Das mögliche Scheitern der französischen Minderheitsregierung lässt die Anleger nervös werden: Aktienkurse fallen, Anleiherenditen steigen. Laut dem Finanzminister könnte Frankreich im Krisenfall sogar auf finanzielle Hilfe des Internationalen Währungsfonds angewiesen sein.
An Frankreichs Börse machen sich die Anleger Sorgen um die Zukunft ihrer Regierung. Vor allem französische Banken lassen Federn, weil die Minderheitsregierung unter Ministerpräsident François Bayrou im kommenden Monat stürzen könnte. Die Aktien der Großbanken BNP Paribas und Société Générale brechen zeitweise jeweils um mehr als sieben Prozent ein. Der französische Leitindex CAC40 rutscht um rund zwei Prozent ab.
Drei große Oppositionsparteien verkündeten am Montag, bei der für den 8. September geplanten Vertrauensfrage von Bayrou zu seinen Plänen für umfassende Haushaltskürzungen gegen die Regierung zu stimmen. Die Sozialisten, von deren Votum Bayrous Schicksal weitgehend abhängt, erklärten, sie sähen keine Möglichkeit, ihn zu unterstützen. Parteichef Olivier Faure sagte der Zeitung "Le Monde", es sei unvorstellbar, Bayrou zu stützen. Die rechtsextreme Nationale Sammlungsbewegung und die Grünen haben bereits erklärt, Bayrou nicht das Vertrauen aussprechen zu wollen.
Finanzminister hält IWF-Eingreifen für möglich
Angesichts der politischen Unsicherheit trennten sich Anleger auch von französischen Staatsanleihen. Im Gegenzug stieg die Rendite zehnjähriger Anleihen um vier Basispunkte auf rund 3,53 Prozent und erreichte damit ihren höchsten Stand seit März. Der Spread, die Lücke zwischen den Renditen französischer und deutscher Anleihen - ein Maß für die Prämie, die Anleger für das Halten französischer Bonds verlangen - hat sich inzwischen auf rund 79 Basispunkte vergrößert und damit den größten Wert seit April. Dagegen beträgt die Spanne zwischen den Renditen französischer und italienischer Zehn-Jahres-Anleihen nur noch neun Basispunkte; vor zwei Jahren lag sie noch bei rund 150.
"Wir sehen in den kommenden Tagen eine erhöhte Volatilität und einen erhöhten Druck auf die französischen Anleihen-Spreads", sagte Mohit Kumar, Chefvolkswirt für Europa bei Jefferies. Sollte Bayrou die Vertrauensabstimmung in der Nationalversammlung verlieren, droht seine Regierung zu stürzen. Präsident Emmanuel Macron könnte dann einen neuen Premierminister ernennen, Bayrou bitten, als Chef einer Übergangsregierung im Amt zu bleiben, oder Neuwahlen ausrufen.
Der französische Finanzminister Eric Lombard betonte am Morgen, er habe sich sicherlich nicht mit der Vorstellung abgefunden, dass die Minderheitsregierung im nächsten Monat platzen könnte. Lombard wies auch darauf hin, dass das Risiko bestehe, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) im Falle eines Regierungssturzes in die Wirtschaft eingreifen müsse, wenn Frankreich seine Finanzen nicht in Ordnung bringe. Der IWF gewährt in der Regel nur Ländern finanzielle Unterstützung, die aufgrund schwerer Haushaltskrisen überhaupt keinen Zugang mehr zum Finanzmarkt haben - und selbst dann nur unter der Voraussetzung weitreichender Reformen. Frankreich ist bisher von einer solchen Lage weit entfernt.
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