Viele Steuermillionen hat Porsche für die Entwicklung von Batteriezellen bekommen. Doch nun stoppt der Autobauer das Projekt in Baden-Württemberg. Was steckt dahinter?
"Eigentlich wollte ich hier in Rente gehen", sagt Sebastian Rohloff. Doch statt mit Sicherheit blickt der Logistikmitarbeiter der Firma Cellforce nun mit Wut, Enttäuschung und Angst in die Zukunft. Seine Stelle bei der Porsche-Tochter wird wahrscheinlich wegfallen, so wie ein Großteil der insgesamt 280 Arbeitsplätze.
Dabei stand Cellforce bei der Gründung im Jahr 2021 eine strahlende Zukunft offen - ein Start-up von Porsche mit dem Anspruch, die Batteriewelt zu revolutionieren. Als sich Rohloff 2022 hier beworben hatte, dachte auch er, dieser Arbeitsplatz sei zukunftssicher. Schließlich wollten sie am Standort Deutschland eigene Batteriezellen für Autos entwickeln und bauen.
Dass damit nach nur vier Jahren schon wieder Schluss ist, sorgt für Ernüchterung bei den Mitarbeitern. Nicht nur bei Sebastian Rohloff aus der Logistik. Auch dem Informatiker Dominik Rein ist die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben: "Es hat hier jeder Vollgas gegeben, und jetzt ist es vorbei - auf einmal." Bis Donnerstag will das Unternehmen nun den Mitarbeitern konkrete Details zum Stellenabbau mitteilen.
Ein Hoffnungsprojekt - nun gescheitert
Der Standort in Kirchentellinsfurt zwischen Tübingen und Reutlingen sollte eine Art "Anlauffabrik" sein, schreibt Porsche in einer Pressemitteilung. Das heißt: Man wollte mit einem relativ geringen Produktionsvolumen starten, um dieses dann später zu erhöhen.
Jetzt stampft Porsche diese Pläne komplett ein. "Leider hat sich der Markt für elektrische Fahrzeuge weltweit nicht so entwickelt wie ursprünglich angenommen", wird Michael Steiner, der Porsche-Vorstand für Forschung und Entwicklung, in der Mitteilung zitiert. "Am Ende müssen wir aber feststellen, dass das geplante Geschäftsmodell wirtschaftlich nicht darstellbar ist."
Der Grund liege demnach in schwächelnden Geschäften in China und den USA. Dort habe sich der Markt bei den Elektroantrieben schlechter entwickelt als geplant. Hoffnung mache zwar eine überproportionale Entwicklung bei E-Autos in Europa, aber trotzdem wolle man Abstand von der eigenen Batterieproduktion nehmen. Statt auf Produktion solle der Fokus nun auf Zell- und Systementwicklung liegen.
Millionen-Förderung vom Staat
Ein Rückschlag ist das nicht nur für die Transformation von Porsche, sondern auch für die Politik und die die Steuerzahler. Denn Cellforce hat von einer üppigen staatlichen Förderung profitiert. Aus Baden-Württemberg flossen bislang etwa 14 Millionen Euro. Die Gesamtförderung aus Landes- und Bundesmitteln beträgt etwa 56,7 Millionen Euro.
"Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, die Batteriezellenfertigung in Deutschland und Europa zu stärken, um industrielle Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern", heißt es dazu aus dem Bundeswirtschaftsministerium. "Zu konkreten laufenden Prüfungen oder möglichen Unterstützungsentscheidungen können wir uns an dieser Stelle nicht äußern."
Standortprobleme und große Konkurrenz
Nicht zuletzt die Insolvenz des schwedischen Batterieherstellers Northvolt, der mit viel staatlicher Förderung in Schleswig-Holstein eine Batteriefabrik aus dem Boden stampfen wollte, zeigt: Deutschland tut sich schwer damit, eine eigene Batterieproduktion aufzubauen.
Dafür gebe es viele Gründe, sagt Helmut Ehrenberg. Er leitet das Institut für Angewandte Materialien und Energiespeichersysteme am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). "Solange wir eine Überproduktion aus China haben und damit ein verzerrtes Preisniveau, werden wir in Europa einfach nicht kostendeckend produzieren können."
In China würden mit enormen Subventionen riesige Mengen an Billigakkus produziert. Diese würden dann den Markt in Europa überschwemmen. Hinzu kämen Probleme durch die US-Handelspolitik. "Unternehmen wird es, freundlich gesagt, leicht gemacht, eher eine Produktionsstätte in den USA als in Europa einzurichten."
Weiteres Problem: Abhängigkeit von Ressourcen
Und in Deutschland? Hier sieht Ehrenberg Nachteile unter anderem durch hohe Energiepreise und Fachkräftemangel. Aber es gebe auch Hoffnung, so der Experte. "Wir sind hier keinesfalls aussichtslos. Wir haben eine exzellente Forschungslandschaft. Wir haben sehr viel Know-how. Wir haben auch die Firmen, die das können."
Ein Problem für Deutschland ist aber die Ressourcenknappheit. Viele Materialien, die für die Produktion von Lithium-Ionen-Akkus benötigt werden, müssen importiert werden - mit enormen Unsicherheiten bezüglich Preisgestaltung und Liefermengen.
Wissenschaftler Ehrenberg fordert hier eine stärkere Fokussierung von Politik und Wirtschaft auf das Recycling von Akkus. Damit könnte man langfristig Abhängigkeiten überwinden, indem man die recycelten Stoffe hier weiterverarbeitet, "was aktuell nicht der Fall ist. Im Moment gehen sie über Korea wieder zurück nach China".
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