Seit Tagen beschiessen sich das thailändische und kambodschanische Militär. Es geht um den umstrittenen Grenzverlauf zwischen den beiden Ländern. In den vergangenen Tagen kamen über 30 Menschen ums Leben. Allein auf der thailändischen Seite mussten über 100’000 Menschen evakuiert werden.

Die Strassen sind leer, die wenigen Fahrzeuge, die dem Reporter entgegenkommen, gehören zum thailändischen Militär. Geschäfte und Restaurants sind geschlossen. Menschen sind kaum zu sehen.

Wir sind im Nordosten Thailands und fahren in Richtung Grenze. Vorbei am ausgebrannten Tankstellen-Shop, der traurige Berühmtheit erlangt hat, nachdem er von einer kambodschanischen Rakete getroffen worden war. Mindestens sieben Menschen kamen ums Leben.

Ständig Artillerieangriffe

Rund zwei Kilometer vor der Grenze treffen wir auf Soldaten. Sie haben sich in einem verlassenen Gebäude eingerichtet und ihre Kampfpanzer parkiert. Raketen und Artilleriegeschosse sind fast den ganzen Tag zu hören. Sie stammten von beiden Seiten, erklärt Leutnant Nitipon. Vor allem aber schiesse die kambodschanische Seite, Thailand müsse sich verteidigen.

Legende: Ein zerstörtes Haus in der Grenzregion auf thailändischer Seite. SRF / Martin Aldrovandi

Nitipon ist seit drei Jahren im Grenzgebiet stationiert. Einen Konflikt wie diesen habe er bisher noch nicht erlebt. Er erzählt von Kameraden, die verletzt wurden. «Ich weiss nicht, wie lange dieser Konflikt noch andauern wird, aber niemand will einen Krieg, der verursacht nur Leid. Wir wollen Frieden, und dass alles möglichst schnell vorbei ist.»

Tausende Menschen in Notunterkünften

Während des Gesprächs nimmt das Artilleriefeuer weiter zu. Wir sollten jetzt so schnell wie möglich weg, sagt die Übersetzerin. Rund 20 Minuten Autofahrt entfernt befindet sich eine Notunterkunft. Auf einem Sportplatz haben mehrere Tausend Menschen Schutz gefunden. Einige haben kleine Zelte aufgestellt, viele liegen auf dünnen Matten im Freien.

Legende: Puhmerin Kansi übernachtet seit drei Tagen mit ihren beiden Kindern in der Notunterkunft. SRF / Martin Aldrovandi

Puhmerin Kansi stammt aus einem Dorf unweit der Grenze. Die 32-Jährige ist seit drei Tagen hier mit ihrem Mann, den zwei Kindern und ihren Eltern. Sie habe gesehen, wie in unmittelbarer Nähe Lichtblitze herunterkamen. Mit ihrem Mann habe sie sich dann entschieden, sofort ins Auto zu steigen und die Kinder und die Eltern wegzubringen.

Inzwischen leben auch noch eine Nichte und ein Neffe bei ihr. Ein Zelt hat die Familie nicht, sie übernachtet auf dünnen Matten. Alles andere als komfortabel, besonders in der Regenzeit. «Es ist nicht wie zu Hause. Jetzt gilt es, meine Familienmitglieder zu schützen, solange es hier sicher ist, müssen wir das aushalten.»

Puhmerin hofft, dass sie bald zurückkann. Ihr Mann arbeitet auf dem Bau, sie verdient Geld mit Putzen, aber solange sie hier sind, haben sie kein Einkommen. «Wir sind daran, Schulden abzuzahlen. Ich habe keine Ahnung wie es weitergeht.»

Grenzkonflikt seit 2011

Das letzte Mal eskalierte der Grenzkonflikt 2011. Puhmerin war 18, sie erinnert sich noch gut daran. So schlimm wie dieses Mal sei es damals aber nicht gewesen. Tongdee Nimit pflichtet ihr bei. Die 67-Jährige hat einige Konflikte in der Gegend erlebt. Letztes Mal habe sie ihr Haus für vier Nächte verlassen müssen. Dieses Mal werde es wohl länger dauern. Sie bete, dass die Kambodschaner bald aufhörten.

Legende: Tongdee Nimit (67) sagt, sie bete, dass sie in Kambodscha bald aufhörten. SRF / Martin Aldrovandi

Zwar verstehe sie nicht viel von Politik, sagt Nimit, aber: «Jetzt, nachdem das wieder passiert ist, hasse ich die Kambodschaner. Ich glaube, sie sind im Unrecht. Sie kämpfen, weil sie unser Land haben wollen.»

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