Inhalt des Artikels:
- Windenergie: Erlöse gehen nach Westdeutschland
- Rascher Windkraftausbau sorgt für Kontroversen
- Gewinnbeteiligung der Gemeinden möglich
- Wohin fließen die Energie-Milliarden für Mitteldeutschland?
Die Energiewende hat ein Image-Problem, auch in Ostdeutschland: Zwar halten zwei Drittel der Teilnehmer einer aktuellen MDRfragt-Erhebung sie für grundsätzlich richtig. Dominiert wird die öffentliche Debatte aber von stark erhöhten Strompreisen und dem Widerstand gegen Hochspannungstrassen, Solarparks und Windräder. Weniger deutlich sichtbar sind die Geldströme hinter dem Umbau des Energienetzes. Mit dem Energiewende-Update zeigt der MDR nun, wohin die Milliarden-Subventionen und -Gewinne der Energiewende fließen. Längst nicht alle bleiben in Mitteldeutschland.
Windenergie: Erlöse gehen nach Westdeutschland
Ein großer Teil der Erlöse strömt von Ost nach West. Das gilt nach einer Analyse der Universität Leipzig insbesondere für die Windenergie: Während in Ostdeutschland ein Drittel der rund 29.000 deutschen Windräder steht, hat nur ein Achtel der Betreiber dort seinen Sitz. 83 Prozent der 9000 Betreiberfirmen sind hingegen in den westdeutschen Ländern ansässig. Am Sitz werden die Gewinne verbucht. Darunter sind anteilig auch Ausgleichsprämien aus dem Bundeshaushalt, um den Betreibern den festgelegten Vergütungssatz garantieren zu können, wenn Wetter und Nachfrage die Preise ins Schwanken bringen.
Auf rund 13 Milliarden Euro werden diese Zahlungen für 2025 prognostiziert. Weil aber in Ostdeutschland nur rund 25 Prozent der Windräder Betreibern im eigenen Bundesland gehören (Westdeutschland: 60 Prozent), bekommt der Osten weniger von den Subventionen – eine Konsequenz von Kapitalmangel und anhaltender Strukturschwäche. Zwar versucht die Politik mit verschiedenen Modellen zur finanziellen Beteiligung gegenzusteuern. Aber vielerorts regt sich weiter Unmut, vor allem gegen die Landnahme durch Windkraft.
Rascher Windkraftausbau sorgt für Kontroversen
In Ostthüringen etwa wurde im Juni der "Teilplan Windenergie" vorgelegt, der einen massiven Ausbau der Windkraft vorsieht. Die Zahl der Vorranggebiete soll dort bis 2027 um das Dreifache steigen. Dann sollen beispielsweise für das Greizer Umland etwa 1,4 Prozent der öffentlichen Flächen für Windräder vorgehalten werden. Derzeit sind es 0,5 Prozent, eine weitere Steigerung bis 2032 ist bereits angekündigt.

Dagegen regt sich etwa im Saale-Holzland-Kreis Widerstand, den Olrik Hopfmann-Poller mit der Bürgerinitiative "Unser Holzland – kein Windkraftland" organisiert. Er sei nicht grundsätzlich gegen die Nutzung von Sonne und Wind, aber halte die Windenergie für ineffektiv und netzgefährdend. Sie gefährde zudem sensible Waldbiotope und Wasserschutzgebiete.
Andere Ostthüringer sehen im Windkraftausbau eine Chance. Sie wollen sich in Genossenschaften zusammenschließen und investieren. "Das Geld ist da, der Wille auch", sagt Thomas Winkelmann von der Genossenschaft BürgerEnergie Saale-Holzland. Aber noch mangele es an einem einfacheren rechtlichen Rahmen, um im Wettbewerb gegen kommerzielle Projektentwickler bestehen zu können. Bundes- und Landespolitik hätten zwar ihren Unterstützungswillen bekundet. Aber die von ihm erhoffte Priorisierung von hiesigen Genossenschaften fehle bislang im Regionalplan.
An dessen Ausgestaltung will die Erfurter Landesregierung die Anwohner in Ostthüringen beteiligen: Wer sich betroffen fühlt, kann in einem Zeitfenster von zwei Monaten seine Hinweise und Bedenken über ein Online-Portal übermitteln. Diese sollen dann, wie es heißt, "direkt in das weitere Planungsverfahren" einfließen.
Gewinnbeteiligung der Gemeinden möglich
Um die Akzeptanz für Windräder und Solarparks vor Ort zu erhöhen, erhalten inzwischen viele mitteldeutsche Kommunen einen Anteil der Erlöse – 0,2 Cent pro erzeugte Kilowattstunde. Je nach Anzahl der Windräder und Solarparks können sie die Gemeindekassen durchaus bereichern, wie Kalkulationen der Universität Leipzig veranschaulichen. So könnten die elf Solarparks und drei Windräder auf dem Gemeindegebiet im thüringischen Artern rund 20.700 Euro im Jahr einbringen, Torgau könnte allein mit zwölf Windparks jährlich knapp 35.000 Euro einnehmen und Stendal mit acht Windrädern und 20 Solarparks sogar rund 450.000 Euro an Einnahmen generieren.

Wieviel Geld am Ende an die Gemeinde geht, hängt neben der wetterabhängig schwankenden Strommenge auch von den jeweils geltenden Vorschriften ab. In vielen Bundesländern können die Betreiber diese Beteiligung noch freiwillig abführen. Doch Sachsen und Thüringen (nur bei Windenergie) verpflichten inzwischen die Betreiber zur lokalen Abgabe, während der in Sachsen-Anhalt seit Mai vorliegende Gesetzentwurf in Kürze beschlossen werden soll. Um die Akzeptanz bei den Anwohnern zu erhöhen, hatte der Bund bereits 2021 die Gewerbesteuer reformiert, auch hier mit dem Ziel, dass mehr Geld in den Erzeugerregionen bleibt.
Wohin fließen die Energie-Milliarden für Mitteldeutschland?
Die Summen aus dem Kohletopf lesen sich verheißungsvoll: 3,25 Milliarden sollen in den nächsten Jahren allein nach Görlitz fließen, 671 Millionen in den Burgenlandkreis rund um Zeitz. Doch viele Ostdeutsche zweifeln, ob die Steuergelder effektiv genutzt sind. So haben mehr als zwei Drittel der Teilnehmer an einer aktuellen MDRfragt-Erhebung kein Vertrauen, dass die Reviere von den Fördergeldern angemessen profitieren werden.
Genährt werden könnten diese Vorbehalte von den langwierigen Vergabeprozessen. Vier Jahre nach dem Beschluss waren im Sommer 2024 zwar schon rund 22 Milliarden Euro konkreten Vorhaben zugewiesen, aber erst 1,9 Milliarden Euro geflossen. Ein Grund: Die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen, welche einen Anteil von rund 14 Milliarden auf das Lausitzer, das Mitteldeutsche und das Mittelrheinische Revier verteilen, mussten zunächst eigene Vergabeverfahren und mitunter auch Behörden einrichten. Zudem investiert der Bund viel Geld aus seinem 26 Milliardenanteil in große Bauprojekte wie Bahnstrecken, deren Mittelvergabe per se langwieriger angelegt ist.
Das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) zieht in seiner jüngsten Analyse zum Einsatz der Milliardenmittel vom Frühjahr eine in der Tendenz positive Zwischenbilanz: Sie würden überwiegend in wachstumsfördernde Bereiche gesteckt. Wichtig sei jedoch, noch mehr Aufmerksamkeit auf die Bindung von Fachkräften zu legen: Denn ohne ausreichend Fachpersonal könnten die wirtschaftlichen Impulse in den Kohlerevieren bremsen.

Auch wenn derzeit unklar ist, ob Deutschland erst im Jahr 2038 oder bereits früher aus der Braunkohleverstromung aussteigt – der Anteil an der Stromproduktion sinkt. Im Jahr 2024 hatte sie noch einen Anteil von 22,5 Prozent und war nach der Windkraft der zweitwichtigste Energieträger der inländischen Stromproduktion – während 59 Prozent der inländischen Stromproduktion auf Erneuerbaren Energien basierten.
(baz)
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