zu Spanien und verlangen von Frankreich höhere Zinsen.

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