Die Wall Street hat verhalten auf das Zollabkommen mit der EU reagiert. Zudem hielten sich die Anleger vor neuen Bilanzen aus dem Tech-Sektor zurück. Der DAX sackte zuvor ab.
Die US-Aktienmärkte reagierten zum Wochenbeginn gelassen positiv auf das Handelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union. Insgesamt stützte der Deal mit der EU aber den Markt, denn ein offener Handelskrieg wurde damit vermieden. Die Erwartung wichtiger Konzernbilanzen im weiteren Wochenverlauf grenzte zugleich die Kursgewinne ein.
Präsident Donald Trump sagte am Sonntag, die Europäische Union werde pauschale Zölle von 15 Prozent auf die meisten Exporte in die USA zahlen müssen. Damit konnte die EU pauschale Zölle von 30 Prozent abwenden, die sonst ab Anfang August gedroht hätten. "Der Zolldeal-Optimismus hat die Risikobereitschaft der US-Anleger erhöht", sagte Elias Haddad, Stratege bei der New Yorker Privatbank Brown Brothers Harriman.
Nasdaq und S&P 500 bleiben in Rekordlaune
Insgesamt blieben die Schwankungen bei den großen Aktienindizes der Wall Street heute überschaubar. Der Leitindex Dow Jones schloss am Ende bei 44.837 Punkten moderat um 0,14 Prozent tiefer.
Nasdaq und S&P markieren derweil im frühen Geschäft den sechsten Handelstag in Folge knapp neue Rekordstände, sackten danach aber ab. Die Nasdaq legte in der Spitze bis auf 21.202 Punkte zu und ging am Ende bei 21.178 Zählern um 0,33 Prozent höher aus dem Handel. Der Auswahlindex Nasdaq 100 stieg in der Spitze bis auf 23.386 Zähler und endete bei 23.356 Punkten um 0,36 Prozent höher. Der marktbreite S&P 500 gewann leicht um 0,1 Prozent auf 6.389 Punkte. Das neue Rekordhoch steht jetzt bei 6.401 Punkten.
Tesla und Nike gefragt
Unter den Einzelwerten standen die Aktien von Tesla im Anlegerfokus. Der Elektroautobauer hat einen Auftrag im Wert von 16,5 Milliarden US-Dollar an Samsung vergeben. Der Elektronikkonzern soll KI-Chips für Tesla produzieren.
"Die strategische Bedeutung dieses Vertrags kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden", betonte Tesla-Chef Elon Musk. Die Tesla-Papiere stiegen um drei Prozent.
Für die Anteilscheine von Nike ging es an der Spitze des Dow um 3,89 Prozent auf den höchsten Stand seit März. Die US-Bank JPMorgan hatte die Titel des Sportartikelkonzerns von "Neutral" auf "Overweight" hochgestuft und das Kursziel von 64 auf 93 Dollar angehoben.
Zahlenflut voraus - Tech-Größen im Fokus
Im weiteren Wochenverlauf blicken die Anlegerinnen und Anleger auf eine wahre Flut neuer Quartalsberichte. Die US-Berichtssaison steuert auf ihren Höhepunkt zu.
Unter anderem die Tech-Größen Microsoft und Meta (am Mittwoch) sowie Apple und Amazon (am Donnerstag) legen ihre Berichte vor. Zudem Schwergewichte aus dem Standardwertesegment wie Merck & Co., Boeing, die Kreditkartenfirmen Visa und Mastercard oder die Ölmultis Chevron und Exxon.
Ölpreise im Aufwind
Die Ölpreise haben heute nach dem Zollabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und den USA zugelegt. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete drei Prozent mehr als am Freitag. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI stieg ebenfalls um drei Prozent auf 67,06 Dollar.
Die Reaktionen am Ölmarkt auf den Deal mit Europa hielten sich aber insgesamt noch in Grenzen. Schließlich steht eine Einigung mit China und anderen Ländern noch aus. US-Finanzminister Scott Bessent und hochrangige chinesische Vertreter treffen sich heute und morgen in Stockholm.
Ein Handelsabkommen könnte das Weltwirtschaftswachstum stützen und damit auch die Nachfrage nach Rohöl. Er sprach von "Sekundärzöllen", also von Zöllen gegen Russlands Handelspartner, in Höhe von etwa 100 Prozent. Diese Sekundärzölle könnten auch zu steigenden Ölpreisen führen, da Länder wie China und Indien weiterhin Öl aus Russland beziehen.
Am Nachmittag erhielten die Ölpreise weiteren Auftrieb, nachdem US-Präsident Trump den Druck auf Russland im Ukraine-Konflikt erhöht hat. Er werde die bisherige Frist von 50 Tagen für deutlich höhere Zölle für Russlands Handelspartner auf zehn bis zwölf Tage reduzieren, sagte Trump zu Reportern. Damit könnte die wirtschaftliche Basis des Kremls weiter geschwächt werden, indem vor allem große Abnehmer wie China und Indien stärker unter Druck gesetzt werden.
Milliardenschaden für die deutsche Wirtschaft
Zwar ist die totale Eskalation im Handel mit den USA (vorerst) abgewendet, immer mehr aber zeigt sich, dass der Zolldeal mit den USA alles andere als vorteilhaft für Europas Wirtschaft ausgefallen ist. Die heimischen Anleger waren nach anfänglicher Erleichterung darüber, dass es überhaupt zu einer Einigung gekommen ist, zunehmend ernüchtert und verabschiedeten sich vom Markt.
"Die deutsche Wirtschaft wird erheblichen Schaden nehmen durch diese Zölle", sagte Bundeskanzler Merz heute nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts in Berlin.
DAX fällt unter 24.000 Punkte
Nachdem der DAX am Morgen noch bis zu 0,9 Prozent auf 24.444 Punkte gestiegen war, bröckelten die Gewinne am deutschen Aktienmarkt stetig. Im Gefolge fiel der deutsche Leitindex unter die runde Marke von 24.000 und schloss bei 23.970 Punkten um 1,02 Prozent tiefer. Im Tagestief war der Index bis auf 23.942 Punkte abgerutscht. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte verlor 1,45 Prozent auf 31.029 Punkte. Der europäische Auswahlindex EuroStoxx 50 gab 0,27 Prozent nach.
"Zunächst ist dieses Abkommen eine gute Nachricht, da es einen Handelskrieg zwischen den USA und der EU verhindert, der beide Seiten spürbar geschädigt hätte", kommentierte Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen. "Es ändert allerdings nichts daran, dass europäischen Unternehmen der Zugang zu ihrem wichtigsten Auslandsmarkt spürbar erschwert wird, was für sich genommen die EU-Wirtschaft spürbar belasten wird."
Milliarden-Schaden für die deutsche Wirtschaft
Durch die Zölle wird der deutschen Wirtschaft ein Milliarden-Schaden entstehen. Dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge dürften die neuen Zölle das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) binnen eines Jahres um 0,15 Prozent schmälern, berichtet das Handelsblatt. Das wäre ein Minus von rund 6,5 Milliarden Euro.
Die deutschen Unternehmen sind besonders verwundbar, hat die Bundesrepublik doch die höchste Exportquote aller EU-Länder. 2024 lag die Exportquote Deutschlands bei 42,1 Prozent. Das bedeutet: 42,1 Prozent des gesamten deutschen BIPs wurden durch die Ausfuhr von Gütern und Dienstleistungen erwirtschaftet.
Angelsächsische Länder wie die USA, aber auch Großbritannien sind sehr viel konsum- und dienstleistungsorientierter, die Industrieproduktion spielt keine so starke Rolle mehr bei der Zusammensetzung des Sozialproduktes. Da Donald Trump nur auf die reinen Handelsströme abgezielt hat und Dienstleistungen oder andere Übertragungen außen vor blieben, hat er von Anfang an am längeren Hebel gesessen.
"Es handelt sich um einen asymmetrischen Deal, der die USA klar bevorteilt", konstatiert Maximilian Wienke, Marktanalyst bei eToro. Während die EU auf Ausfuhren in die USA Zölle in Höhe von 15 Prozent zahlen müsste, exportierten die USA die meisten ihrer Waren zollfrei nach Europa. "Donald Trump diktiert die Spielregeln."
Autoaktien am DAX-Ende
Kaum eine Branche spiegelt die Verwundbarkeit der deutschen Volkswirtschaft so plastisch wie die Auto-Schlüsselindustrie. Sie lebt vom Export und die USA sind einer der größten Absatzmärkte. Zwar wird auch in den USA selbst produziert, aber eben bei weitem nicht alles, was verkauft wird. So haben Porsche und Audi etwa gar keine Kapazitäten und sind reine Exporteure. Auch der Maschinenbau, die Elektro- oder Chemieindustrie sind betroffen.
Die Autoaktien zierten denn auch unter der Führung von Volkswagen und der Konzerntochter Porsche das DAX-Ende. Auch Chemieriese BASF und Rüstungsaktien gaben heute nach. BASF legt am Mittwoch seinen Quartalsbericht vor. Es gab nur wenige Gewinner unter den 40 DAX-Werten. An der Spitze standen Infineon, die einen Teil ihrer jüngsten Verluste wieder wettmachten. Auch Triebwerksbauer MTU legte zu.
Der Zoll-Deal mit den USA werde die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie jährlich Milliarden kosten, erklärte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Zur Erinnerung: Bevor Trump im April seine Extrazölle einführte, hatte der Zollsatz für die Autoindustrie bei gerade einmal 2,5 Prozent gelegen.
Gewinn bei Audi bricht um mehr als ein Drittel ein
US-Zölle, Kosten für den Konzernumbau und schwache Geschäfte in China haben derweil den Gewinn der VW-Premium-Tochter Audi im ersten Halbjahr einbrechen lassen. Mit 1,3 Milliarden Euro fiel der Überschuss zum Vorjahreszeitraum um 37,5 Prozent geringer aus. Zudem senkte der zu VW gehörende Teilkonzern seine Prognose für das laufende Jahr - die Zolleinigung der EU mit den USA ist hier aber noch nicht berücksichtigt.
Euro rutscht unter 1,16 Dollar
Am Devisenmarkt hat der Euro seine anfänglichen Verluste nach dem Zoll-Deal im Handelsverlauf ausgeweitet. Zuletzt kostete die Gemeinschaftswährung im US-Handel nur noch 1,1593 Dollar und fiel damit unter die Marke von 1,16 Dollar.
"Der Deal fühlt sich an wie eine Niederlage", sagte Jochen Stanzl, Chefstratege beim Broker CMC Markets. "Es ist lediglich das Beste, was man haben konnte. Mehr ging nicht." Anleger griffen dementsprechend bei der US-Devise zu. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1654 (Freitag: 1,1724) Dollar fest.
Der russische Rubel ist derweil gegenüber allen Währungen unter Druck geraten. In den Bemühungen um ein Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erhöht Trump den Druck auf Russland. Er werde die Frist von 50 Tagen für deutlich höhere Zölle für Russlands Handelspartner auf "zehn oder zwölf" Tage reduzieren, sagte er während eines Treffens mit dem britischen Premierminister Keir Starmer. Die neue Frist gelte "ab heute" (Montag), sagte Trump.
Die Aufmerksamkeit der Anlegerinnen und Anleger an den Devisenmärkten richtet sich nun bereits auf die Sitzung der US-Notenbank. Es wird erwartet, dass die Federal Reserve (Fed) ihren Leitzins nach Abschluss ihrer zweitägigen Sitzung am Mittwoch unverändert im Bereich von 4,25 bis 4,50 Prozent halten wird. Die Fed könnte damit erneut den Zorn des US-Präsidenten wecken, warnt Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner.
Berlusconi-Holding bessert Offerte für ProSiebenSat.1 nach
Im Bieterwettkampf um ProSiebenSat.1 erhöht der italienische Medienkonzern MFE sein Angebot, die Aktie ist mit einem Plus von über zehn Prozent der größte Gewinner im SDAX. Pier Silvio Berlusconi, der Chef der Familienholding, betonte, MFE werde die redaktionelle Unabhängigkeit und die nationale Identität von ProSieben bewahren. Damit reagierte Berlusconi auf Bedenken der Bundesregierung, die sich am Wochenende eingeschaltet hatte.
Hypoport verdoppelt den Gewinn
Der Finanzvermittler Hypoport hat seinen Gewinn im zweiten Quartal dank eines florierenden Geschäfts mit privaten Immobilienkrediten mehr als verdoppelt. Das operative Ergebnis (Ebit) stieg auf Basis vorläufiger Zahlen um 102 Prozent auf rund 7,4 Millionen Euro, wie das im SDAX gelistete Unternehmen am Abend nach Börsenschluss mitteilte.
Der Umsatz legte demnach um sechs Prozent auf etwa 146 Millionen Euro zu. Für das gesamte erste Halbjahr zeichnet sich ein Ebit-Anstieg von 94 Prozent auf rund 16 Millionen Euro ab. Der Betreiber der Immobilienkreditplattform Europace und des Finanzvertriebs Dr. Klein will die endgültigen Zahlen am 11. August veröffentlichen.
Suss wird etwas vorsichtiger
Der Halbleiterzulieferer Suss blickt pessimistischer auf das laufende Jahr. Die Bruttomarge dürfte 2025 zwischen 37 und 39 Prozent liegen, teilte das Unternehmen am Abend mit. Zuvor war Suss von 39 bis 41 Prozent ausgegangen. Einmaleffekte hätten das Bruttoergebnis außerordentlich belastet, hieß es weiter. Im ersten Halbjahr war die Bruttomarge von 39,8 Prozent im entsprechenden Vorjahreszeitraum auf 37,2 Prozent gesunken.
Die Ebit-Marge (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) sieht Suss nur noch bei 13 bis 15 Prozent. Zuvor waren zwei Prozentpunkte mehr erwartet worden. Für die zweite Jahreshälfte rechnet Suss angesichts einer weniger dynamischen Umsatzentwicklung, einer Veränderung im Produktmix sowie der temporären Doppelbelastung aus dem Aufbau des Standorts Zhubei in Taiwan mit einer geringeren Profitabilität. An der Erwartung eines Umsatzes von 470 bis 510 Millionen Euro hält das Unternehmen fest. Die Suss-Aktie rutschte nachbörslich ab.
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