- Integration in den Arbeitsmarkt: Große Unterschiede zwischen Ländern
- Viele Geflüchtete in systemrelevanten Berufen, viele im Niedriglohnbereich
- Beschäftigungsquote: Großer Unterschied zwischen den Geschlechtern
- Was künftig bei der Integration helfen könnte
Die vor zehn Jahren nach Deutschland gekommenen Geflüchteten haben zum Großteil eine Arbeit. Wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Montag mitteilte, liegt die Beschäftigungsquote der 2015 Zugezogenen bei 64 Prozent. Ziehe man die Selbständigen hinzu, ergebe sich eine Erwerbstätigenquote von 70 Prozent – genauso wie bei der Gesamtbevölkerung. Doch während sich die Beschäftigungsquote im Bundesschnitt angleicht, gibt es zwischen den Ländern, den Geschlechtern und bei den Verdiensten erhebliche Unterschiede.
Integration in den Arbeitsmarkt: Große Unterschiede zwischen Ländern
Regional ist die Integration in den Arbeitsmarkt seit dem historischen "Wir schaffen das" von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel am 31. August 2015 höchst unterschiedlich verlaufen. Am besten ist die Integration der 2015 nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge Baden-Württemberg gelungen. Dort lag deren Beschäftigungsquote bei 66 Prozent. Auf Platz zwei liegt den IAB-Zahlen zufolge Bayern mit 58 Prozent. Am Ende der Liste stehen Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt mit 49 Prozent. Sachsen und Thüringen stehen mit etwa 50 Prozent nur knapp darüber.
Für den Ländervergleich wurden die Beschäftigungsquoten nach Aufenthaltsdauer für die Jahre 2013 bis 2022 der Geflüchteten herangezogen, um eine ausreichend große Fallzahl zu erreichen. Die Statistik zeige, dass die Integration vor allem dort gut gelungen sei, wo wo die Wirtschaft gut laufe und die Arbeitslosigkeit niedrig sei, so die Studienautoren.
"Umgekehrt fallen in Bundesländern mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit – wie den meisten ostdeutschen Ländern – auch die Beschäftigungsquoten der Geflüchteten geringer aus", heißt es in der Studie. Ein ähnliches Bild zeige sich demnach bei den Verdiensten: In den wirtschaftsstarken Bundesländern mit höheren Durchschnittslöhnen erzielen auch Geflüchtete höhere Einkommen.
Viele Geflüchtete in systemrelevanten Berufen, viele im Niedriglohnbereich
Doch insgesamt verdienen die 2015 in Deutschland angekommenen Geflüchteten weit weniger als andere Arbeitnehmer. Ihr mittleres Verdienstniveau in Vollzeitjobs lag 2024 bei 70 Prozent des mittleren Verdienstes aller Vollzeitbeschäftigten – und damit nur knapp über der Niedriglohnschwelle von 66 Prozent. "Allerdings sind viele Geflüchtete noch jung und stehen am Anfang ihrer Erwerbsbiografie", schreiben die Autoren.
Zugleich sind die Geflüchteten laut IAB "häufig in Engpassberufen und systemrelevanten Berufen tätig", etwa im Gesundheitsbereich oder in der Logistik. Als systemrelevant werden Tätigkeiten eingestuft, die "für die Aufrechterhaltung zentraler Infrastrukturaufgaben“ wichtig sind. In Engpassberufen ist es besonders schwierig, neues Personal zu finden.
Beschäftigungsquote: Großer Unterschied zwischen den Geschlechtern
Ein großes Gefälle besteht laut der Studie weiterhin zwischen Männern und Frauen in Arbeit: Bei geflüchteten Männern lag die Beschäftigungsquote mit 76 Prozent um vier Prozentpunkte höher als beim Durchschnitt der männlichen Bevölkerung. Bei den Frauen betrug sie hingegen 35 Prozent – deutlich weniger als der weibliche Bevölkerungsdurchschnitt von 69 Prozent. Außerdem arbeiteten geflüchtete Frauen überdurchschnittlich in Teilzeit.
"Das größte Potenzial für mehr Erwerbstätigkeit unter Geflüchteten liegt bei den Frauen. Der teils unzureichende Zugang zu Kinderbetreuung bleibt jedoch eine zentrale Hürde für ihre Integration in den Arbeitsmarkt", teilte IAB-Forschungsbereichsleiterin Yuliya Kosyakova mit. Zum Vergleich: Bei geflüchteten Frauen mit mindestens einem Kind unter sechs Jahren lag die Beschäftigungsquote bei 21 Prozent, bei Frauen ohne Kindern bei 40 Prozent.
Es gebe aber noch viele weitere Gründe. Unter anderem seien geflüchtete Frauen im Vergleich zu den Männern stärker durch geringere Bildungs- und Ausbildungsabschlüsse belastet, hätten eine schlechtere gesundheitliche Verfassung und würden eher später an Integrationskursen und anderen Maßnahmen teilnehmen.
Was künftig bei der Integration helfen könnte
"Sprachförderung ist zentral", sagte Kosyakova, "sowohl allgemeine als auch berufsbezogene Sprachkurse wirken sich nachweislich positiv auf die Arbeitsaufnahme aus". Dasselbe gelte für Berufsberatung und gezielte Qualifizierungsangebote. Wichtig seien aber auch Faktoren wie die physische und psychische Gesundheit. Kosyakova kritisierte in diesem Zusammenhang die teils eingeschränkte Gesundheitsversorgung im Asylverfahren.
Ein weiterer Punkt: "Unsere Forschung zeigt, dass Menschen, die sich willkommen fühlen, schneller Arbeit finden." Gefragt nach Faktoren, die eine Arbeitsaufnahme hemmen, sagte Kosyakova: "Lange Asylverfahren, der lange Aufenthalt in Gemeinschaftsunterkünften, Sachleistungen und Bezahlkarten, Wohnsitzauflagen. Auch die Aussetzung des Familiennachzugs gehört dazu."
Quelle: dpa/epd (mpö)
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