Es ist ein beispielloser Schritt: Donald Trump feuert eine Gouverneurin der Notenbank Fed. Damit eskaliert der US-Präsident seinen Angriff auf die weltweit wichtigste Zentralbank. ntv.de beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist passiert?
US-Präsident Donald Trump hat mitgeteilt, er habe die Fed-Gouverneurin Lisa Cook mit sofortiger Wirkung aus ihrem Amt im Vorstand der Notenbank entlassen. Schon vor Tagen hatte er angekündigt, dass er sie loswerden will. Dieser beispiellose Schritt ist eine erhebliche Eskalation im Kampf Trumps gegen die Fed, der er vorwirft, die Zinsen zu langsam und nicht tief genug zu senken.
Wer ist Lisa Cook?
Cook ist die erste schwarze Frau im Vorstand der Fed, dem siebenköpfigen Gouverneursrat. Sie wurde 2022 von Präsident Joe Biden für eine noch laufende Amtszeit bis 2024 nominiert. Biden ernannte sie dann für eine weitere, komplette Amtszeit von 14 Jahren. Diese endet 2038. Cook hat einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften. Vor ihrem Eintritt in die Zentralbank war sie Professorin für Wirtschaftswissenschaften und internationale Beziehungen an der Michigan State University. Cook war außerdem Mitglied des Wirtschaftsberaterstabs von Präsident Barack Obama und arbeitete Anfang der 2000er Jahre im US-Finanzministerium.
Was wird Cook vorgeworfen?
Trump zufolge gibt es hinreichende Gründe für die Annahme, dass Cook in einem oder mehreren privaten Hypothekenverträgen falsche Angaben gemacht habe, um bessere Kreditbedingungen zu bekommen. Der Leiter der Aufsichtsbehörde für den Hypothekenmarkt (FHFA), Bill Pulte, hatte zuvor Justizministerin Pam Bondi eine Untersuchung wegen mutmaßlichen Hypothekenbetrugs nahegelegt. Pulte schrieb ihr, dass Cook eine Eigentumswohnung in Atlanta als ihren Hauptwohnsitz angegeben habe, nachdem sie bereits einen Kredit für ihr Haus in Michigan aufgenommen und dieses ebenfalls als Hauptwohnsitz deklariert habe. Pulte und Bondi gehören zu Trumps Lager. Das Justizministerium forderte Fed-Chef Jerome Powell auf, Cook zu entlassen. Angeklagt wurde sie bisher allerdings nicht.
Was ist an den Vorwürfen dran?
Der US-Sender CNN berichtet unter Berufung auf Hypothekendokumente, dass Cook tatsächlich Hypotheken für zwei Immobilien aufgenommen hat, die beide als Hauptwohnsitz angegeben waren. Warum sie das getan habe und ob es aus Versehen passiert ist, sei aber unklar. In den USA erhält man in der Regel bessere Hypothekenkonditionen für den Hauptwohnsitz als für eine Zweitimmobilie.
Wie reagiert Cook?
Cook wehrt sich. "Der Präsident gab an, mich 'mit Gründen' zu feuern, während rechtlich keine Gründe existieren - und er keine Vollmachten hat, dies zu tun", heißt es in einer Stellungnahme ihrer Anwälte. Sie werde weiterhin ihr Amt ausüben.
Darf Trump Cook feuern?
Das ist unklar. Das US-Gesetz legt fest, dass ein Präsident Mitglieder des Fed-Vorstands nur "aus wichtigem Grund" entlassen darf - wobei aber nicht ausdrücklich definiert ist, was ein wichtiger Grund ist. Wahrscheinlich wird der Fall vom Obersten Gerichtshof entschieden. Dieser hatte signalisiert, dass Fed-Gouverneure einem besonderen Schutz unterliegen. Offen ist auch, ob Cook den Vorstand der Fed sofort verlassen muss und wenn ja, ob Trump die Möglichkeit hat, eine andere Person für ihren Posten zu nominieren.
Was ist der Kontext?
Trump will die Fed unter seine Kontrolle bringen. Der Schritt des Präsidenten stellte einen außergewöhnlichen Angriff auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank dar. Die Fed legt die Zinssätze fest, die als Maßstab für Vermögenswerte in Höhe von Billionen Dollar weltweit dienen.
Trump hat immer wieder gefordert, die Fed solle die Leitzinsen kräftig senken. Die Notenbank ist angesichts von Inflationssorgen bislang dieser Forderung nicht gefolgt. Powell deutete vergangene Woche allerdings an, dass die Fed bei ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung im September die Zinsen wahrscheinlich senken werde. Trump fordert seit Monaten von Powell den Rücktritt. Dieser weigert sich.
Warum will Trump niedrigere Zinsen?
Trump forderte, dass der Leitzins der Fed drei Prozentpunkte unter dem aktuellen Bereich zwischen 4,25 bis 4,50 Prozent liegen soll. Niedrigere Zinsen kurbeln tendenziell die Konjunktur an, weil sie Kredite verbilligen. Zugleich sorgen sie tendenziell für eine höhere Inflation. Trump argumentiert, dass niedrigere Zinsen die vielen US-Haushalte entlasten, vor allem bei den Hypotheken. In den USA liegt die Inflation derzeit bei 2,6 Prozent und damit weiterhin über dem Zielwert der Fed von 2 Prozent. Trump sagt, dass niedrigere Zinsen außerdem den Schuldendienst der USA lindern würden. Die von ihm geforderte Senkung würde eine Billion Dollar pro Jahr einsparen. Fed-Chef Jerome Powell hat jedoch ausdrücklich erklärt, dass die Zentralbank bei der Festlegung ihrer Geldpolitik die Staatsverschuldung nicht berücksichtigt. Der Schuldenberg der USA liegt derzeit bei 37 Billionen Dollar - Tendenz steigend.
Wer entscheidet über die Geldpolitik und die Leitzinsen?
Der Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed, der aus zwölf Mitgliedern besteht. Ihm gehören die sieben Fed-Gouverneure an, der Präsident der New Yorker Fed sowie im Wechsel vier weitere Präsidenten der regionalen Notenbanken.
Wie groß ist der Einfluss Trumps auf die Fed?
Trumps Einfluss ist bei der Fed bereits spürbar. Zwei der sieben Vorstandsmitglieder, Christopher Waller und Michelle Bowman, wurden von ihm während seiner ersten Amtszeit ausgewählt. Sie sprechen sich- im Gegensatz zu den anderen Gouverneuren - schon seit längerer Zeit für Zinssenkungen aus. Vor kurzem gab Gouverneurin Adriana Kugler bekannt, dass sie vorzeitig zurücktreten werde. Trump ernannte Stephen Miran, einen seiner engsten Wirtschaftsberater, zu ihrem Nachfolger. Sollte es Trump also gelingen, Cook aus dem Amt zu drängen, würden ihm loyale Kandidaten die Kontrolle über den siebenköpfigen Gouverneursrat übernehmen.
Hinzu kommt: Im Februar laufen die fünfjährigen Amtszeiten der Präsidenten der zwölf regionalen Fed-Banken aus. Diese Banken schlagen der Zentralbank den Kandidaten für die nächste Amtszeit vor - die Entscheidung liegt aber beim Vorstand der Fed. Das heißt: Ohne Zustimmung dieses – dann womöglich von Trump-Vertrauten dominierten - obersten Leitungsgremiums kann niemand Präsident oder Präsidentin einer regionalen Fed-Bank werden.
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