Auf der Autoindustrie lastet gewaltiger Druck. Probleme gibt es in der Schlüsselindustrie zuhauf, die Aufgaben sind riesig. Gerade bei den deutschen Zulieferern. Sie bekommen unter anderem die gedämpfte Autoproduktion voll zu spüren, viele Werke sind nicht ausgelastet. Zugleich haben viele Unternehmen eine Menge Geld in den Wandel zur E-Mobilität investiert - das rechnet sich in vielen Fällen aber noch nicht.
Nach Angaben von Constantin Gall, Autoexperte beim Beratungsunternehmen EY, leiden die Zulieferer besonders unter den niedrigeren Stückzahlen. "Das sind Fragmente dessen, was geplant war", sagt Gall. Das habe nicht nur mit der geringen Nachfrage nach E-Autos zu tun. "In Zeiten wie diesen steht bei vielen Menschen ein Fahrzeugkauf nicht ganz oben auf der Liste."
Die Produktqualität sei ebenfalls nicht das Problem. Der Weg zum Endergebnis sei momentan aber nicht wettbewerbsfähig. "Die großen Konglomerate haben gerade ihre liebe Mühe und Not, weil die Komplexität, die sie in ihren gesamten Strukturen haben sie auffrisst", sagt Gall. Außerdem zögen die Hersteller wieder mehr Wertschöpfung zu sich, um ihre Werke auszulasten.
Gall zufolge müssen sich die Unternehmen verschlanken und auf die Bereiche konzentrieren, die in Zukunft noch Geld abwerfen. "Die europäischen Zulieferer tragen sehr viel Gepäck mit sich herum." Aber nicht, weil sie zwingend etwas falsch gemacht hätten. Sondern weil sich die Industrie über Jahrzehnte so entwickelt habe - und bis vor Kurzem auch sehr gut funktioniert habe. Nun säßen aber viele wie Kaninchen vor der Schlange, anstatt zu handeln. "Das ist wie, wenn man versucht, eine klaffende Wunde mit einem Heftpflaster zu versorgen - wissend, dass man eigentlich nähen müsste."
Vor welchen Herausforderungen die größten Zulieferer stehen - ein Überblick:
Bosch
Dem weltgrößtem Autozulieferer Bosch macht die Krise erheblich zu schaffen. In vielen Bereichen ist das Unternehmen unter Druck geraten und nach eigenen Angabe nur noch teilweise wettbewerbsfähig. Besonders betroffen sind unter anderem Produkte wie Steuergeräte, Antriebe, Lenkungen, Teile für E-Autos und Fahrzeugsoftware sowie Ingenieurdienstleistungen für Autobauer.
Die Gründe für die Krise sind in den einzelnen Bereichen zwar immer etwas anders gelagert. Die gedrosselte Fahrzeugproduktion, verschobene Projekten der Autobauer sowie die daraus entstandenen Überkapazitäten sind aber generell ein Problem. Hinzu komme ein zunehmender Wettbewerbs- und Preisdruck - zum Beispiel durch chinesische Anbieter.
Das Problem für Bosch: Auch in den anderen Unternehmensteilen - die unter anderem Heizungen, Haushaltsgeräte und Elektrowerkzeuge anbieten - läuft es nicht rund. Deshalb gibt es in dem Konzern mit Sitz in Gerlingen bei Stuttgart seit Ende 2023 eine ganze Reihe von Sparprogrammen. Tausende Jobs sollen in den kommenden Jahren weltweit wegfallen. Der angekündigte Stellenabbau summiert sich mittlerweile auf fast 15.000 Stellen, ein großer Teil davon im Zulieferbereich in Deutschland. Auch die Arbeitszeit Tausender Beschäftigten wurde reduziert. Bosch-Chef Stefan Hartung rechnete zuletzt angesichts der Wirtschaftslage und dem Wandel in der Autoindustrie mit weiteren Einschnitten.
Continental
Vor Continental stehen entscheidende Wochen: Am 18. September will der Konzern seine schwächelnde Autozuliefersparte abspalten und als eigenes Unternehmen an die Börse bringen. Conti-Chef Nikolai Setzer spricht von der "bisher tiefgreifendste Neuaufstellung" in der Unternehmensgeschichte. So sollen "neue Kräfte" freigesetzt werden.
Es gleicht einer Rolle rückwärts: Conti hatte 1871 zunächst mit Pferdeschuhen und Reifen begonnen, damals noch für Kutschen und Fahrräder. Später kamen Autoreifen hinzu. Durch mehrere Übernahmen wuchs das Unternehmen zum drittgrößten Autozulieferer der Welt. 2021 hatte Conti bereits die Antriebssparte Vitesco abgespalten. Nun wird der Konzern wieder zum reinen Reifenhersteller. Denn die Hannoveraner wollen auch ihre Kunststofftechniksparte loswerden.
Contis Autozuliefergeschäft gilt seit Langem als Sorgenkind und schrieb in den vergangenen Jahren immer wieder rote Zahlen. Zuletzt hatte der nach Umsatz größten Konzernteil aber etwas mehr verdient. Der Umsatz sackte im zweiten Quartal wegen der stockenden Autoproduktion zwar um fünf Prozent ab, doch blieb davon mehr als Gewinn hängen. Zu verdanken war das Kostensenkungen und Preiserhöhungen. In dem nach Umsatz größten Konzernteil wurde der Sparkurs zuletzt noch einmal verschärft. Mehr als 10.000 Stellen fallen weg, jeweils rund zur Hälfte in der Verwaltung und in Forschung und Entwicklung.
Im Angebot hat das neue Unternehmen Aumovio unter anderem Bremsen, Fahrwerke, Fahrzeugelektronik, Infotainment-Lösungen, Sensoren sowie Komponenten für das assistierte und automatisierte Fahren. Bislang zählt der Bereich rund 92.000 Beschäftigte - fast die Hälfte der Conti-Beschäftigten. Der Umsatz lag im vergangenen Jahr bei rund 19,4 Milliarden Euro.
ZF Friedrichshafen
Die Zahnradfabrik Friedrichshafen - kurz ZF - mit Sitz am Bodensee ist schon seit Jahren im Krisenmodus. Auch für dieses Jahr werden wieder rote Zahlen erwartet. Die rund 50.700 Beschäftigten in Produktion und Verwaltung machen sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze. Tausende Jobs stehen in den kommenden Jahren auf dem Spiel. ZF hat neben Automatik- und Schaltgetrieben unter anderem Fahrwerkskomponenten, Lenksysteme, Antriebe, Bremsen und Sicherheitstechnik im Angebot.
Ein Knackpunkt in der Neuausrichtung des Konzerns ist derzeit die Sparte für Antriebe - intern "Division E" genannt. Sie ist in Teilen nicht wettbewerbsfähig. Dieser Bereich, der nicht nur elektrische, sondern auch hybride Antriebe und Verbrenner umfasst, leidet besonders unter dem verzögerten Anlauf der E-Mobilität sowie unter hohen Kosten und geringen Margen im traditionellen Getriebegeschäft. Weltweit ist in der Division etwa jeder fünfte ZF-Beschäftigte tätig. 2024 wurde hier knapp ein Viertel des Gesamtumsatzes erwirtschaftet. ZF und Arbeitnehmervertreter wollen in den kommenden Wochen über die Neuausrichtung der kriselnden Kernsparte verhandeln.
Schaeffler
Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler steht in der Krise vergleichsweise gut da - auch wegen seiner diversifizierten Geschäfte. Auf dem Vormarsch ist das Geschäft mit Elektroantrieben für Fahrzeuge, wie das Unternehmen mitteilte. Im Gegenzug ging allerdings das Geschäft mit herkömmlichen Antriebssträngen und Fahrgestellen im ersten Halbjahr 2025 zurück.
Insgesamt überstand der Konzern die ersten sechs Monate trotz der schwierigen Wirtschaftslage vergleichsweise gut. Die Umsätze gingen in den ersten sechs Monaten im Vorjahresvergleich um 4,6 Prozent auf rund 11,9 Milliarden Euro zurück. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten (Ebit) sank um 49 Millionen Euro auf 482 Millionen Euro.
Der Zulieferer ist eines der größten Unternehmen weltweit in der Branche. Er will aber wie die anderen auch stark Personal reduzieren. Er hat den Abbau von 4.700 Arbeitsplätzen in Europa angekündigt, davon 2.800 in Deutschland.
Mahle
Einst verdiente der Zulieferer, auch als "Kolben-Mahle" mit Sitz in Stuttgart bekannt, prächtig am Geschäft mit dem Verbrenner. Doch seit Jahren wird das Unternehmen umgebaut. Dabei spielt das Thermomanagement in der Strategie des Stiftungsunternehmens eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich um die Technologien zum Heizen und Kühlen in Fahrzeugen. Das ist vor allem bei Elektroautos ein wichtiges Thema.
Weil das Geschäft bei Mahle nicht gut läuft, sind im vergangenen zwölf Monaten rund 600 Stellen in Deutschland abgebaut worden, wie Vorstandschef Arnd Franz Ende Juli mitteilte. In Deutschland zählt der Zulieferer rund 10.000 Beschäftigte. Das Stiftungsunternehmen hatte mit dem Betriebsrat im August 2023 eine Vereinbarung geschlossen, die bis Ende 2025 betriebsbedingte Kündigungen in Deutschland ausschließt. Außerdem sollten Zukunftskonzepte für die einzelnen Standorte entwickelt werden.
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