Wie Elon Musk steigt auch der OpenAI-Chef ins Geschäft mit Chip-Implantaten im Kopf ein. Doch sein neustes Startup Merge Labs ist nicht nur eine neue Attacke auf seinen Erzfeind. Sondern der ultimative Silicon-Valley-Traum: die Vereinigung von Mensch und Maschine.
An Rivalitäten zwischen Sam Altman und Elon Musk mangelt es nicht. Seit sie vor zehn Jahren zusammen den KI-Riesen OpenAI gründeten sind die beiden Tech-Milliardäre die Erzfeinde des Silicon Valley. Nicht nur ihre Chatbots Grok und ChatGPT duellieren sich bei Schachtournieren. Auch Musk und Altman selbst stecken mitten in einem Krieg um die globale KI-Herrschaft. Seit dieser Woche ist ihre erbitterte Feindschaft um eine Facette reicher: Das Wettrennen um die technische Augmentierung des menschlichen Gehirns.
Schon seit 2016 pumpen Elon Musk und andere mit ihm alliierte Tech-Milliardäre wie Peter Thiel, Paypal-Mitgründer Ken Howery oder John Hering hunderte Millionen Dollar in Neuralink. Die Firma, die mit Musks Kapital gegründet wurde, forscht an Chip-Implantaten im Kopf, um damit Blinden das Augenlicht wiederzugeben, Querschnittsgelähmten das Gehen zu ermöglichen oder Parkinson mittels Gehirnstimulation zu heilen. Seine erste Gehirn-Computer-Schnittstelle hat Neuralink schon Anfang 2024 einem an beiden Armen und Beinen gelähmten Patienten eingesetzt. Er konnte wieder Schach spielen, im Internet surfen und einen Computer bedienen - nur mit der Kraft seiner Gedanken.
Doch nun bekommt Musks bahnbrechendes Startup Konkurrenz: Laut einem Bericht der "Financial Times" werkelt OpenAI-Chef Sam Altman daran, seine eigene Firma an den Start zu bringen, die Menschen Computer ins Gehirn pflanzen soll. Merge Labs soll sie heißen und wird bei der ersten Finanzierungsrunde mit 850 Millionen Dollar bewertet. 250 Millionen Dollar will Merge Labs aufnehmen, ein Großteil davon soll vom Wagniskapital-Arm von OpenAI kommen.
Sam Altman selbst will laut dem Bericht nicht investieren, wird das Startup aber mit dem deutschen Tech-Unternehmer Alex Blania, dem Gründer von World, persönlich in Gang bringen. Mit World arbeiten OpenAI und Sam Altman bereits eng zusammen: die Firma entwickelt neben einer Kryptowährung Geräte, um die Netzhaut von Menschen zu scannen, damit sie sich im Internet identifizieren können. Daraus soll einmal ein globales Identitäts- und Finanznetzwerk werden, das jedem Menschen die Teilnahme an der Weltwirtschaft ermöglicht, egal woher er kommt.
Ein langgehegter Silicon-Valley-Traum
Altman hatte schon 2021 selbst in Neuralink investiert. Nun ist er vom Potenzial der Technologie offenbar so überzeugt, dass er selbst ins Rennen um die Gehirn-Chip-Implantate einsteigt. Neuralink ist dabei bislang unangefochtener Marktführer: Musks Firma hat bereits eine Bewertung von 9 Milliarden Dollar und hat sich allein in diesem Jahr 650 Millionen Dollar frisches Geld gesichert. Bereits 2031 will Neuralink eine Milliarde Dollar Umsatz mit Chip-Gehirnimplanten machen und dafür rund 20.000 Menschen im Jahr operieren. Fünf große Kliniken sollen entstehen, in denen Menschen sich Implantate namens Telepathy (für die Gedankensteuerung von Maschinen), Blindsight (für die Wiederherstellung des Sehens) oder Deep (zur Behandlung von Parkinson) setzen lassen können.
Nicht nur Sam Altman will in diesem Geschäft mitmischen. Auch andere Neuralink-Konkurrenten wie Precision Neuroscience und Synchron sind beim Rennen schon dabei. Doch für Altman ist Merge Labs nicht bloß ein weiteres Investment. Es geht ihm offenkundig um mehr als nur ein weiteres Startup, das irgendwann einmal Geld für OpenAI abwirft. Für den KI-Visionär ist es der Versuch, einen langgehegten Silicon-Valley-Traum zu verwirklichen: die Vereinigung von Maschine und Mensch.
Das zeigt sich schon im Namen von Altmans Startup: Als "The Merge" (die Vereinigung), wird die Idee, Menschen und Maschinen zu verschmelzen, im Silicon Valley schon seit Jahren herbeigesehnt. Es ist wohl kein Zufall, dass Altman seine Firma nun direkt danach benennt. Der OpenAI-Chef ist einer ihrer Erfinder.
Der Schlüssel zur digitalen Unsterblichkeit
Ihren Ursprung hatte sie in den 60er Jahren, als es dem deutschstämmigen Forscher Eberhard Fetz erstmals gelang, das Gehirn von Affen mit Elektroden an einen Regler anzuschließen, sodass sie sich kraft ihrer Gedanken selbst ein Leckerli genehmigen konnten. 2004 entwickelte dann der Neurowissenschaftler John Donoghue erstmals ein Gehirnimplantat und setzte es einem gelähmten Mann ein. Seitdem träumt das Silicon Valley von einer Zukunft, in der es keinen Unterschied zwischen Computerchips und menschlichen Gehirnen mehr gibt. Denn beide kommunizieren auf ähnliche Weise: über elektrische Signale.
Transhumanisten sehen darin längst den Schlüssel zur digitalen Unsterblichkeit. Der Tech-Futurist und spätere Google-Chefingenieur Ray Kurzweil sagte schon vor mehr als zehn Jahren, dass Menschen bis 2045 in der Lage sein würden, ihre Gehirne auf Computerchips zu speichern. Eine ganze Netflix-Serie (Altered Carbon) basiert schon auf der Vision, dass Mind-Uploading als Backup für Erinnerungen und die gesamte Persönlichkeit von Menschen eines Tages möglich wird.
Mit der rasanten Entwicklung künstlicher Intelligenz rückt die Idee von der Fusion von Mensch und Maschine nun in immer greifbarere Nähe. Schon 2017 schwärmte Sam Altman davon begeistert auf seinem Blog: Bis spätestens 2075 könnten sich beide womöglich vereinen - oder die Menschheit durch eine überlegene KI oder genetisch verbesserte Spezies abgelöst werden. "Die Vereinigung hat bereits begonnen", orakelte Altman damals. Die Co-Evolution der Menschheit durch KI könne "wahrscheinlich nicht aufgehalten werden. Wenn wir uns nicht vorher selbst zerstören, wird übermenschliche KI kommen, genetische Optimierung wird geschehen, und Gehirn-Maschinen-Schnittstellen werden Realität."
Die Menschheit erschafft ihre eigenen Nachkommen
Die Menschheit werde "die erste Spezies sein, die ihre eigenen Nachkommen erschafft." Entweder könne sie "zum biologischen Zündschlüssel digitaler Superintelligenz werden" und dann als "Nebenast der Evolution verblassen". "Oder wir finden heraus, wie eine erfolgreiche Verschmelzung aussieht." Die Fernsteuerung von Objekten per Gedankenkontrolle wie bei Neuralink oder Merge Labs ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg dorthin. Altman glaubt, dass dank rapider Forschungs- und Produktivitätsfortschritte durch KI die "Zukunft weit größer und besser sein kann, als das heute".
Man sei bereits "über den Ereignishorizont hinaus", stellte er im Juni in einem weiteren Post fest, auf dem Weg zur digitalen Superintelligenz, mit Robotern, die selbst Roboter bauen, Durchbrüchen in der Quantenphysik und der Kolonisierung des Weltalls als möglichen Zwischenstopps. Und der Verschmelzung von menschlichem Denken mit künstlicher Intelligenz, dank "echter Hochleistungs-Schnittstellen zwischen Computer und Gehirn", womöglich schon bis 2035. In den Worten von Sam Altman: "Möge der Aufstieg zur Superintelligenz reibungslos, exponentiell und ohne Zwischenfälle verlaufen."
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke